Kürzung der Betriebsrente nicht diskriminierend

Der schwerbehinderte ehemalige Arbeitnehmer wehrte sich vor Gericht gegen die Kürzung seiner Betriebsrente, die -wie in der geänderten Versorgungsordnung vorgesehen- aufgrund einer Inanspruchnahme vor Erreichen der üblichen „festen Altersgrenze“, erfolgte.
Änderung der Versorgungsordnung: Altersgrenze und Abschläge
Seit der Vollendung seines 60. Lebensjahres im Mai 2013 bezog der ehemalige Arbeitnehmer eine gesetzliche Altersrente für Schwerbehinderte und eine Betriebsrente. Seine Schwerbehinderung war anerkannt. In der Vergangenheit war nach der Versorgungsordnung der ungekürzte Bezug der Betriebsrente möglich, wenn der Arbeitnehmer eine Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhielt.
Nach einer Änderung im Jahr 1996 bestand weiterhin ein Anspruch auf Betriebsrente, wenn man Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezog. Jedoch wurde als feste Altersgrenze einheitlich die Vollendung des 65. Lebensjahres festgelegt und gleichzeitig bestimmt, dass für eine vorgezogene Inanspruchnahme der Betriebsrente ein versicherungsmathematischer Abschlag von 0,4 Prozent pro Monat vorzunehmen sei, soweit die Anwartschaft auf Beschäftigungszeiten nach dem 1. Januar 1996 beruhe. Dementsprechend wurde dem ehemaligen Arbeitnehmer die Betriebsrente gekürzt.
BAG: Keine mittelbare oder unmittelbare Benachteiligung Schwerbehinderter
Hiergegen klagte der Mann vor Gericht. Seiner Ansicht nach lag in der Kürzung seiner Betriebsrente eine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung.
Das Bundesarbeitsgericht folgte dieser Auffassung nicht. Es liege keine gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoßende Benachteiligung wegen einer Behinderung vor, urteilten die Richter. Eine unmittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 1 AGG scheide aus, weil die Abschläge nicht an die Behinderteneigenschaft anknüpften. Auch andere Arbeitnehmer könnten früher in Rente gehen.
Eine mittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 2 AGG hielt das Gericht ebenfalls nicht für gegeben. Es führte in seinem Urteil aus, dass auch nicht schwerbehinderte Arbeitnehmer ebenfalls Abschläge hinnehmen müssten, wenn die Voraussetzungen eines frühen Renteneintritts vorlägen. Soweit allein schwerbehinderte Menschen die gesetzliche und damit die Betriebsrente früher beanspruchen können, würden sie nicht gegenüber anderen Arbeitnehmern benachteiligt. Denn es könne keine anderen Arbeitnehmer geben, die zum selben Zeitpunkt eine Betriebsrente beziehen, lautete die Begründung.
Rechtmäßige Änderung der Versorgungsordnung?
Das klageabweisende Urteil der Vorinstanz war dennoch aufzuheben und der Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Das Hessische Landesarbeitsgericht wird jetzt zu prüfen haben, ob für die Änderung der Versorgungsordnung sachlich-proportionale Gründe vorlagen und damit die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit gewahrt wurden.
Hinweis: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Oktober 2016, 3 AZR 439/15
Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 8. Juli 2015, 6 Sa 257/14
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