Entscheidungsfehler 4: Druck und Gegendruck

In allen Organisationen kommt es zuweilen zu Interessenskonflikten. Ein beliebtes Mittel der Parteien dabei ist es, Druck aufzubauen. Doch dies führt häufig nicht zu einer Lösung, sondern nur zu Gegendruck. Wie Sie diese Rüstungsspirale durchbrechen, zeigt der vierte Teil unserer Serie "Entscheidungstipps".

In vielen internationalen Unternehmen gehört eine Matrixstruktur mittlerweile zum Organisationsalltag: Dabei sind Angestellte auf Mitarbeiterebene sowohl einem Funktionsvorgesetzten als auch einem Regionalvorgesetzten unterstellt. In diesem Umfeld können die Mitarbeiter schnell zu Dienern zweier Herren werden, da ihre beiden Vorgesetzten nicht immer die gleichen Interessen vertreten. Dabei greifen die Führungskräfte gerne zu dem Mittel, Druck aufzubauen um ihre Vorstellungen durchzusetzen. Oft führt dies jedoch nicht zum gewünschten Erfolg, sondern dazu, dass die andere Führungskraft mit der gleichen Methode dagegen hält – und die Mitarbeiter zwischen die Fronten geraten.

Das ist der Entscheidungsfehler: Wir denken häufig, durch die Verstärkung unseres Inputs, unserer Energie, unserer Einflussnahme auch eine Verstärkung der Wirkung oder des Erfolgs zu erzielen. Daher entscheiden wir uns oftmals dafür, Druck aufzubauen – ganz nach dem Motto: "Viel hilft viel" oder "Mehr desselben". Wenn wir dies tun, unterschätzen wir jedoch regelmäßig, dass unser Druck beziehungsweise unsere Energie dazu führen kann, dass Kollegen, Mitarbeiter, Verhandlungspartner et cetera auf unseren Druck ganz einfach mit Gegendruck reagieren. Es besteht die Gefahr, dass das gewünschte Ergebnis also trotz des zusätzlichen Drucks beziehungsweise der zusätzlichen Energie nicht eintritt.

Ein Beispiel aus der Praxis verdeutlicht dies: Nutzt ein machtvoller Vorgesetzter – egal aus welchem Bereich – seine Stärke in unangemessener Weise und übt starken Druck auf die gemeinschaftlich unterstellten Mitarbeiter aus, so wird die Balance gestört. Der eigentlich angestrebte Vorteil der Matrixorganisation kehrt sich zum Nachteil. Aus der nützlichen Flexibilität und situativen Reaktionsmöglichkeit wird ein dysfunktionales Machtspiel, welches das Unternehmen lähmen kann. Auch hier erzeugt Druck sofort Gegendruck, das heißt der Vorgesetzte, dessen Interessen einseitig "hinten angestellt" wurden, versucht seinerseits, den Druck auf die ihm unterstellten Mitarbeiter zu steigern, um auch seine Projekte und Interessen durchzusetzen. Im Ergebnis erleben die unterstellten Mitarbeiter diese Situation dann meist als sehr frustrierend. Sie fühlen sich zerrieben zwischen den beiden Vorgesetzten und reagieren oft mit Dienst nach Vorschrift, Leistungsverweigerung, erhöhtem Krankenstand und innerer beziehungsweise tatsächlicher Kündigung.

So können Sie den Fehler vermeiden:

  • Teilen Sie Ihre Kraft sinnvoll ein.

  • Hinterfragen Sie, ob Ihnen die aktuell vorliegende Situation einen Konflikt wert ist, das heißt treffen Sie bewusst und emotionslos die Entscheidung, ob und wenn ja, welche Konfliktfelder es Ihnen wert sind, ausgetragen zu werden.

  • Suchen Sie möglichst oft Win-win-Situationen, statt zu versuchen, einseitig zu gewinnen. Der Verlierer wird seine Energie gegen Sie einsetzen. Selbst wenn er im Unrecht ist, kann er Sie beschädigen.

  • Betrachten Sie den Alltag grundsätzlich nicht als Kampf, sondern als Spiel – der kleine Unterschied in Ihrer Einstellung bewirkt einen großen Unterschied im täglichen Erleben und folglich auch im täglichen Verhalten.

  • Unterscheiden Sie strikt zwischen Drohung und Warnung und vermeiden Sie unbedingt jegliche Form von Drohung.

  • Es nützt wenig, in der Sache zu gewinnen, wenn wir die Beziehung zerstören.

Hinweise: Serie zu Entscheidungsfehlern

"Entscheidungstipps": In dieser Serie stellen wir Ihnen in den nächsten Tagen einige klassische Entscheidungsfehler vor und verraten, was dahinter steckt. Außerdem geben wir Ihnen Tipps und Tricks an die Hand, mit deren Hilfe Sie lernen, diese in Zukunft zu erkennen und zu vermeiden.

In dieser Serie stellen wir Ihnen in den nächsten Tagen einige klassische Entscheidungsfehler vor und verraten, was dahinter steckt. Außerdem geben wir Ihnen Tipps und Tricks an die Hand, mit deren Hilfe Sie lernen, diese in Zukunft zu erkennen und zu vermeiden.

Im letzten Teil unserer Serie lesen Sie, warum die Aufforderung "Seien Sie spontan!" ganz sicher nicht dazu führt, dass ihr Team ad hoc geniale Ideen entwickelt.

Die Entscheidungstipps und Beispiele sind ein Auszug aus dem Haufe-Buch von Hartmut Walz "Einfach genial entscheiden: Die 50 wichtigsten Erkenntnisse für Ihren beruflichen Erfolg", Haufe Verlag, Freiburg 2013, 224 Seiten, 19,95 Euro. Sie können es hier erwerben.

Hartmut Walz "Einfach genial entscheiden"
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