Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezüge von Abgeordneten aus Kassen der Fraktionen
Leitsatz (redaktionell)
- Bezüge von Abgeordneten aus Kassen der Fraktionen, die für regelmäßige Tätigkeiten im Auftrag der Fraktionen gezahlt werden, stellen wiederkehrende Bezüge im Sinne des § 22 Nr. 1 EStG dar.
- Bei Fraktionskassen handelt es sich nicht um „andere öffentliche Kassen“, deren Zahlungen nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerfrei sind.
Normenkette
EStG § 22 Abs. 1 S. 1, § 3 Nr. 12
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die steuerliche Behandlung von Bezügen, die der Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit ... der ... Fraktion des Berliner Landtages zugeflossen sind.
Die Klägerin ist Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses und wurde für das Streitjahr von ihrer Fraktion zur ... gewählt.
§ 9 der Satzung der ...-Fraktion des Abgeordnetenhauses von Berlin hat folgenden Wortlaut:
„Fraktionsmitglieder mit besonderen Funktionen erhalten Vergütungen nach Maßgabe des Fraktionsgesetzes.“
Das Berliner Fraktionsgesetz (FraktG) regelt in § 8 Abs. 1, dass jede Fraktion zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben Anspruch auf finanzielle Mittel aus dem Landeshaushalt hat. Diese Mittel dürfen nach § 8 Abs. 4 FraktG nur zur Wahrnehmung parlamentarischer Aufgaben, insbesondere zur Zahlung von Aufwandsentschädigungen an Funktionsträger der Fraktion verwendet werden. Gem. § 9 Abs. 1 FraktG ist der Landesrechnungshof Berlin berechtigt, die Rechnungen und die Verwendung der den Fraktionen überlassenen Mittel zu überprüfen.
Die Klägerin erhielt in ihrer Funktion als ... nach Maßgabe der genannten Bestimmungen aus der Fraktionskasse auf der Grundlage eines dementsprechenden Fraktionsbeschlusses eine monatliche Entschädigung von 500,00 DM, im Streitjahr demnach insgesamt 6.000,00 DM.
Der Beklagte legte mit Einkommensteuerbescheid vom 8. März 1999 der Besteuerung der Klägerin im Streitjahr insgesamt 67.200,00 DM zugrunde, die sich zusammensetzten aus den Bezügen der Klägerin als Abgeordnete des Berliner Landtages in Höhe von 61.200,00 DM und den von der Fraktion an die Klägerin als Aufwandsentschädigung gezahlten 6.000,00 DM.
Den gegen diesen Einkommensteuerbescheid eingelegten Einspruch, mit dem die Klägerin die Steuerfreiheit der Bezüge als ... geltend machte, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 31. August 1999 als unbegründet zurück. Er vertrat die Auffassung, es handele sich bei den von der Fraktion gezahlten Geldern um sonstige Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes, die nicht steuerfrei seien.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage, mit der sie zunächst vorträgt, die streitbefangenen Zuflüsse stellten keine sturebaren Einnahmen i. S. des Einkommensteuergesetzes dar, weil sie keiner der sieben Einkunftsarten des § 2 Einkommensteuergesetzes - EStG - zuzuordnen seien. Es handele sich nicht um Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinne von § 18 EStG, da die Klägerin nicht in einem der Katalogberufe des § 18 EStG und auch nicht in einem vergleichbaren Beruf tätig geworden sei. Sonstige selbständige Arbeit sei in dem vorliegenden Zusammenhang ebenso wenig gegeben wie - mangels eines entsprechenden Dienstverhältnisses - nichtselbständige Arbeit im Sinne von § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
Auch eine Steuerbarkeit der fraglichen Einnahmen als sonstige Einkünfte nach § 22 EStG liege nicht vor. § 22 Nr. 4 S. 1 EStG scheide aus, da es sich nicht um eine Entschädigung gehandelt habe, die aufgrund des Abgeordnetengesetzes oder des Europaabgeordnetengesetzes geleistet worden sei. Die Zahlungen der Fraktion seien aber entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht nach § 22 Nr. 3 EStG zu versteuern. Denn § 22 Nr. 3 EStG setze voraus, dass eine Leistung um des Entgelts willen erbracht worden ist, die Zahlung müsse mithin als echte wirtschaftliche Gegenleistung („do ut des“) durch die Leistung veranlasst worden sein.
Diese Voraussetzung sei im Streitfall nicht gegeben. Der ... sei vielmehr ein Ehrenamt, das die Klägerin uneigennützig als zusätzliche Aufgabe und nicht um eines Entgelts willen wahrgenommen habe. Die Zahlungen der Fraktion seien lediglich als Entschädigung für den diesbezüglich erhöhten Aufwand an die Klägerin geleistet worden. Es handele sich mithin lediglich um eine echte Entschädigung für die Mehraufwendungen, die die Klägerin als ... belastet hätten. Dies ergebe sich auch schon aus der niedrigen Höhe der monatlichen Zahlung von nur 500,00 DM.
Da es sich der Art nach nur um eine Entschädigung für den erhöhten Aufwand handele, liege zudem auch keine Gewinnerzielungsabsicht auf Seiten der Klägerin vor.
Hilfsweise macht die Klägerin geltend, die streitigen Zuflüsse seien gem. § 3 Nr. 12 EStG steuerfrei. Die Kasse der Fraktion sei eine öffentliche Kasse im Sinne dieser Vorschrift, zumindest aber seien die streitbefangenen Gelder als andere Bezüge zu qualifizieren, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden. Damit sei aber ihre Steuerfreiheit zumindest gem. § 3 Nr. 12 S...