SAP misst Erfolg der Betriebsgastronomie über Kennziffern

Gesundheit, Arbeitgeber­attraktivität und Unternehmens­kultur stehen im Fokus der modernen Betriebsgastronomie. Doch über ein pauschales "Gut war's" lässt sich nicht messen, ob diese Ziele erreicht sind. Die SAP hat ihre Betriebsgastronomie auf die neuen Anforderungen ausgerichtet und misst den Erfolg über Gesundheitskennziffern.

Die Mitarbeiterverpflegung hat traditionell in Unternehmen eine unterstützende Funktion: Früher sollten die Mitarbeitenden mittags nicht mehr nach Hause laufen müssen, um etwas zu essen. Durch die "Arbeiter-Speiseanstalten" konnten die Bänder schlicht länger laufen. Mit der Zeit entwickelten sich dann Kantinen, in denen die Mitarbeitenden ihre Pausen verbrachten und preisgünstig satt wurden. Die Unternehmen betrachteten die Verpflegung als Teil ihrer sozialen Verantwortung. 

Die Arbeitswelten verändern sich massiv und damit auch die Funktion der Gemeinschaftsverpflegung. Es geht um langfristige Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Konzentration, gastronomische Attraktivität und Identifikation." - Prof. Torsten Olderog, AKAD University

Und heute? Inzwischen haben sich Kantinen zu attraktiven Betriebsgastronomien weiterentwickelt und erfüllen immer mehr Funktionen in den Unternehmen. "Die Arbeitswelten verändern sich massiv und damit auch die Funktion der Gemeinschaftsverpflegung. Es geht um langfristige Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Konzentration, gastronomische Attraktivität und Identifikation", erklärt Professor Torsten Olderog, der an der AKAD University BWL und Dienstleistungsmanagement lehrt. 

Von der Speiseanstalt zum Verpflegungstempel

Dabei setzen die modernen Konzepte im Grunde an den gleichen Stellen an wie ihre Vorläufer: Sie unterstützen den operativen Prozess in den Unternehmen. So soll gesundes Essen kein Selbstzweck sein, sondern die Grundlage, um kostspielige Krankheitstage zu reduzieren. Auch die gastronomische Qualität folgt einer schlichten Logik: Je besser die gastronomischen Bedürfnisse der Mitarbeitenden getroffen werden, desto attraktiver ist der Arbeitgeber. Und um so eher gewinnt das Unternehmen den "War for Talents" um die hellsten Köpfe. Gutes und modernes Essen senkt die Fluktuation und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit. "Du willst High Potentials ansprechen? Frage mal, was sie essen wollen", bringt es Professor Olderog auf den Punkt.

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Und wer genau hinsieht, der stellt fest, dass Speisesäle heute nicht mehr nur zur Mittagszeit bevölkert sind – sondern sich zu Multifunktionsflächen für stilles Arbeiten, Meetings und sozialen Austausch wandeln. Denn gerade erst hat Corona gezeigt, dass nicht mehr jeder Mitarbeiter einen eigenen Schreibtisch braucht. Mobiles Arbeiten muss nicht immer zu Hause oder im Café um die Ecke stattfinden. Auch der Speisesaal kann zu einem attraktiven und stylischen Arbeitsplatz werden.

Dieser Wandel bedeutet für Unternehmen aber, dass sie den Erfolg der Mitarbeiterverpflegung nicht mehr alleine an den Kosten und an der pauschalen Zufriedenheit messen. Es ist komplizierter geworden.

  • Ernährungsgesundheit zahlt direkt auf Krankentage und damit Lohnkosten ein: Gesundheit entsteht auch im Kochtopf.
  • Die Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit muss durch das Essen gefördert werden: Denn auch ein Mittagsloch mit übervollem Magen ist teuer.
  • Zielgruppengerechte Angebote sind gefordert: Menschen wechseln lieber den Arbeitgeber als ihre Essgewohnheiten. Wer Vielfalt anbietet, hat dann auch vielfältige Mitarbeitende.
  • Verpflegung muss zur Arbeit passen: Operative Prozesse geben Zeiten und Orte vor – und nicht starre Öffnungszeiten.

Die Diskrepanz zu dem, was Gastronomie normalerweise leisten kann, wird immer größer. Wenn klassische Gästezufriedenheit und Wirtschaftlichkeit nicht mehr reichen, sind neue Ideen gefragt.

SAP: Gesunder Wettbewerb der Caterer garantiert die gastronomische Qualität 

Der Softwareriese SAP hat in den letzten Jahren Betriebsgastronomie in Deutschland konsequent auf diese neuen Anforderungen ausgerichtet. Besonderheit: Mittagessen, Kaffee, Tee und Wasser sind für die SAP-Mitarbeitenden gratis. Jürgen Ziegler, Cateringcoordinator für SAP in Deutschland, baute im Zuge dessen die Marke "Food Spaces" auf, die für die gastronomische wie kulinarische Qualität einer gesunden und ökologischen Mitarbeiterverpflegung bei SAP steht. "Wir hatten schon immer den Anspruch, alle unsere Mitarbeitenden auf hochwertigem Niveau zu verpflegen. Und das gratis", betont Ziegler. Aber im Unterschied zu vor zehn Jahren hätten sich die Anforderungen an das Was, Wie und Wo verändert. Darauf will SAP eingehen. 

Wir hatten schon immer den Anspruch, alle unsere Mitarbeitenden auf hochwertigem Niveau zu verpflegen. Und das gratis. Aber im Unterschied zu vor zehn Jahren haben sich die Anforderungen an das Was, Wie und Wo verändert." - Jürgen Ziegler, Cateringcoordinator für SAP in Deutschland


2018 wurden deshalb die Catering-Verträge der extern bewirtschafteten Mitarbeiterrestaurants konzeptionell überarbeitet und vereinheitlicht. Das beinhaltet Standards, die in jedem Catering-Vertrag die Basis für variable Entlohnungsmodelle sind. Sie beziehen sich auf Kulinarik, Gastronomie, Ökologie und Gesundheit. Zusätzlich ist die Gästezufriedenheit erfolgs­relevant. Für die Caterer ist das Chance und Risiko zugleich. Wem es gelingt, die Anforderungen zu erfüllen oder zu übertreffen, profitiert. Wer dauerhaft darunter liegt, erhält den Bonus nicht, muss im schlimmsten Fall mit Pönalen rechnen.

Die Standards werden zentral durch Ziegler definiert. Also profilieren sich die Caterer primär dadurch, wie gut sie diese Standards erfüllen. Der Catering-Chef erklärt das System: "Unterschiede zwischen den Caterern sollen weiterhin sichtbar sein. Aber alle stehen auf einer gleichen Basis im Wettbewerb. Das schafft Klarheit und fördert den Ehrgeiz, besser zu sein." Damit verkörpert Food Spaces als Marke von SAP die Mitarbeiterverpflegung und weniger die jeweiligen Caterer vor Ort. Da die finanzielle Last der Mitarbeiterverpflegung hier beim Unternehmer liegt, ist das ein konsequenter Schritt.

Klare Konzeption und mehrdimensionales Management

Grundlage des Catering-Managements ist einerseits die konzeptionelle Klarheit, die Jürgen Ziegler in Zusammenarbeit mit einem interdisziplinären Team aus Spezialisten für Gemeinschaftsgastronomie, Gesundheit und Nachhaltigkeit entwickelt hat. Andererseits managt Ziegler die Betriebsgastronomie in einem mehrdimensionalen Verfahren. Dabei setzt SAP auch auf die Zusammenarbeit mit externen Partnern. Bei der betriebswirtschaftlichen Konzeption, Betreiberausschreibung und technischen Planung unterstützt das auf Großküchen spezialisierte Planungsbüro Reisner und Frank. Für die Einhaltung der hohen Ansprüche an eine gesunde Kantinenverpflegung bei wirtschaftlicher Tragfähigkeit sorgt der Gesoca-Ansatz, ein Kennziffersystem zur gesundheitsorientierten Catering-Steuerung, das den  Wunsch nach einer ausgewogenen und gesundheitsorientierten Kantine finanziell abbildet und auf den Caterer überträgt. Konkret werden die folgenden relevanten Leistungsbereiche laufend geprüft und über Kennzahlen abgebildet.

  • Wirtschaftlichkeit & Kosten
  • Gastronomische Qualität
  • Gesundheit
  • Ökologie
  • Gästezufriedenheit

Wirtschaftlichkeit: Bei SAP essen die Mitarbeitenden kostenfrei und der Caterer bekommt pro Gast zunächst nur einen fixen Zuschuss. Zusätzlich haben die Caterer aber die Chance auf einen Bonus, der in Abhängigkeit der Kennzahlen zur Gästezufriedenheit und gesunden Ernährung gewährt wird. Die Einhaltung der kulinarisch-ökologischen Aspekte wird regelmäßig geprüft und mit einem Pönale belegt, falls es zu größeren Abweichungen kommt. Inwieweit die Kostenstruktur des Caterings stimmig ist oder Anpassungen notwendig sind, validiert Jürgen Ziegler regelmäßig mit Ausschreibungen.

Gastronomische Qualität: Food Spaces gibt den Caterern Standards vor, die sich auf den Frischegrad, die Eigenproduktion und Zusatzstoffe beziehen. Beispiele sind das Verbot von Fertigextrakten bei Suppen, Soßen und Desserts, die verbindliche Vorgabe hochwertiger Öle für Dressings oder auch die Maßgabe, Gerichte frühestens nach vier Wochen wiederholen zu dürfen. Die Einhaltung der Kriterien erfolgt über einen Qualitätssicherungsprozess, der auch die Nachhaltigkeits- und Gesundheitskriterien beinhaltet. Wichtige Elemente dabei sind unangekündigte Audits durch externe Ernährungsspezialisten sowie die Anbindung an das Gesoca-System zur Rezeptur- und Speiseplanbewertung.

Gesundheit: Die Caterer bewerten und optimieren ihre Rezepturen mit dem gastronomischen Ampelsystem GAS, einem System, das zur ernährungsphysiologischen Bewertung von Rezepturen an der Hochschule Niederrhein von Professor Peinelt entwickelt wurde. Es ist insbesondere für Frischeküchen der Gemeinschaftsverpflegung ausgelegt. Die Anwendung erfolgt ebenfalls über das Gesoca-System, wobei jede Rezeptur nach folgenden Kriterien eingestuft wird: Vollwertigkeit und Frische, Fett- und Zuckergehalt, Nährstofferhalt, Stand- beziehungsweise Warmhaltezeit bis zum Verzehr. 

Das Ergebnis ist eine Gesundheitskennziffer, die besagt, wie gesundheitsorientiert das Angebot insgesamt ist. Zusätzlich erhält jedes Produkt eine Farbkategorie, welche die ernährungsphysiologische Zusammensetzung gut verständlich darstellt. Die Farben, die dem Ampelsystem folgen, dienen den Gästen als Orientierung für ihre tägliche Verpflegung. Rot gekennzeichnete Speisen enthalten wenig Nährstoffe bei hohem Fettanteil, gelbe Kennzeichen stehen für mittleren Nährstoffgehalt bei durchschnittlichem Fettwert, als beste Wahl werden grün gekennzeichnete Speisen empfohlen mit vielen Nährstoffen und tendenziell wenig Fett. 

Die Bewertung der Speisen kann auch als Orientierung für die Mitarbeitenden eingesetzt werden. Die Angabe der Ampelfarben entsprechend den GAS-Kategorien ermöglicht zum einen ein leicht zugängliches gesundheitsorientiertes Speisenangebot (Verhältnisprävention), zum anderen erhalten die Mitarbeitenden auch über diesen Weg wichtige Informationen und Ernährungsempfehlungen für den eigenen Speiseplan (Verhaltensprävention). Gesundheit ist damit nicht mehr die Einschätzung eines Einzelnen, sondern ein objektiver, wissenschaftlich fundierter Faktor. 

Weitere Anforderungen, die an den Speiseplan und zur gesundheitsorientierten Arbeit gestellt werden, sind beispielsweise:

  • Täglich mindestens eine grüne Hauptspeise 
  • Maximal drei rot gekennzeichnete Hauptspeisen pro Woche     
  • Laktosefreie Angebote und Desserts
  • Öle mit einem definierten Fettsäurespektrum 

Im Unterschied zu klassischen Catering-Verträgen hat der Caterer dadurch einen stärkeren Anreiz, sich für gesünderes Essen zu engagieren. Das bedeutet, er optimiert einerseits die Rezepturen der beliebten Kantinenklassiker. Andererseits bietet er attraktive Essen an, die gesund, kulinarisch hochwertig und nachhaltig sind: alles Herausforderungen, die nicht zwangsläufig mehr Wareneinsatz erfordern, aber oft ein Umdenken in der Produktion und gastronomisches Know-how.

Ökologie: Um dem hohen Stellenwert von Nachhaltigkeit und Ökologie auch in der Beschäftigtenverpflegung gerecht zu werden, hat Jürgen Ziegler praxisorientierte Standards definiert, die über die externe Qualitätssicherung laufend geprüft werden.

  • Regionale Produkte sind nachweislich zu berücksichtigen
  • Saisonales Obst und Gemüse soll reichlich angeboten werden
  • Lebensmittelverschwendung: Food-Waste-Management-Systeme sind vertraglich vorgeschrieben
  • Vegetarische und vegane Angebote
  • Klar definierter Mindesteinsatz von Bio-Produkten
  • Plastikfreie Kioske 
  • Mitnahmegeschirr mit Mehrwegsystem 

Gästezufriedenheit: "Die Zufriedenheit unserer Gäste ist unser wichtigster Ansporn", so Ziegler über die immer wieder aufkommende Frage, was Gäste denn wirklich wollen. Die Gästezufriedenheit als der zentrale Gradmesser für die Ausrichtung der Betriebsgastronomie erhebt Food Spaces selbst. Qualitativ durch regelmäßige interne Befragungen. Quantitativ entscheiden, so der Gastronomiechef, "die Füße".


Dieser Beitrag ist erschienen in Personalmagazin Ausgabe 8/2022. Lesen Sie das gesamte Heft auch in der Personalmagazin-App.


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