Vereinbarkeit von Pflege und Beruf

Wie die Familienpflegezeit genutzt wird


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(Familien-)Pflegezeit: Ergebnisse und wie sie genutzt wird

Rund 70.000 Arbeitnehmer haben seit der Reform Anfang 2015 eine Pflege- oder Familienpflegezeit in Anspruch genommen. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage im Auftrag des Bundesfamilienministeriums. Die Anzahl der Pflegenden, die auf ein zinsloses Darlehen zur Finanzierung zurückgreifen, ist ernüchternd.

Seit 2008 gibt das Pflegezeitgesetz Arbeitnehmern einen Anspruch auf Pflegezeit. Das bedeutet, dass sie die Möglichkeit haben, bis zu sechs Monaten von der Arbeit freigestellt zu werden, um einen pflegebedürftigen, nahen Angehörigen zu versorgen. Möglich ist seither auch eine kurzzeitige Arbeitsbefreiung von zehn Tagen zur Organisation der Pflege.

(Familien-)Pflegezeit: Erste Ergebnisse nach Neuregelungen  

In einem weiteren Reformschritt hatte der Gesetzgeber Pflegeregelungen mit Wirkung ab 1. Januar 2015 weiter ausgebaut und dabei die sogenannte Familienpflegezeit eingeführt. Dabei können Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit für bis zu 24 Monaten reduzieren, zudem ist eine materielle Absicherung der pflegenden Arbeitnehmer über ein zinsloses Darlehen möglich. Die Familienpflegezeit wurde ein Jahr nach ihrer Einführung nur wenig genutzt.

Knapp zwei Jahren nach Inkrafttreten dieser Reform liegen nun die ersten Ergebnisse zur Inanspruchnahme von Pflegezeiten insgesamt vor. Nach der Umfrage, die das Institut TNS Emnid im Auftrag des Ministeriums durchgeführt hat, nahmen seit der Reform Anfang 2015 mindestens 68.288 Beschäftigte die Möglichkeiten einer Freistellung in Anspruch.

Echter Erfolg für die Pflegezeit-Regelungen?

Für Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) ist die steigende Anzahl von beruflichen Auszeiten zur Pflege ein positives Zeichen. Im ersten Jahr nach der Einführung hatten nur wenige Menschen in Deutschland von der neuen Familienpflegezeit Gebrauch gemacht. Das Familienministerium schätzte die Zahl auf 6.000 Personen. Nach Auffassung der Ministerin zeigen die aktuellen Zahlen, dass die Neuregelungen zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf greifen.

Ganz anders kommen die aktuellen Zahlen bei Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz an. Er sprach von "Augenwischerei". Angesichts von insgesamt 360.000 pflegenden Berufstätigen sei die Zahl von 68.000 Auszeiten nur "desaströs" zu nennen.

Zinsfreies Darlehen wird nicht genommen

Seit der jüngsten Reform können die finanziellen Einbußen der Arbeitnehmer während der beruflichen Pause durch ein zinsfreies Darlehen ausgeglichen werden. Das Darlehen muss jedoch nach der Pflegezeit zurückgezahlt werden. Skeptiker bezeichneten diese Maßnahme von Anfang an als wirkungslos.
Tatsächlich musste das Ministerium einräumen, dass bis zum Juli erst 445 derartige Darlehen beantragt und lediglich 358 bewilligt wurden. "Genau 0,1 Prozent der Anspruchsberechtigten haben also tatsächlich etwas von der neuen gesetzlichen Regelung", beklagte Brysch.

Lohnersatz nur für zehntägige Pflegeauszeit

Einen Lohnersatz, der nicht zurückgezahlt werden muss, gibt es nur bei der zehntägigen Auszeit, die zur Bewältigung eines kurzfristigen Pflegefalls genommen werden kann. Diese Möglichkeit haben nach Angaben des Ministeriums bislang rund 13.600 Menschen genutzt. Brysch hält jedoch auch diese Zahl für zu niedrig.

Insgesamt sind bundesweit etwa 2,6 Millionen Menschen pflegebedürftig. Laut Statistik werden mehr als zwei Drittel von ihnen in den eigenen vier Wänden versorgt - entweder durch Pflegedienste oder durch Verwandte.

dpa

Schlagworte zum Thema:  Pflegezeit , Arbeitnehmer , Reform
3 Kommentare
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Denny Schäfer

Tue Nov 18 17:21:05 CET 2025 Tue Nov 18 17:21:05 CET 2025

Fazit: Seit knapp 2 Monaten bin ich jetzt in Pflegezeit. Alles was ich Zuhause tun kann (Pflegen und auf Anträge warten) funktioniert, und es funktioniert so gut dass ich nur positive Rückmeldungen erhalte. Vom Pflegedienst, den Schwestern der Therapie und selbst von der Sozialarbeiterin des Paliativen Dienstes der uns hilft. Mein Vater binnen Wochen aufblüht und eine gute Chance besteht, dass dieser harte Einschnitt in seinem Leben verhältnismäßig gut ausgehen kann. Und dafür Lohnt es sich Zuhause zu Pflegen (wenn man sich das antun will und zutraut).

Aber ich bin jetzt seit 18 Tagen nicht mehr Krankenversichert. Denn A braucht infos von B und ich darf Postbote spielen und Antragausfüller.
Beim Finanzamt trau ich mich gar nicht anzurufen und nachzufragen was da jetzt auf mich zu kommt. Denn ich wollte Pflegen und nicht meine ganzen Ersparnisse Opfern, das Pflege- und Gesundheitssystem von A bis Z kennenlernen (nein! Das muss man ja vorher schon alles wissen) und mit neuer Steuernummer in ein wahrscheinlich anderes Steuerverfahren eingruppiert werden.

Danke Bundesministerium für Familien, Senioren und so weiter und sofort.

Kann das sein dass diese Computer nur Solitär TikTok und Netflix haben?
Und für was hab ich so ne tolle Krankenkassenkarte? Umd für was füll ich 50 tausend Datenschutzerklärungen aus wenn aus Datenschutzgründen dann doch niemand Informationen austauscht!?

Ein guter Ansatz um dieses Problem vielleicht etwas in den Griff zu bekommen wäre mal die Bearbeitungsfristen zu kürzen und evtl. die wichtigsten Infomationswege zu öffnen!
Vielleicht auch mal über die Möglichkeit nachzudenken einen automatisierten Weg für Wichtige Dokumente auf Abruf bereit zu stellen. Denn alle größeren Probleme, Hürden und Hindernisse elebte ich nicht in unsren 4 Wänden sondern in den Beteiligten Häusern.

Es hat dich nichts geändert, die Servicewüste Deutschland besteht weiterhin.

MfG
Ein ehlicher Mensch

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Denny Schäfer

Tue Nov 18 17:21:00 CET 2025 Tue Nov 18 17:21:00 CET 2025

Also rennt man erstmal 3 bis 4 Wochen von einer Institution zur nächsten, bis man mal alles Zuhause hat und den größten Teil der Bürokratie abgearbeitet hat. Fax und Email sind nur bedingt nutzbar (Datenschutz). Diesen Weg des Datenaustausches musste ich öfters benutzen, besonders bei genehmigungspflichtigen Krankenfahrten, die erst genehmigungsfrei werden sobald der Medizinische Dienst endlich mal nach 5 Wochen nach Eilantrag zur begutachtung auftaucht. Den 4 Seitigen Fragebogen für den ich meine Zeit der Pflege wiedermal opfern musste um Zeile für Zeile Fragen auszufüllen, wobei man teilweise eine medizinsche Ausbildung braucht um Begrifflichkeiten zu verstehen, und dieser dann am Tag der Begutachtung keines Blickes gewürdigt wird, sondern alle Fragen (einige wurden dadurch vergessen, der Fragebogen liegt immernoch bei mir) händisch in einen Laptop eingetragen wurden. Gut, abgehakt, Gutachten ist erstellt, alles geht jetzt einfacher... ach ne STOPP. Das Gutachten muss ja jedem Behandelndem Arzt noch hingetragen werden, damit die wenigstens wissen welche Verordung (genehmigungspflichtig oder nicht) sie ausstellen müssen/können. Hmm! Wofür waren nochmal die ganzen Computer!?

Und so verbrachte ich die ersten 4 Wochen mehr damit, den Bürokratieberg zu erklimmen. Meinen Vater musste ich dann immer im Basislager lassen wo er ganz toll an die Zeltdecke schauen konnte.
Das ich Haushälter, Pfleger, Physiotherapeut, Ergotherapeut, Psychiater in einer Person vereinbaren muss, war mir bewusst und es ist stemmbar bei einem eigentlichen Arbeitspensum von 7 Tagen die Woche von 7 bis 22 uhr, teilweise 1 uhr nachts. Irgendwann zehrt das ständige Umplanen von Terminen und auf Papiere für Anträge warten an den Nerven, is ja so schon langweilig genug. Und man möchte sich doch irgendwann mal auf die eigentliche Aufgabe, das Pflegen konzentrieren können. Hier liegt ein Brief von Krankenkasse B (Vater) indem steht dass sie noch auf die Unterlagen von Krankenkasse A (Ich) warten. Den Wisch hab ich vor 10 Tagen bekommen (war aber nicht das was A wollte sondern eigentlich ne Steuererklährung in punkto eigene Einnahmen... für was waren nochmal die ganzen Computer!?) und vor 7 weggeschickt, leider noch nix da! Krankenkasse B muss leider noch warten, oder ich fahr hin. Vielleicht geht es dann schneller. Darf aber bitte nur 1,5 Stunden dauern, dann muss ich zurück, um meinem Tablettencocktail geplagten Vater zu sagen dass er was trinken muss(1,5 - 2 Liter am Tag). Denn Hunger oder Durst verspührt er nicht. Selbst mit hilfe einer Sozialarbeiterin ist noch immer nicht alles bei mir geregelt.

Das mich mein Arbeitgeber aber bei der Sozialversicherung abmeldet (Grund: Abmeldung wegen Ende einer Beschäftigung) und das ich vom Finanzamt eine neue Steuernummer zugeteilt bekam, davon hab ich in der schönen Broschüre des bmfsfj (Bundesministerium für Familie und etc.) leider nichts gelesen.

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Denny Schäfer

Tue Nov 18 15:18:12 CET 2025 Tue Nov 18 15:18:12 CET 2025

Meine derzeitige Erfahrung mit Pflegezeit:

Ich bin in den Genuss gekommen für meinen Vater, den es voll aus dem Leben gerissen hat, dieses tolle Instrument namens Pflegezeit (vollständig freigestellt für 6 Monate) gerade zu nutzen und möchte meine bisherigen Erfahrungen hier teilen. Um ihm die beste Betreuung bieten zu können, sah ich keine andere Möglichkeit als Pflegezeit zu nutzen (Krebserkrankung, Zerstörte Knochen und Wirbel, demenziös). Anfänglich erfuhr ich von der Möglichkeit nach dem 2. Krankenhausbesuch meines Vaters innerhalb von 2 Wochen durch die Pflegeüberleitung, die im Krankenhaus beschäftigt war.
Die Unterlagen lasen sich eigentlich verständlich. Freigestellt ohne Lohn, oder man einigt sich mit dem Arbeitgeber auf festgelegte Arbeitstage (was meiner Meinung nicht umsetzbar ist bei einer schweren Krankheit, bei der der Tageszustand des zu Pflegenden sich von heut auf morgen schlagartig ändern kann und man mit fixen Arbeitstagen, die aus Planbarkeit für den Arbeitgeber 4 Wochen im vorraus nur verändert werden können/sollen. Sowas wäre evtl. möglich wenn man nicht gerade wegen schlechter Leberwerte oder sonstigem (z.B. ein erneutes Arztgespräch, da Krankenhaus Entlassung --> neuer Therapieanfang, das alte Gespräch war ja schon 2 oder 3 Wochen her. Da muss man den Patienten ja erstmal wieder kennen lernen. Komisch: jetzt 5 Wochen Therapie ohne Krankenhaus und ich spreche mit keinem Arzt mehr sondern nur noch mit behandelndem Personal.) Termine die heute angekündigt und morgen wargenommen werden sollen. Da sind 4 Wochen Planungszeit für meinen Betrieb etwas schwer umzusetzen. Zum Glück hatte ich mich dagegen entschieden.) Auch die Wöchentlichen Therapietage wurden wegen solchen Problemen von Dienstags auf jetzt Donnerstags verlegt. Evtl. irgendwann auch wieder zurück, aber das steht in den Sternen. Planbarkeit... NULL. Aber egal, wir wollen ja Pflegen und unsren liebsten die bestmögliche Rundumversorgung ermöglichen... hmm, naja aber erstmal muss man ja alles Regeln. Pflegeantrag stellen. Beim arbeitgeber ansagen dass man die Pflegezeit nutzen muss etc. Dafür nutzte ich als erstes die Kurzzeitpflege (Pflegeunterstützungsgeld) oder keine Ahnung wie das heisst. Auf jedem Brief steht was anderes. Das dauert auch nur bis zur nächsten Abrechnung des Arbeitgebers, bis man dann endlich alle Antragsformulare zusammen hat für die 10 Tage die man dadurch nutzen kann. Damit ich keine Fehler mache frage ich natürlich bei der Hotline des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend nach was ich alles beachten muss. Ich hätte mir aber auch die Zeit des telefonats sparen können, da mir nicht wirklich erklärt werden konnte was ich zu beachten habe. Später verstand ich auch warum! Denn wenige nutzen diese Möglichkeit der staatlichen Ausbeutung. Ich habe mich mehrmals der Frage stellen müssen wieso ich Pflegezeit beantragt habe, und nicht: wie 90% der Pflegenden einfach langzeit Krank mache und in Krankengeld gehe und damit Geld erha