EU-Recht bei in mehreren Staaten beschäftigten Arbeitnehmern

Sind Arbeitnehmer bei mehreren Arbeitgebern beschäftigt, die in verschiedenen Mitgliedstaaten der EU ansässig sind, ändert sich die Anwendung der Rechtsvorschriften.

Die neue Verordnung (EU) Nr. 465/2012 v. 22.5.2012 des Europäischen Parlaments und des Rates ist am 28.6.2012 in Kraft getreten. Dadurch werden einige Regelungen zur Bestimmung des anwendbaren Rechts bei Personen geändert, die gewöhnlich in 2 oder mehr Mitgliedstaaten bei mindestens 2 Arbeitgebern mit Sitz in den verschiedenen Staaten eine Beschäftigung ausüben.

Mehrfachbeschäftigung in mindestens 2 Staaten

Dazu ein Beispiel: Herr Müller wohnt in Berchtesgaden. Seine Beschäftigung (40 Std./Woche) übt er allerdings bei einem in Salzburg (Österreich) ansässigen Arbeitgeber aus. Zusätzlich hat Herr Müller eine Nebenbeschäftigung (5 Std./am Wochenende) in Berchtesgaden bei einem in Deutschland ansässigen anderen Arbeitgeber. Für die Anwendung des europäischen Rechts zur Frage der Sozialversicherung gilt Herr Müller als jemand, der gewöhnlich in 2 Mitgliedstaaten eine Beschäftigung ausübt.

Entscheidend ist der wesentliche Teil der Erwerbstätigkeit

Bislang galten für betroffene Arbeitnehmer in der Sozialversicherung stets die Rechtsvorschriften ihres Wohnstaates. Eine Änderung tritt nun für diejenigen Personen ein, die nicht den wesentlichen Teil ihrer Erwerbstätigkeit im Wohnstaat ausüben (wie im Beispiel Herr Müller). Künftig gelten für diese Personen die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem der außerhalb des Wohnstaats des Arbeitnehmers ansässige Arbeitgeber seinen Sitz hat. Dies ergibt sich aus dem geänderten Artikel 13 Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii VO (EG) 883/04. Die Regelung erfasst alle Arbeitnehmer, die bei mehreren Arbeitgebern beschäftigt ist, die in 2 Mitgliedstaaten ansässig sind, von denen einer der Wohnstaat des Arbeitnehmers ist. Voraussetzung ist, dass der wesentliche Teil der Erwerbstätigkeit nicht im Wohnstaat ausgeübt wird.

Entscheidung erfolgt durch den Wohnstaat

Auf das vorgenannte Beispiel bezogen bedeutet das, dass Herr Müller keinen wesentlichen Teil seiner Erwerbstätigkeit in Deutschland ausübt. Er hat 2 Arbeitgeber, die in unterschiedlichen Mitgliedstaaten ansässig sind (Deutschland und Österreich). Ein Arbeitgeber ist im Wohnstaat von Herrn Müller ansässig (Deutschland). Es gelten jedoch nunmehr die österreichischen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit.

Wichtig für betroffene Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang, dass für die Festlegung des anzuwendenden Rechts derjenige Staat zuständig ist, in dem der Arbeitnehmer wohnt. Im Beispiel Herr Müller müsste demzufolge die Deutsche Verbindungsstelle Ausland (DVKA) beim GKV-Spitzenverband feststellen, dass das österreichische Recht anzuwenden ist.

Übergangsregelung mit langer Laufzeit

Die Neuregelung wird in vielen Sachverhalten dazu führen, dass ab jetzt die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaates gelten als bislang. Die gute Nachricht dabei ist: Es gibt eine enorm lange laufende Übergangsregelung. Längstens bis zum 27. 6.2022 bleiben die bisher geltenden Rechtsvorschriften anwendbar. Das gilt immer dann, wenn sich der jeweilige Sachverhalt nicht ändert.

Umstellung auf Antrag möglich

Besteht Interesse an einer Änderung, können die betroffenen Arbeitnehmer bei dem für ihren Wohnstaat zuständigen Träger beantragen, dass die Übergangsregelung nicht greift. Wird der Antrag bis zum 29.9.2012 gestellt, wird er ab dem 28.6.2012 wirksam, bei späterer Antragsstellung ab dem 1. Tag des auf den Antrag folgenden Monats.

Schlagworte zum Thema:  EU-Verordnung