Rz. 7
Leistungsinhalt des § 43 ist die Pflege in vollstationären Einrichtungen. Dies sind nach § 71 Abs. 2 selbstständig wirtschaftende Einrichtungen, in denen Pflegebedürftige unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegekraft gepflegt werden und ganztägig untergebracht und verpflegt werden können. Die betreffende Einrichtung muss zudem zugelassen sein, d. h., mit ihr muss nach § 72 ein Versorgungsvertrag geschlossen worden sein.
Rz. 8
Um vollstationäre Pflege erstmals zu realisieren, bedarf es eines Antrags des Pflegebedürftigen i. S. d. § 33. Alle Neuanträge werden als Einzelfälle behandelt und begutachtet, d. h., der Antragsteller muss einen Antrag bei der für ihn zuständigen Pflegekasse stellen. Der Medizinische Dienst erhält in diesen Fällen einen Einzelbegutachtungsauftrag von der Pflegekasse.
Nicht antragsberechtigt ist der Träger des Pflegeheims (BSG, Urteil v. 1.9.2005, B 3 P 4/04 R, BSGE 95 S. 102). Dem Heimträger steht abweichend von der Rechtsprechung des BSG auch nicht das Recht zu, eine Vergütung nach einer von ihm als zutreffend angesehenen, aber nicht dem Status des Pflegebedürftigen entsprechenden Pflegeklasse einzuklagen (vgl. Komm. zu § 84).
Für die Begutachtung der Pflegebedürftigen bei vollstationärer Pflege gelten als rechtliche Grundlage die Begutachtungsrichtlinien (s. oben).
Die Begutachtung der Pflegebedürftigkeit bei häuslicher oder vollstationärer Pflege unterscheidet sich grundsätzlich nicht voneinander. In beiden Fällen gelten dieselben gesetzlichen Festlegungen zum Begriff und zur Feststellung der Stufen der Pflegebedürftigkeit (= es gibt nur eine Pflegebedürftigkeit).
Bei einem Wechsel des Pflegebedürftigen von häuslicher in vollstationäre Pflege ist nicht zwingend eine neue Begutachtung erforderlich. Grundsätzlich behält der Pflegebedürftige nach Abschnitt D 5.2.4 der Begutachtungsrichtlinien die ihm zuerkannte Pflegestufe.
Rz. 9
Ergibt sich unter Wahrung der Wahlfreiheit des Pflegebedürftigen die Notwendigkeit oder Möglichkeit eines unmittelbaren Übergangs von der Krankenhausbehandlung zu einer vollstationären Pflege (oder Kurzzeitpflege), so kann der Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) die Pflegebedürftigkeit noch während der Krankenhausbehandlung feststellen. Die Begutachtungsrichtlinien berücksichtigen in Abschnitt C 2.4 diese Verfahrensweise.
Der MDK hat die Begutachtung unverzüglich, spätestens innerhalb 1 Woche nach Antragseingang durchzuführen (§ 18 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB XI) damit die Situation des Versicherten schnell geklärt ist und ein nahtloser Übergang zwischen stationärer Krankenhausbehandlung und anschließender stationärer Pflege möglich ist.
Rz. 10
(unbesetzt)
Rz. 11
Der Gang ins Pflegeheim ist für die Pflegebedürftigen oftmals die letzte Station in der Versorgungskette. Dies muss aber nicht so sein. Im Rahmen ihrer Eigenverantwortung im Zusammenhang mit den Verpflichtungen der Pflegekassen und der Pflegeeinrichtungen nach diesem Gesetz sowie der übrigen Leistungsträger mittels Rehabilitation ist alles zu unternehmen, um die Pflegebedürftigkeit zu überwinden, zu mindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten. Dieser Grundsatz hat auch für die Pflegebedürftigen in Pflegeheimen Geltung. Gerade dort kann mit den Mitteln der Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie als Ergänzung zu einer aktivierenden Pflege im Zusammenwirken mit psychosozialen Maßnahmen der Grad der Pflegebedürftigkeit entscheidend beeinflusst werden (vgl. § 28 Abs. 4).
Diese Forderungen an den Inhalt/Umfang stationärer Pflege gab es schon vor der ersten Stufe der Pflegeversicherung (1.4.1995). Sie haben wenige Monate vor dem Aufleben der 2. Stufe der Pflegeversicherung (1.7.1996) nochmals an Bedeutung zugenommen, zumal definierte Leistungsinhalte immer im Einklang mit der Finanzierung oder Vergütung (vgl. §§ 82, 84) stehen sollten. Gleichzeitig war zu klären, ob und ggf. wie mehrere Leistungsträger (Pflegekassen, Krankenkassen, Sozialhilfeträger) gemeinsam zur pflegerischen Versorgung beitragen können. So wäre es durchaus denkbar, dass auch während der umfassenden stationären Pflege ergänzend die darüber hinaus notwendigen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 27 SGB V) sowie die Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 53 SGB XII eingesetzt werden. Das SGB XI lässt grundsätzlich dieses Nebeneinander zu (vgl. u. a. § 5 Abs. 2, § 13 Abs. 3). Dennoch ist es zwingend notwendig, klare Abgrenzungen zwischen den Leistungsträgern verbindlich aufzustellen.
Rz. 12
Das 1. SGB XI-ÄndG änderte § 43 dahingehend, dass als Leistungen der Pflegeversicherung neben den pflegebedingten Aufwendungen auch die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege (allerdings befristet vom 1.7.1996 bis 31.12.1999) und der sozialen Betreuung einbezogen wurden. Die Befristung wurde bis 31.12.2001 verlängert (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 v. 22.12.1999, BGBl. I S. 2626). Durch das PflEG v. 14.12.2001 (BGBl. I. S. 3728) kam es nochmals zu einer Verlängerung bis ...