Chef darf auch  den zuvor noch hochgelobten Mitarbeiter kündigen

Wer einen Mitarbeiter als „besten Mitarbeiter“ tituliert und ihm eine Gehaltserhöhung gibt, kann ihn dennoch wenig später ordentlich kündigen.

Die Überraschung eines Arbeitnehmers war groß; er fiel nach einer überraschenden Kündigung aus allen Wolken. Was war passiert?

Der Arbeitnehmer hatte sich bei einem anderen Arbeitgeber beworben und die Stelle zugesagt. Nachdem dies sein bisheriger Arbeitgeber herausfand,  bat er ihn  zu einem Gespräch und versuchte, ihn von einer Kündigung abzuhalten.

Er möge doch bitte die neue Stelle nicht antreten. Ausdrücklich wünsche er, dass der Arbeitnehmer dem Unternehmen erhalten bleiben möge. Er sei doch sein „bester“ und „vertrauensvollster“ Arbeitnehmer und er generiere die größten Umsätze von allen Arbeitnehmern in dem Betrieb. Er könne daher nicht auf ihn verzichten und wenn er bliebe, erhalte er eine Gehaltserhöhung von 500 EUR im Monat.

Nach dieser „ultimativen Lobhudelei“ trat der Mitarbeiter die neue Stelle nicht an und verblieb in der alten Firma. Einige Wochen später wurde dem Mitarbeiter gekündigt.

Dagegen wehrte er sich vor Gericht. Sein Argument: Die Kündigung sei nicht wirksam, da der Arbeitgeber ein widersprüchliches Verhalten an den Tag gelegt und daher die Kündigung gegen § 242 BGB Treu und Glauben) verstoßen habe.

Die Richter entschieden: Kündigung war rechtens

Der nach dem Vorbringen des klagenden Arbeitnehmers gegebene Fall, dass der beklagte Arbeitgeber ihn, den Kläger, davon abgebracht hat, sein Arbeitsverhältnis bei dem Beklagten aufzugeben und zu einem anderen Arbeitgeber zu wechseln, dieses unter Versprechen eines um 500 EUR erhöhten Gehaltes, ist unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht anders zu bewerten als die Abwerbung eines Arbeitnehmers von einem anderen Arbeitgeber.

Auch hier hätte der Arbeitnehmer, hätte ihm das erhöhte Gehalt nicht dafür gereicht, die Absage bei dem neuen Arbeitgeber davon abhängig machen können, dass der bisherige Arbeitgeber  mit ihm, dem Kläger, den Ausschluss der ordentlichen Kündigung für eine bestimmte Zeit (im Sinne einer Mindestbefristung) vereinbarte. Dieses hat der Kläger indes nicht getan. Er hat das höhere Gehalt akzeptiert und ist bei dem Beklagten geblieben.

Hinweis: Kündigung im Kleinbetrieb

Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist auch der Arbeitgeber in einem Kleinbetrieb, auf den das Kündigungsschutzgesetz nach § 23 Abs. 1 KSchG keine Anwendung findet, bei einer betriebsbedingten Kündigung verpflichtet, die Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers unter Beachtung eines gewissen Maßes an sozialer Rücksichtnahme zu treffen.

Dies bedeutet allerdings nicht, dass im Kleinbetrieb die Grundsätze des § 1 KSchG über die Sozialauswahl entsprechend anwendbar sind. Die Auswahlentscheidung des Arbeitgebers im Kleinbetrieb kann vielmehr von den Arbeitsgerichten nur darauf überprüft werden, ob sie unter Berücksichtigung der Belange des Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes unter Berücksichtigung der Interessen des Kleinunternehmers, insbesondere auch des Vertrauensverhältnisses zu seinen Mitarbeitern und seiner geringen Finanzausstattung, gegen Treu und Glauben verstößt.

Info zur Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes

Zum 1.1.2004 wurde der Schwellenwert für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes von 5 auf 10 Arbeitnehmer angehoben. Wegen der Besitzstandsregelung für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis am 31.12.2003 bereits bestand, ist der bisherige Schwellenwert von 5 allerdings neben dem neuen Schwellenwert zu berücksichtigen.

Bei der Ermittlung der neuen Schwelle sind wie auch bisher Teilzeitbeschäftigte anteilig zu berücksichtigen. Beschäftigte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Wochenstunden werden mit dem Faktor 0,5, Beschäftigte mit nicht mehr als 30 Wochenstunden mit 0,75 und Beschäftigte über 30 Wochenstunden werden voll berücksichtigt. Auszubildende zählen nicht mit.

 

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