OFD Magdeburg, Verfügung v. 7.4.2004, S 2350 - 25 - St 224 V
1. Allgemeines
Der BFH hat seine bisherige Rechtsprechung zur Abgrenzung von Aus- und Fortbildungskosten aufgegeben. Nach den Urteilen vom 17.12.2002 VI R 137/01 (BStBl 2003 II S. 407) und vom 4.12.2002, VI R 120/01 (BStBl 2003 II S. 403) stellen Aufwendungen für ein berufsbegleitendes Erststudium bzw. für eine Umschulungsmaßnahme bei hinreichender beruflicher Veranlassung Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit dar.
Die o.g. Urteile sind zwischenzeitlich im BStBl 2003 II S. 403 bzw. S. 407 veröffentlicht worden und ab sofort in allen offenen, gleich gelagerten Fällen anzuwenden. Dabei sind folgende Grundsätze zu beachten:
2. Fortbildung und Umschulung
2.1 Änderung der Rechtsprechung
Aufwendungen für
- ein berufsbegleitendes Erststudium bzw.
- eine Umschulungsmaßnahme, die eine Grundlage dafür bildet, von einer Erwerbs- oder Berufsart zu einer anderen überzuwechseln,
können Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit darstellen. Voraussetzung hierfür ist, dass eine hinreichende berufliche Veranlassung besteht. Für die steuerliche Behandlung ist es unerheblich, ob die Bildungsmaßnahme eine Basis für andere Berufsfelder schafft oder einen Berufswechsel vorbereitet.
2.2 Berufliche Veranlassung (H 33 LStH „Berufliche Veranlassung”)
Die Anerkennung von Fortbildungs- und Umschulungskosten als unbeschränkt abziehbare Werbungskosten setzt eine berufliche Veranlassung voraus. Diese liegt vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Grundsätzlich kann diese Voraussetzung bei einer berufsbezogenen Bildungsmaßnahme erfüllt sein, sofern ein konkreter und enger Zusammenhang mit der Berufstätigkeit vorliegt. Daran mangelt es jedoch, wenn die Maßnahme lediglich Allgemeinbildung vermittelt, wie z.B. der Besuch der Fachoberschule zur Erlangung der Fachhochschulreife.
2.3 Fortbildung
Die Fortbildungsmaßnahme muss berufsbezogen auf die vom Arbeitnehmer auch ernsthaft angestrebte Berufstätigkeit vorbereiten bzw. geeignet sein, die bisherige Stellung des Arbeitnehmers im Unternehmen zu festigen, seine Chancen im beruflichen Fortkommen zu verbessern und seine Kenntnisse zu erweitern. Regelmäßig ist die berufliche Veranlassung vorhanden, wenn die Fortbildungsmaßnahme auf den bisher ausgeübten Beruf aufbaut. Dies gilt insbesondere dann, wenn die erste Berufsausbildung notwendige Voraussetzung für die Teilnahme an der Maßnahme ist.
Bei der Beurteilung ist nicht zu differenzieren, ob es sich um akademische oder nichtakademische Bildungsmaßnahmen handelt. Unerheblich ist auch, ob die Fortbildungsmaßnahme vom bisherigen Arbeitgeber verlangt oder aber vom Arbeitnehmer freiwillig betrieben wird.
2.4 Umschulung
Auch Aufwendungen im Zusammenhang mit Umschulungsmaßnahmen können nunmehr zu den Fortbildungskosten gehören. Hier kommt eine Berücksichtigung nur in solchen Fällen in Betracht, in denen der Stpfl. bereits dauerhaft berufstätig ist oder war. Führt die Umschulungsmaßnahme zu einem gänzlich neuen Berufsabschluss, handelt es sich um Werbungskosten, wenn dies die Grundlage dafür bildet, von einer Erwerbs- oder Berufsart zu einer anderen überzuwechseln. Dies kann z.B. bei Arbeitnehmern der Fall sein, die mit dem neuen Berufsfeld nach Zeiten der Arbeitslosigkeit wieder Einnahmen erzielen wollen.
3. Erstmalige Ausbildung
Aufwendungen für ein Schulungsverhältnis, das kein Ausbildungsdienstverhältnis darstellt, werden nunmehr vom BFH anerkannt (BFH-Urteil vom 27.5.2003 VI R 33/01, BFH/NV 2003 S. 1119). Im Streitfall hat der BFH den geforderten engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit den erwarteten späteren Einnahmen offensichtlich deshalb bejaht, weil mit Abschluss der Ausbildung keine andere Tätigkeit als die eines Piloten erreicht werden konnte, und der Stpfl. später auch von dem Träger der Einrichtung eingestellt wurde. Es bestehen keine Bedenken, die Aufwendungen in vergleichbaren Fällen als Werbungskosten anzuerkennen.
In allen anderen Fällen erstmaliger Berufsausbildung (z.B. Schulabgänger), insbesondere, wenn durch ein Erststudium (Ausnahme: berufsbegleitendes Erststudium) ein allgemeiner Berufsabschluss angestrebt wird, der Einsatzmöglichkeiten in unterschiedlichen Bereichen und Einkunftsarten eröffnet, sollen die Aufwendungen auch weiterhin als Berufsausbildungskosten i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG berücksichtigt werden. Dies gilt auch in Fällen, in denen Stpfl. neben ihrer Ausbildung in geringem Umfang arbeiten, um sich die Kosten des Lebensunterhalts sowie der Ausbildung hinzuzuverdienen.
Eine andere Beurteilung ist wie bisher nur möglich, wenn die Maßnahme Gegenstand eines ernstlich vereinbarten Ausbildungsverhältnisses ist und der Stpfl. daraus Arbeitslohn i.S. des § 19 EStG bezieht.
In den Fällen, in denen die geltend gemachten Aufwendungen nicht als Fortbildungskosten, sondern nur als Berufsausbildungskosten (Sonderausgaben) anerkannt...