Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Arbeitslosigkeit. mehrere Arbeitslosmeldungen. Unterbrechung wegen Kinderbetreuung. subjektive Verfügbarkeit. Beweiswürdigung. richterliche Überzeugung. Glaubhaftigkeit des Arbeitslosen. Gegenbeweis
Leitsatz (amtlich)
1. Meldet sich ein Arbeitsuchender jeweils nur für wenige Tage arbeitslos, um sich anschließend wieder wegen Kindererziehung für nicht verfügbar zu erklären, kann auch nach mehreren Arbeitslosmeldungen nicht allein daraus geschlossen werden, dass er nicht ernsthaft bereit gewesen ist, eine abhängige Beschäftigung aufzunehmen und es an seiner subjektiven Verfügbarkeit (Arbeitsbereitschaft) fehlt.
2. Die Feststellung einer inneren, subjektiven Tatsache, wie die konkrete Willensrichtung, von der die nach außen erkennbaren Handlungen einer Person getragen sind, kann grundsätzlich auch auf der Grundlage glaubhafter Angaben der handelnden Person zur vollen richterlichen Überzeugung getroffen werden. Ist der beweispflichtige Kläger grundsätzlich glaubwürdig, obliegt es der Beklagten solche objektiven Tatsachen beizubringen, die das Vorbringen des Klägers erschüttern.
Tenor
1. Das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25.06.2013 und der Bescheid vom 29.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2010 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger unter Abänderung der Bescheide vom 10.06.2008 sowie der nachfolgenden Bewilligungs- und Änderungsbescheide Arbeitslosengeld für die Zeit vom 12.06.2008 bis 15.06.2008, vom 28.08.2008 bis 07.09.2008, vom 05.09.2008 bis 22.09.2008, vom 25.10.2008 bis 06.11.2008, vom 05.12.2008 bis 10.12.2008, vom 12.01.2009 bis 18.01.2009, vom 12.02.2009 bis 18.02.2009, vom 18.03.2009 bis 24.03.2009, vom 15.04.2009 bis 21.04.2009, vom 22.06.2009 bis 28.06.2009, vom 27.07.2009 bis 31.07.2009, vom 10.08.2009 bis 16.08.2009, vom 05.09.2009 bis 11.09.2009 und vom 06.10.2009 bis 12.10.2009 unter Zugrundelegung eines Bemessungsentgelts von 81,67 €, der Lohnsteuerklasse II und unter Anwendung des erhöhten Leistungssatzes von 67 Prozent zu bewilligen.
2. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers beider Instanzen zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist im Wege des Zugunstenverfahrens die Bewilligung höheren Arbeitslosengeldes ab 12.06.2008.
Der 1970 geborene Kläger hat die Berufe des Versicherungskaufmannes (1990) und des Berufskraftfahrers - Güterverkehr (IHK) (1992) erlernt. Er hat drei Kinder, welche am 01.08.1999 (C. R. ), am 26.08.2004 (V. R. ) und am 12.12.2007 (R. R. ) geboren wurden. V. R. war vom 30.08.2004 bis 28.12.2004, vom 01.09.2005 bis 16.11.2005 und seit 26.12.2006 mit Hauptwohnsitz sowie in der Zeit vom 28.12.2004 bis 01.09.2005 und vom 16.11.2005 bis 26.12.2006 mit Nebenwohnsitz in der Wohnung des Klägers gemeldet. R. R. war vom 18.12.2007 bis 01.03.2008, vom 12.04.2008 bis 25.04.2008, vom 12.05.2008 bis 11.06.2008 und dann wieder ab 17.12.2009 mit Hauptwohnung beim Kläger gemeldet. In den Zwischenzeit bestand eine Meldung beim Kläger als Nebenwohnsitz. Im von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg für den Kläger geführten Rentenkonto sind unter anderem Kindererziehungszeiten vom 01.09.2004 bis 31.08.2007 sowie Kinderberücksichtigungszeiten vom 26.08.2004 bis 08.04.2011 für V. R. und Kindererziehungszeiten vom 01.01.2008 bis 29.02.2008, vom 01.05.2008 bis 31.05.2008 und vom 01.01.2010 bis 31.12.2010 sowie Kinderberücksichtigungszeiten insbesondere vom 12.12.2007 bis 29.02.2008 für R. R. anerkannt. Der Anerkennung der Kindererziehungszeit für V. R. beim Kläger lag eine übereinstimmende Erklärung des Klägers und der Mutter von V. R. vom 09.12.2004 über die Zuordnung der Zeit zugrunde (Bl. 251 der Senatsakten). Die Anerkennung der Kindererziehungs- und -berücksichtigungszeiten beim Kläger beruht auf einer Bestätigung vom 08.04.2011 (Bl. 252 der Senatsakte) .
Nach dem Ausbildungsabschluss zum Berufskraftfahrer war der Kläger bis September 2003 mit Unterbrechungen immer wieder als Berufskraftfahrer beschäftigt. Anschließend war er arbeitslos. Im Rahmen einer von Oktober 2003 bis April 2004 durch die Beklagte geförderten beruflichen Weiterbildungsmaßnahme absolvierte der Kläger im Juni 2004 die Meisterprüfung zum Industriemeister Fachrichtung Kraftverkehr. Daraufhin war der Kläger in den Jahren 2008, 2009 und 2010 für die D.-Akademie GmbH als freier Dozent im Bereich der Führerscheinausbildung tätig (Bl. 1031 VA), nach eigenen Angaben im Rahmen von Urlaubs- und Krankheitsvertretungen.
Nach Abschluss der Meisterausbildung bezog der Kläger noch bis 31.08.2004 Arbeitslosengeld.
Für den am 26.08.2004 geborenen V. R. bezog der Kläger für die ersten 24. Lebensmonate Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) in Höhe von monatlich 300,00 EUR und in Höhe von 250,00 EUR im 13. Lebensmonat sowie vom 29. bis zum 36. Lebensmonat Landeserziehungsgeld in Höhe von 205,00 EUR (Bl. 361/363 VA).
Gleichzeitig war der Kläger vom 01.09.2004 bis 31.08.2007 unter Bezug eines von der ...