Verhältnis von Personalvorstand und Aufsichtsrat

Die Personalberatung Heidrick & Struggles hat das Verhältnis von Personalvorständen und Aufsichtsräten in deutschen Unternehmen analysiert. Wie intensiv ist der Austausch? Welche Themen stehen dabei im Vordergrund? Die Studie liefert Einblicke in eine Beziehung, die bislang kaum beleuchtet wurde.

„Unsere Gespräche offenbaren eine erhebliche Bandbreite an Mustern, wie Personalvorstände ihre Rolle und ihre Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat interpretieren", erläutert Dr. Christine Stimpel die Ergebnisse der Studie „Personalvorstand und Aufsichtsrat – Einblicke in eine Beziehung“. Stimpel ist Partnerin der weltweiten CEO und Board Practice von Heidrick & Struggles und eine der fünf Studienautoren.

Intensiver Austausch

In einer Interviewserie mit 18 Personalvorständen von DAX 30-, MDAX- und großen familiengeführten Unternehmen bezeichnete die überwiegende Mehrzahl der Befragten ihren Austausch mit den Aufsichtsräten als „intensiv“ beziehungsweise „sehr intensiv“. Das Gros der obersten Personalverantwortlichen pflegt dabei nicht nur mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden einen zumeist auch informellen Austausch, sondern auch mit weiteren Gremienmitgliedern, insbesondere dem stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden und den Mitgliedern des Personalausschusses. Ein Drittel der Befragten hat mehr als 20 Mal pro Jahr Kontakt zu Mitgliedern des Aufsichtsrats, ein Personalchef berichtet von 48 Kontakten im Jahr.

Gruppe 1: Personalvorstand und Aufsichtsrat als Sparringspartner

Zwei Gruppen von Human Resources-Verantwortlichen lassen sich dabei unterscheiden: Personalvorstände, die in enger Kooperation mit Mitgliedern des Kontrollgremiums an zentralen Zukunftsfragen ihrer Unternehmen arbeiten. Sie pflegen über die regelmäßigen Sitzungen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat hinaus intensive, auch informelle Kontakte mit den Kontrolleuren. Gerade in familiengeführten Unternehmen können sich Konstellationen ergeben, in denen ein Eigentümer - oft in der Rolle des Aufsichtsratsvorsitzenden - in dem Personalvorstand einen wichtigen Sparringspartner für die künftige Entwicklung des Unternehmens sieht.

Click to tweet

Tim A. Lüdke, Co-Autor und Global Managing Partner von Heidrick & Struggles, merkt an: „Oft hängt es an der Persönlichkeit und dem Durchsetzungsvermögen des Personalvorstandes, ob er vom Aufsichtsrat mehr als üblich eingebunden wird.“ Bei der Gruppe von Personalvorständen mit engen Beziehungen zum Aufsichtsrat bildet sich häufig das Dreieck „Vorstandsvorsitzender-Aufsichtsratsvorsitzender-Personalvorstand“ als Treiber von relevanten und innovativen Personalthemen heraus.

Gruppe 2: Nur formalisierte Kontakt zwischen Personalvorstand und Aufsichtsrat

Bei einer zweiten Gruppe von Personalchefs beschränken sich die Kontakte weitgehend auf die oft formalisierten und regelmäßigen Sitzungen zwischen Gesamtvorstand und Aufsichtsrat. In diesen Fällen zeigen die Interviews aber auch, dass auf Seiten der Personalvorstände vielfältige Vorschläge zur Verbesserung der Zusammenarbeit bestehen. „Gerade in den formalen Sitzungen zwischen Aufsichtsrat und Vorstand,“ so Dr. Christine Stimpel, „stehen häufig zu sehr Zahlen, Daten und Fakten im Vordergrund, während die von den Personalvorständen verantworteten „People-Aspekte“ in den Hintergrund gedrängt werden.“ Tim A. Lüdke ergänzt: „Die obersten Personalverantwortlichen sind in diesen Fällen gefordert, ihre Themen stärker auf der Agenda der Leitungsgremien zu positionieren. Dafür müssen sie ihr eigenes Profil als Ratgeber in den Unternehmen schärfen.“

Themen: Betriebsrat, Führungskräfteentwicklung, Diversity, Digitalisierung

Ein Teil der Personalvorstände beanstandet zudem, dass in ihrer Interaktion mit dem Aufsichtsrat wichtige Zukunftsthemen ausgespart bleiben. Zu diesen gehören eine systematische CEO-Nachfolgeplanung, die Einbindung des Personalvorstandes in die Berufung von Vorständen, Fragen der Vorstandsvergütung und des Talent-Management. „In diesen Unternehmen wird ein großes Potenzial, das in den Kompetenzen des Personalvorstandes steckt, unnötig verschenkt,“ sagt Christine Stimpel.

Click to tweet

Dagegen gibt es eine Reihe von Themen, die bei der überwiegenden Mehrheit der Personalvorstände Bestandteil ihres Austausches mit dem Aufsichtsrat sind. Dazu gehören der Umgang mit dem Betriebsrat und den Gewerkschaften, die Personalentwicklung oberer Führungskreis, die Förderung von Diversity, allgemeine Vergütungsfragen und der Kulturwandel im Rahmen der Digitalisierung.

Organisatorische Aufhängung der Personalfunktion

Im Rahmen der Analyse der Schnittstelle zwischen Personalvorstand und Aufsichtsrat ist Heidrick & Struggles auch der Frage nachgegangen, wie die Personalfunktion in den DAX 30-Vorstandsgremien organisatorisch aufgehängt ist (Stand Januar 2018). Dabei wird klar, dass die klassische Rolle des reinen Personalvorstands, der in erster Linie der HR-Funktion nachgeht, auf dem Rückzug ist. Klassische Personalvorstände zählte Heidrick & Struggles zwölf, wobei diese Funktion dann häufig mit Compliance, Recht oder Nachhaltigkeit kombiniert wird. Bei zehn DAX-Unternehmen zeichnet im Vorstand der Vorstandsvorsitzende (in Ausnahmen auch der Finanzvorstand) für die Personalfunktion verantwortlich. In diesen Fällen üben Chief Human Resources Officers (CHROs) auf Bereichsleiterebene die eigentliche Personalarbeit aus und berichten an den CEO. In weiteren sechs DAX-Unternehmen ist die Personalfunktion Teil eines Multifunktionsressorts, in einem Fall wählte ein Unternehmen eine sui generis Lösung und ein DAX-Unternehmen weist nicht aus, wer die Rolle des Personalvorstands ausübt.

Das könnte Sie auch interessieren:

Was Personalvorstände in Dax-Unternehmen verdienen

Aufsichtsräten fehlt es an HR-Wissen

Schlagworte zum Thema:  Personalvorstand