Überlassung von E-Bikes: Praxisfragen zur Dienstradsteuer
Haufe Online-Redaktion: Für welche Fahrräder gilt die neue Dienstradsteuer?
Dr. Andreas Nastke: Grundsätzlich muss unterschieden werden, ob es sich bei dem überlassenen Fahrrad um ein Fahrrad im verkehrsrechtlichen Sinne handelt. Dies ist der Fall, wenn das Fahrrad keinen Motor hat oder wenn der Motor eine Geschwindigkeit von maximal 25 km/h unterstützt. Schnellere sogenannte E-bikes sind als Kraftfahrzeuge zu bewerten. Diese verkehrsrechtliche Einordnung gilt nun auch als Grundlage für die lohnsteuerrechtliche Behandlung:
- Ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit größer als 25 km/h (Kennzeichen- und Versicherungspflicht) gelten die bekannten Regeln für die Ermittlung geldwerter Vorteile für Kraftfahrzeuge.
- Ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit kleiner als 25 km/h (keine Kennzeichen- und Versicherungspflicht) gilt die Neuregelung des aktuellen Erlasses: Hiernach wird als monatlicher Durchschnittswert der privaten Nutzung (einschließlich Privatfahrten, Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte und Heimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung) die bekannte 1 %-Methode angewandt.
Ein durchschnittliches E-Bike kostet 2.200 EUR. Nach Angaben der LeaseRad GmbH - der bundesweit führende E-Bike-Provider für Unternehmen - sind nur etwa 1 % aller E-Bikes als Kraftfahrzeuge einzustufen. Damit dürfte die neue 1 %- Regelung in der Praxis breite Anwendung finden.
Haufe Online-Redaktion: Welche Sonderausstattung muss in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden?
Dr. Andreas Nastke: Auch bei der Gestellung von E-Bikes muss - analog zur Problematik der Bemessungsgrundlage des Bruttolistenpreises bei Autos - darauf geachtet werden, welche Ausstattungsmerkmale fest mit dem Rad verbunden sind und welche nicht. So müssen festverbundene Zusatzausstattungsmerkmale, wie etwa ein eingebauter Tacho, bei der Ermittlung des Bruttolistenpreises berücksichtigt werden. Nicht zu berücksichtigen sind z. B. abnehmbare Schlösser, Gepäcktaschen o. Ä.
Da die Ausgangswerte verhältnismäßig gering sind (z. B. Ersatzreifen für ca. 20 EUR) ist das Nachforderungsrisiko für die Lohnsteueraußenprüfung aber überschaubar.
Haufe Online-Redaktion: Kann nachgewiesen werden, dass ein Fahrrad nur dienstlich genutzt wird, z. B. durch ein Fahrtenbuch?
Dr. Andreas Nastke: Man könnte durchaus auf die Idee kommen, den Anteil der privaten Nutzung mit Hilfe eines Fahrtenbuchs zu minimieren. Wenn auch lohnsteuerrechtlich denkbar, sehe ich hier kaum ein vernünftiges Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag.
Haufe Online-Redaktion: Kann für den geldwerten Vorteil aus der Überlassung eines (Elektro-)Fahrrades die Freigrenze für Sachbezüge von monatlich 44 EUR in Anspruch genommen werden?
Dr. Andreas Nastke: Der Gesetzgeber hat ausdrücklich untersagt, dass geldwerte Vorteile aus der Überlassung von Fahrrädern gegen die 44-EUR-Grenze gem. § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG gerechnet werden können.
Haufe Online-Redaktion: Welches Fazit ziehen Sie aus dem neuen "Dienstwagenprivileg" für Fahrräder?
Dr. Andreas Nastke: Trotz der neuen Vereinfachungsregelung dürften die Steuereinnahmen kaum den der Praxis aufgezwungenen Verwaltungsaufwand in der Lohnbuchhaltung rechtfertigen. Wie auch bei der lohnsteuerlichen Behandlung von Elektrofahrzeugen zeigt der Gesetzgeber einmal mehr, dass er sich mit der Förderung alternativer Energien schwer tut.
Geregelt wurde das Thema der Versteuerung in einem Erlass der Länderfinanzbehörden und gilt erstmals für das Kalenderjahr 2012.
Das Interview führte Robert Stauder, Haufe Online-Redaktion.
Dr. Andreas Nastke ist Unternehmensgründer der Firma lohnConsult mit Hauptsitz in Freiburg. lohn Consult bietet das volle Spektrum der Vergütungsberatung und ist auf die Entwicklung, Einführung und Steuerung von Gainsharing-Programmen spezialisiert, die weltweit als erfolgreichste Leistungsvergütungform gelten.
Außerdem arbeitet er als Fachautor und Referent für Steuer- und Sozialversicherungsrecht für die Haufe-Lexware Gruppe. Er ist Mitautor des Haufe Entgelt Office.
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