Hernstein-Report: Führungskräfte sehen sich als Coachs

Remote Work und Fachkräftemangel haben offenbar für einen Wandel im Führungsverständnis gesorgt: Führungskräfte kümmern sich zunehmend um die persönliche Entwicklung der Mitarbeitenden und sehen sich in der Rolle eines Coachs. Das ist eines der Ergebnisse des aktuellen Hernstein Management Reports. Insgesamt sei Führungsarbeit schwieriger geworden.

Neun von zehn Befragten stimmen in der Umfrage des Hernstein Instituts der Aussage zu, dass die Hauptaufgabe von Führungskräften künftig vor allem darin besteht, Mitarbeitende beim Erschließen eigener Potenziale zu unterstützen. Besondere Affinität zu diesem Führungsmodell haben mit jeweils 92 Prozent Führungskräfte der Branchen Energie, Finanz und Logistik. Umgekehrt ist es im öffentlichen Sektor (82 Prozent) und in der IT (81 Prozent).

Michaela Kreitmayer, Leiterin des Hernstein Instituts für Management und Leadership der Wirtschaftskammer Wien, sieht das Führungsverständnis in einem weitreichenden Umbruch: "Durch die verstärkte und unaufhaltsame Verbreitung von Remote Work sind neue Konzepte gefragt. Eine Führung durch spontane Anweisungen ist praktisch kaum durchführbar. Daher müssen Mitarbeitende zu einem hohen Maß an Eigenständigkeit befähigt werden. Die Steuerung erfolgt einerseits über die Entwicklung einer gemeinsamen Kultur, andererseits anhand von definierten Meilensteinen. Das Bild eines 'Coachs' wird diesen Anforderungen gut gerecht und bringt es für alle Beteiligten auf den Punkt."

Coach-Modell bereits im Einsatz

Viele Führungskräfte sind auch davon überzeugt, dass sie die Führungsrolle als Coach schon übernehmen – 30 Prozent der Führungskräfte meinen, dass sie das Coach-Modell in ihrem eigenen Bereich voll umgesetzt haben, weitere 54 Prozent eher. Allerdings sehen dies bei ihrer oder ihrem eigenen Vorgesetzten lediglich 19 Prozent der Befragten als völlig verwirklicht an, 46 Prozent teilweise. Je höher die Führungsebene, desto eher sehen die Befragten das Coach-Konzept als realisiert an. Dies gilt sowohl für den eigenen Führungsstil, als auch für jenen des/der Vorgesetzten. Ein Beispiel: 32 Prozent des oberen Managements meinen, dass sie in ihrer eigenen Führungsarbeit "als Coach" agieren. 27 Prozent meinen, dass ihre Vorgesetzte oder ihr Vorgesetzter als solche/solcher auftritt. Im mittleren Management liegen die Vergleichswerte mit 28 Prozent beziehungsweise 15 Prozent zumindest etwas darunter.

Ursachen für die Veränderung des Führungsverständnisses

Die Veränderung des Führungsverständnisses ist ein schon länger andauernder Prozess und hat sich durch die herausfordernde Lage der letzten zwei Jahre weiter verstärkt. 12 Prozent meinen, dass es deutlich schwieriger geworden sei, das eigene Team zu führen, 39 Prozent sehen es als etwas schwieriger an. Umgekehrt sehen nur 7 Prozent eine gewisse und 3 Prozent eine wesentliche Erleichterung. Der Rest sieht keine Veränderung.

Ein weiterer Zusammenhang könnte mit dem Fach- und Führungskräftemangel bestehen. 18 Prozent stimmen der Aussage voll zu, dass aufgrund dieses Mangels verstärkt Rücksicht auf die persönlichen Bedürfnisse der Mitarbeitenden genommen wird. Weitere 52 Prozent stimmen dem eher zu. Es ist davon auszugehen, dass das Rollenverständnis als Coach dieser Anforderung mehr gerecht wird als traditionelle Führungskonzepte.

Führungskräfte pflegen Präsenz in sozialen Medien

Neben der Transformation des Führungsverständnisses hat auch die Außendarstellung von Führungskräften einen steigenden Stellenwert. Für elf Prozent der Führungskräfte ist die Darstellung in sozialen Medien als Kompetenzträger sehr wichtig, für weitere 27 Prozent eher. Für die verbleibende Mehrheit ist die Präsenz nach eigenen Angaben eher (27 Prozent) oder gar nicht (33 Prozent) wichtig. Unterschiede gibt es erwartungsgemäß nach Altersgruppen, wobei in Deutschland die Bedeutung von Social Media generell etwas höher ist als in Österreich. Beispiel: 54 Prozent der unter 40-jährigen deutschen Führungskräfte halten die Präsenz für sehr oder eher wichtig, unter ihren älteren Kolleginnen und Kollegen sind es 32 Prozent. In Österreich liegen die Vergleichswerte bei 42 Prozent beziehungsweise 29 Prozent.

Besonders stark ist die Nutzung von Facebook mit 67 Prozent, gefolgt von Instagram (53 Prozent) und Linkedin (45 Prozent). Bei der Bedeutung für die Positionierung als Kompetenzträger liegt Linkedin mit 65 Prozent vorne, dicht gefolgt von Facebook mit 63 Prozent und Instagram mit 61 Prozent. Die zweite Social-Business-Plattform, Xing, spielt mit 43 Prozent Nutzung und 57 Prozent Priorität eine geringere Rolle.

Über den Hernstein Management Report

Mit dem Hernstein Management Report wird seit mehr als 20 Jahren ein jährliches Stimmungsbild unter Führungskräften und Unternehmerinnen und Unternehmern in Österreich und Deutschland erhoben. Für die aktuelle Ausgabe wurden im April 2022 insgesamt 1.500 Führungskräfte sowie Unternehmerinnen und Unternehmer, davon 609 in Österreich und 891 in Deutschland, online befragt.

Der vollständige Report mit Infografiken steht Ihnen unter  www.hernstein.at/hmr zum Download zur Verfügung.


Ergebnisse der vergangenen Jahre können Sie hier nachlesen:

"Rebellen" im Team als Innovationstreiber und Unruhestifter

Leadership on Demand ergänzt Selbstorganisation von Teams

Die Unternehmenskultur: warm und hell, aber nicht bunt

Schlagworte zum Thema:  Mitarbeiterführung, Coaching, Mobiles Arbeiten