"Der MBA ist nur ein Puzzleteil"
Personalmagazin: Wie sehen Sie den Stellenwert des MBA in Deutschland?
Floriane Ramsauer: Gerade im technischen Umfeld beobachte ich verstärkt eine Zusatzausbildung. Das kann entweder ein MBA oder eine Promotion sein. Dabei hat ein MBA deutlich mehr Praxisbezug. Ein Ingenieur, der eine Laufbahn im General Management anstrebt, muss sein Kompetenzprofil verbreitern. Da lohnt es sich, in einen MBA zu investieren, weil das auch berufsbegleitend möglich ist. Mit einer Promotion vertieft man sich dagegen in seinem Spezialgebiet und bekommt den Feinschliff des wissenschaftlichen Arbeitens.
"Wer in einen anderen Fachbereich möchte oder langfristig eine Division übernehmen, also das operative Geschäft leiten will, der braucht ergänzend eher eine kaufmännische Ausbildung und dafür eignet sich der MBA." (Floriane Ramsauer im @personalmagazin) @Korn_Ferry
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MBA gewinnt auch in Deutschland langsam an Bedeutung
Personalmagazin: Wie verbreitet ist der MBA inzwischen in deutschen Chefetagen?
Ramsauer: Von 170 CEOs der größten an der deutschen Börse notierten Unternehmen hatten nach einer Untersuchung von Korn Ferry im vergangenen Jahr 13 Prozent einen MBA, während 36 Prozent promoviert haben. Die geringste MBA-Quote findet sich bei den DAX-CEOs mit 10 Prozent, die höchste bei den SDAX-CEOs mit 16 Prozent. Insgesamt hatten 45 Prozent der Vorstandschefs ein Studium der Wirtschaftswissenschaften abgeschlossen und verfügen damit bereits über kaufmännische Kenntnisse.
Personalmagazin: Wird das auch in Zukunft so bleiben?
Ramsauer: Die Bedeutung des MBA-Abschlusses nimmt auch in Deutschland langsam zu. Der Trend geht immer stärker in Richtung einer internationalen Ausbildung und da ist der MBA deutlich greifbarer als eine Promotion. Und je diverser und internationaler die Kandidaten für Jobs im Topmanagement werden, umso mehr wird auch der MBA zum Standard. In Deutschland befinden wir uns da noch in einer Übergangsphase.
Der MBA als Karriereturbo?
Personalmagazin: Der MBA wird gern als Karriereturbo verkauft. Stimmt das?
Ramsauer: Der MBA allein ist kein Karriereticket. Da ist die Erwartungshaltung manchmal sehr hoch. Wer wirklich ins Topmanagement will, muss sich ein entsprechend breites Profil aufbauen. Der MBA kann dabei ein wichtiges Puzzleteil sein. Dazu gehört darüber hinaus meist ein Auslandseinsatz genauso wie ein Job in anderen Divisionen. Für die heutige Vorstandsgeneration war das oft ein Weg mit vielen Investitionen und Entbehrungen. Dazu ist nicht jeder bereit.
Personalmagazin: Also muss ich erst einmal meine Karriere planen.
Ramsauer: Es ist extrem wichtig, die Karriereplanung in die eigene Hand zu nehmen. Viele der heutigen Topmanager haben einen MBA gemacht, weil sie genau wussten, wohin sie wollen. Wenn jemand einen Werdegang in der Entwicklung anstrebt, ist ein vollumfänglicher MBA weniger gefragt. Hier sollte man beispielsweise aber in eine Weiterbildung in Leadership und Controlling investieren. Aber wer in einen anderen Fachbereich möchte oder langfristig eine Division übernehmen, also das operative Geschäft leiten will, der braucht ergänzend eher eine kaufmännische Ausbildung und dafür eignet sich der MBA.
Personalmagazin: Aber was hilft die eigene Planung, wenn das Unternehmen das anders sieht?
Ramsauer: In jedem Unternehmen ist die Nachfolgeplanung ein wichtiges Thema. Fordern Sie daher von der HR-Abteilung aktiv Informationen und Unterstützung ein. Wie sieht das interne Karrieremodell aus? Was sind die Erwartungen des Unternehmens? Und wie komme ich von A nach B? Immer hilfreich ist auch ein interner Mentor.
"Wenn der MBA Teil einer klaren Karriereentwicklung im Unternehmen ist, dann verlässt man das Unternehmen auch nicht. Das ist eine Frage des Commitments." (Floriane Ramsauer im @personalmagazin) @Korn_Ferry
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Personalmagazin: Viele Unternehmen fördern ihre Mitarbeiter nicht beim MBA-Studium, weil sie Angst haben, dass sie danach das Unternehmen verlassen.
Ramsauer: Das ist eine Frage des Commitments. Wenn der MBA Teil einer klaren Karriereentwicklung im Unternehmen ist, dann verlässt man das Unternehmen auch nicht. Wir haben immer wieder Kandidaten, die gerade im MBA-Studium sind und deshalb bleiben. Und wenn Sie eine Bindeklausel unterschrieben haben und eine sechsstellige Summe zurückzahlen müssen, überlegen Sie sich das schon gut.
Personalmagazin: Diese Angst scheint bei den Deutschen besonders ausgeprägt zu sein.
Ramsauer: Diese "German Angst" gibt es tatsächlich. Das ist schon ein typisch deutsches Verhalten. Es braucht einfach auch eine gewisse Größe, jemanden zu entwickeln und ihn dann trotzdem ziehen zu lassen. Dafür gewinnt man vielleicht ein Talent von einem anderen Unternehmen. Wenn alle ein Teil des Spiels sind, funktioniert das auch. Das hat viel mit der Führungskultur zu tun. Es gibt Führungskräfte, die es konsequent schaffen, Nachfolger aufzubauen und andere, die versuchen, ihr Team kleinzuhalten.
Personalmagazin: Aber bedeutet das nicht auch, dass Weiterbildung in diesen Unternehmen nicht sehr hoch eingeschätzt wird?
Ramsauer: Die Bedeutung von Weiterbildung steht oft in Korrelation mit der Bedeutung von HR im Unternehmen. Im angloamerikanischen Raum spielt HR eine sehr aktive Rolle. Da ist deren Stimme absolut gleichberechtigt mit den anderen Funktionen wie Finanzen oder Produktion. In Deutschland verändert sich das erst langsam.
Unzufriedenheit sollte nicht die Motivation für einen MBA sein
Personalmagazin: Manche entscheiden sich für ein MBA-Studium, weil sie mit ihrem Job unzufrieden sind und sich mit dem Abschluss neue Chancen erhoffen.
Ramsauer: Das halte ich für die falsche Motivation. Eigentlich hätte man sich früher die Frage stellen müssen, ob man zusammenpasst. Und wenn nicht, hätte man mutig sein und sich ein neues berufliches Umfeld suchen sollen. Schwierig wird es vor allem, wenn man eine abwartende Haltung hat und sich denkt: Jetzt habe ich den MBA und nichts passiert.
Personalmagazin: MBA ist nicht gleich MBA. Wie wichtig ist die richtige Schule?
Ramsauer: MBA-Programme an renommierten internationalen Topuniversitäten sind Kaderschmieden für den globalen Managementnachwuchs. Wer dort studiert, bekommt Zugang zu einem globalen Netzwerk. Daher lohnt es sich, in einen MBA an einer solchen Universität zu investieren und auf dieser Basis sein Netzwerk zu verbreitern. Aber auch wem das nicht möglich ist: Weiterbildung ist grundsätzlich eine gute Investition. Da schauen wir als Personalberater auch sehr genau drauf. Und nicht für alles ist dabei der Arbeitgeber zuständig.
Das Interview führte Bärbel Schwertfeger, freie Journalistin in München.
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