Entscheidungsfehler 3: Der Kontrasteffekt

Wenn Sie Entscheidungen gerne auf Grundlage von Vergleichen fällen, müssen Sie aufpassen: Fallen Sie nicht auf den Kontrasteffekt herein. Wie man diesen Fehler etwa bei der Personalauswahl erkennt und umgeht, lesen Sie im dritten Teil unserer Serie "Entscheidungstipps".

Menschen vergleichen gerne: Das ist sowohl beim Preisvergleich von zwei Produkten der Fall als auch beim Vergleich der Kandidatenprofile bei der Personalauswahl. Häufig geschieht dies nicht bewusst, sondern in einem unbewussten Vergleich mit einer Bezugsgröße. Dabei kann es aber passieren, dass der Vergleich an sich unangemessen ist, etwa, wenn Sie Ihr eigenes Gehalt mit dem Ihres Vorgesetzten vergleichen – obwohl dieser ein anderes Jobprofil, mehr Verantwortung und womöglich auch längere Arbeitstage hat. Doch Vorsicht: Auch Ihre Geschäftspartner können diesen Effekt anwenden, um Ihre Entscheidung zu beeinflussen.

Das ist der Entscheidungsfehler:

Wird dem Entscheider eine stark kontrastierende Vergleichsgröße vorgelegt (sehr groß, sehr klein, sehr teuer, sehr billig etc.), so wird damit dessen Bewertung verschoben und wahrscheinlich als Folge davon seine Entscheidung manipuliert. Bemerkenswert ist, dass die Qualität und Anwendbarkeit beziehungsweise Relevanz der Vergleichsgröße hierbei gar nicht so wichtig ist. Dies bedeutet: Selbst wenn die Vergleichsgröße hinkt und "eigentlich" nicht anwendbar ist, hinterlässt sie in den meisten Fällen eine spürbare Wirkung.

Ein Beispiel aus der Praxis verdeutlicht dies:

Der Grundgedanke von Assessment-Centern im Rahmen der Personalauswahl besteht darin, die Entscheidung über den einzustellenden Mitarbeiter nicht isoliert, sondern im Vergleich zu konkreten Alternativen (nämlich den anderen Bewerbern) zu treffen. Hierdurch soll die Entscheidungsqualität  verbessert werden. Jedoch kann der Kontrasteffekt exakt das Gegenteil bewirken. So kann ein Bewerber mit mittlerer oder sogar eher schwacher Ausprägung eines gewünschten Merkmals die Stelle angeboten bekommen, wenn – rein zufällig – die beiden Mitbewerber in der Assessment-Center-Übung hinsichtlich dieses Merkmals noch schwächer waren.

So können Sie den Fehler vermeiden:

  • Hinterfragen Sie Vergleichs- oder Bezugsgrößen, insbesondere wenn diese Ihnen im Kauf- oder Entscheidungskontext von Dritten nahegebracht werden.

  • Suchen Sie aktiv nach weiteren Vergleichs- oder Bezugsgrößen – diese können den ersten Kontrasteffekt relativieren.

  • Versuchen Sie in Verhandlungen den Kontrasteffekt selbst aktiv einzubringen, indem Sie Beispiele von besonders niedrigen oder hohen Preisen, Daten et cetera nennen.

  • Der Kontrasteffekt wirkt (leider) selbst dann, wenn der verwendete Vergleich sehr unangebracht/unfair/schief ist, zum Beispiel, wenn ein Auftraggeber zum Anlageningenieur sagt: "Für Ihren Tagessatz kann ich einen chinesischen Wanderarbeiter das ganze Jahr lang schaffen lassen." Möglicherweise ist das sogar richtig, nur kann der chinesische Wanderarbeiter im ganzen Jahr dieses konkrete Problem nicht lösen. Der Vergleich ist massiv manipuliert. Trotzdem senkt mancher Ingenieur danach seinen Tagessatz ...

Hinweise: Serie zu Entscheidungsfehlern

In dieser Serie stellen wir Ihnen in den nächsten Tagen einige klassische Entscheidungsfehler vor und verraten, was dahinter steckt. Außerdem geben wir Ihnen Tipps und Tricks an die Hand, mit deren Hilfe Sie lernen, diese in Zukunft zu erkennen und zu vermeiden.

Im nächsten Teil unserer Serie lesen Sie, warum Druck kein probates Mittel der Konfliktbewältigung ist – sondern für gewöhnlich nur Gegendruck erzeugt.

Die Entscheidungstipps und Beispiele sind ein Auszug aus dem Haufe-Buch von Hartmut Walz "Einfach genial entscheiden: Die 50 wichtigsten Erkenntnisse für Ihren beruflichen Erfolg", Haufe Verlag, Freiburg 2013, 224 Seiten, 19,95 Euro. Sie können es hier erwerben.

Hartmut Walz "Einfach genial entscheiden"
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