Weiterbilden in Nuggets - kurze Lernhappen abonnieren
Haufe Online Redaktion: Was verbirgt sich hinter dem Konzept "Subscription Learning" genau?
Dr. Will Thalheimer: Beim "Subscription Learning" erhalten die Lern-Abonnenten in bestimmten Intervallen Lerninhalte in Form von Interaktionen. Diese Lerninteraktionen heißen "Nuggets" und können ganz unterschiedlich aussehen: Das können Präsentationen von Lerninhalten sein, Verfahren zur Diagnostik, szenarienbasierte Fragen, Unterstützung am Arbeitsplatz, Reflexions- und andere Aufgaben, Diskussionen und so weiter. Diese Nuggets sind kurze Einheiten, normalerweise dauern sie nicht länger als fünf Minuten. Die Lerner abonnieren einen oder mehrere Nuggets, sogenannte "Threads". Diese Lernstränge lassen sich im Voraus aufbauen, etwa in dem man die Bedürfnisse der Lerner antizipiert, oder dynamisch entwickelt – je nachdem, wie der Lerner mit dem Stoff zurecht kommt. Die Nuggets folgen absichtlich in zeitlichen Abständen. Dabei nutzt man den Abstandseffekt.
Haufe Online Redaktion: Was besagt dieser Effekt?
Thalheimer: Wer Lerninhalte über zeitliche Abstände hinweg wiederholt, lernt besser. Den gegenteiligen Effekt kennt jeder, der vor einem Test schon einmal den ganzen Lernstoff in kurzer Zeit gepaukt hat: In der Testsituation weiß man noch alles, aber kurz darauf hat man das meiste wieder vergessen. Wer aber über längere Zeiträume hinweg lernt, kann sich besser an den Stoff erinnern.
Haufe Online Redaktion: Diese Erkenntnis ist nicht neu…
Thalheimer: Stimmt, schon seit über einem Jahrhundert lernen die Menschen Inhalte aus den Zeitschriften, die sie abonniert haben. Auszubildende lernen ihr Handwerk, indem sie Seite an Seite mit ihrem Meister arbeiten und in kurzen Intervallen über die Monate und Jahre hinweg Instruktionen erhalten. Doch obwohl dieser Effekt schon lange von Lernforschern belegt ist, wird er bislang noch sehr selten im Lern- und Leistungsbereich am Arbeitsplatz eingesetzt.
Haufe Online Redaktion: Welche Gründe neben dem Abstandseffekt sprechen noch für das Lernen mit Nuggets?
Thalheimer: In meinem "Research-to-Practice"-Report habe ich über 100 wissenschaftliche Studien verglichen. Dabei hat sich herausgestellt, dass neben dem Abstandseffekt auch folgende Gründe eine Rolle spielen: Die Lerner können die Nuggets zeitlich flexibel bearbeiten und das Gelernte leicht behalten. Sie können das Lernen stärker mit ihrem Arbeitsplatz in Zusammenhang bringen, sie verzahnen das Lernen häufiger mit den Anforderungen des Arbeitsplatzes und können direkt bei der Arbeit Handlungsimpulse erhalten. Und sie können das Lernen besser verdauen, wenn sie es in Happen vorgesetzt bekommen – und nicht wie sonst oft in Betrieben üblich in langen, ermüdenden Präsenzseminaren oder ähnlich langen E-Learning-Kursen.
Haufe Online Redaktion: Wie kann das Nugget-Lernen denn in die betriebliche Weiterbildung integriert werden?
Thalheimer: Diese Art zu lernen ist sehr flexibel. "Subscription Learning" kann sowohl durch einfache als auch komplexe Technologien genutzt werden kann: Es kann in einer Reihe einfacher E-Mails geschehen, aber auch in Form von hochentwickelten Entscheidungsszenarien, die mit einer Software gesteuert werden, die neue Lern-Nuggets auf dem Handy oder Laptop anzeigt. Unternehmen können "Subscription Learning" als alleinige Lernmethode einsetzen oder aber als Zusatz zu traditionellen Seminaren oder E-Learnings. Es kann Teil eines gewöhnlichen Trainings sein oder Teil einer strategisch wichtigen Initiative der Geschäftsführung. Viele Firmen setzen die Methode schon ein – zum Beispiel Verizon, ein großes Telekommunikationsunternehmen in den USA. Und: Ein "Subscription Learning"-Programm, mit dem Menschen weltweit Sprachen lernen können, hat vergangenes Jahr den "App of the Year"-Award von Apple gewonnen.
Haufe Online Redaktion: Das hört sich an, als ob "Subscription Learning" etablierte Methoden wie Präsenzseminare und E-Learning verdrängen könnte…
Thalheimer: Subscription Learning wird sich durchsetzen und die E-Learning-Landschaft verändern – aber es wird nicht das traditionelle Lernen verdrängen. Es wird auch weiterhin längere Lernprozesse geben. Aber mit Subscription Learning haben wir ein weiteres, sehr machtvolles Werkzeug in unserem Instrumentenkasten.
Das Interview führte Andrea Sattler, Redaktion Personal.
Der US-Amerikaner Dr. Will Thalheimer berät und forscht im Lern- und Leistungsbereich, tritt als Keynote-Speaker auf und betreibt einen Blog. Dem Thema " Subscription Learning" hat er eine eigene Website gewidmet.
-
Essenszuschuss als steuerfreier Benefit
697
-
Workation und Homeoffice im Ausland: Was Arbeitgeber wissen müssen
602
-
BEM ist Pflicht des Arbeitgebers
350
-
Probezeitgespräche als Feedbackquelle für den Onboarding-Prozess
283
-
Vorlage: Leitfaden für das Mitarbeitergespräch
265
-
Ablauf und Struktur des betrieblichen Eingliederungsmanagements
219
-
Mitarbeiterfluktuation managen
2134
-
Das sind die 25 größten Anbieter für HR-Software
210
-
Acht rettende Sätze für schwierige Gesprächssituationen
199
-
Warum Offboarding an Bedeutung gewinnt
181
-
Jung, dynamisch, männlich: Stellenanzeigen grenzen aus
22.12.2025
-
Engagement statt PR: Inklusion als Employer-Branding-Faktor
19.12.2025
-
Haufe Live: Praxisnahe Einblicke in den KI-Einsatz
18.12.2025
-
“Nicht das Gehalt erhöhen, sondern den Gehalt”
17.12.2025
-
Wie Chat GPT und Co. die Jobsuche verändern
16.12.2025
-
Beim Anteil von Frauen in Führung verändert sich wenig
15.12.2025
-
Warum Offboarding an Bedeutung gewinnt
12.12.2025
-
"Wir müssen mit KI Schritt halten"
11.12.2025
-
Wenn der Chef-Chef anklopft
10.12.2025
-
Wie ein inklusiver Berufseinstieg gelingt
08.12.2025