Rz. 34
Gemäß Abs. 3 sind als Ausnahme von § 2 Abs. 1 Nr. 9 selbständig tätige Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sowie Apotheker versicherungsfrei, weil sie nicht schutzbedürftig sind. Ihnen steht die satzungsmäßige Pflichtversicherung nach § 3 oder die freiwillige Versicherung nach § 6 offen.
2.5.1 Ärzte und Zahnärzte
Rz. 35
Arzt ist nach der Bundesärzteordnung i. V. m. der Approbationsordnung für Ärzte nur der approbierte oder vorübergehend zur Ausübung des ärztlichen Berufes zugelassene Mediziner. Die Approbation wird von der zuständigen Landesbehörde erteilt. Dasselbe gilt für die Zahnärzte.
2.5.2 Tierärzte
Rz. 36
Durch das SGB VII neu aufgenommen wurden als Folgeänderung zu § 2 Abs. 1 Nr. 9 die Tierärzte (vgl. Bundes-Tierärzteordnung). Der Gesetzgeber kann keine erhöhte Gefährlichkeit des Berufes im Vergleich zu den anderen Ärzten mehr erkennen, wodurch nach dem bis zum 31.12.1996 geltenden Recht (§ 541 RVO) der Ausschluss gerechtfertigt wurde.
2.5.3 Heilpraktiker
Rz. 37
Nach der Rechtsprechung des BVerwG ist die Beschränkung der Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz auf die Ausübung der Psychotherapie zulässig (BVerwG, Urteil v. 21.3.1993, 3 C 34/90). Die Gruppe der Heilpraktiker umfasst deshalb für die gesetzliche Unfallversicherung auch nichtärztliche Psychotherapeuten, die nach dem Heilpraktikergesetz tätig sind (BVerwG, Urteil v. 10.2.1983, 3 C 21/83, BVerwGE 66, 367). Dies wird nun durch die Gesetzesbegründung zum PsychThG bestätigt (BT-Drs. 13/3085 zu Art. 3). Abs. 3 ist abschließend, eine entsprechende Anwendung auf andere Personengruppen scheidet aus. So hat das BSG einen Chemiker in einem Labor für Blut- und Harnuntersuchungen nicht nach Abs. 3 analog als versicherungsfrei angesehen (BSG, Urteil v. 31.1.1963, 2 RU 35/60).
2.5.4 Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendtherapeuten
Rz. 38
§ 4 Abs. 3 wurde durch das Psychotherapeutengesetz (PsychThG) um die neu geschaffene geschützte Berufsbezeichnung der Psychologischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendpsychotherapeuten erweitert.
Unter der Berufsbezeichnung "Psychologischer Psychotherapeut" (bzw. "Psychologische Psychotherapeutin") ist eine in Deutschland seit dem 1.1.1999 gesetzlich geschützte Berufsbezeichnung geschaffen worden. Sie verlangt entweder die staatliche Zulassung zur Ausübung der Heilkunde (Approbation) oder eine befristete staatliche Erlaubnis zur Ausübung der Tätigkeit, § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 PsychThG (vgl. auch BT-Drs. 13/8035).
Während zuvor die Psychotherapeuten im Wege der Delegation tätig wurden, d. h. ihre Tätigkeit nur unter der Aufsicht eines approbierten Arztes bzw. auf dessen Verordnung hin durchführen konnten, sind die Psychologischen Psychotherapeuten den Ärzten in der Patientenversorgung gleichgestellt.
Rz. 39
Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung zur Einführung des PsychThG. Der Personenkreis der "nichtärztlichen Psychotherapeuten, die die Erlaubnis zu heilkundlicher Tätigkeit nach dem Heilpraktikergesetz besitzen", ist im Unfallversicherungsrecht bisher unter den Begriff des Heilpraktikers subsumiert worden und war deshalb bereits nach Abs. 3 versicherungsfrei (vgl. auch die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 13/3085 zu Art. 3 bis 6). Psychotherapeuten, die als Arzt approbiert sind, sind als Ärzte versicherungsfrei.
Eigenständige Bedeutung kann die Gesetzesänderung deshalb nur für nichtärztliche Psychologische Psychotherapeuten bzw. für nichtärztliche Kinder- und Jugendpsychotherapeuten entfalten, die keine Erlaubnis zu heilkundlicher Tätigkeit nach dem Heilpraktikergesetz besitzen.
2.5.5 Apotheker
Rz. 40
Apotheker ist nach der Bundesapothekerordnung und der Approbationsordnung für Apotheker nur derjenige, der approbiert oder vorübergehend zur Ausübung des Berufs des Apothekers zugelassen ist. Die Approbation wird von der zuständigen Landesbehörde erteilt.
2.5.6 Umfang der Versicherungsfreiheit
Rz. 41
Der Umfang der Versicherungsfreiheit umfasst alle Tätigkeiten, die der selbständigen beruflichen Existenz zugehören (vgl. Komm. zu § 6). Deshalb sind sowohl die polizeilich angeordnete Blutentnahme, die nur durch einen Arzt durchgeführt werden darf (vgl. BSG, Urteil v. 22.2.1973, 2 RU 110/71), als auch die Hilfe bei Unglücksfällen (§ 2 Abs. 1 Nr. 13), unabhängig davon, ob diese spontan gewährt wird oder im Rahmen der beruflichen Tätigkeit erfolgt, versicherungsfrei.
Rz. 42
Versicherungsfrei sind nur die selbständig Tätigen; die angestellten Ärzte usw. sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 9 versicherungspflichtig. Ob eine selbständige Tätigkeit oder eine abhängige Beschäftigung mit Versicherungspflicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 9 vorliegt, bestimmt sich nach dem Gesamterscheinungsbild der Tätigkeit. Es gelten die Abgrenzungsgrundsätze der Rechtsprechung zu § 7 SGB IV (vgl. umfassend: Frehse, § 7 SGB IV).
Beispiele:
- Versicherungsfreie Praxisvertretung durch die Ehefrau (BSG, Urteil v. 15.12.1959, 10 RV 636/56).
- Ein Belegarzt in einem Krankenhaus ist versicherungspflichtig (BSG, Urteil v. 29.9.1965, 2 RU 169/63).
- Ein auswärtiger Anästhesist, der regelmäßig an Operationstagen im Krankenhaus tätig wird, ist ...