Entscheidungsstichwort (Thema)

Allgemeiner Gleichbehandlungsgrundsatz bei Festlegung der Arbeitszeit. Kein Anspruch auf Festlegung der Arbeitszeit ohne Verringerung der Arbeitszeit. Gebot der Rücksichtnahme bei Festlegung der Arbeitszeiten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf Neufestlegung der Arbeitszeiten innerhalb eines vollen Beschäftigungsverhältnisses ohne Reduzierung der Arbeitszeit.

2. Das Gebot der Rücksichtnahme begründet keinen Anspruch auf eine bestimmte Festlegung der Arbeitszeiten, da eine Differenzierung nach zeitlichen Möglichkeiten des Arbeitnehmers nicht verpflichtend ist.

3. Das Gericht ist an die gesetzgeberische Intention des § 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG gebunden.

 

Normenkette

TzBfG § 8; BGB §§ 241, 315; GewO § 106 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1; ZPO § 97 Abs. 1, § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 25.05.2020; Aktenzeichen 17 Ca 3516/19)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25.05.2020 - 17 Ca 3516/19 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Festlegung der Lage der Arbeitszeit.

Die Klägerin, verheiratet und Mutter eines am .2017 geborenen Kindes, ist seit dem 01.04.2004 bei der Beklagten, die ein Textilhandelsunternehmen betreibt, im Verkauf tätig, zuletzt mit einer Arbeitszeit von 163 Stunden im Monat. Ausweislich des (undatierten) Anstellungsvertrags erfolgte die Einstellung für die Filiale 1 (S ) und die Beklagte ist nach Ziffer 3. des Vertrags befugt, die Klägerin im Rahmen der jeweils gesetzlich zulässigen Ladenöffnungszeiten flexibel einzusetzen. Für das Anstellungsverhältnis gelten die Tarifverträge für den Hamburger Einzelhandel in ihrer jeweils gültigen Fassung, soweit im Arbeitsvertrag nichts anderes vereinbart ist, Ziffer 2. Satz 2 des Anstellungsvertrages. Wegen der weiteren Einzelheiten des Anstellungsvertrages wird auf Bl. 52 f. d. A. verwiesen.

Die Lage der Arbeitszeiten in der Filiale 1 sind in der Betriebsvereinbarung Arbeitszeit und Personaleinsatzplanung vom 05.12.2018 (BV AZ) geregelt. Hiernach werden von montags bis samstags die Mitarbeiter (mit Ausnahme der Visual Commercials) in der Frühschicht zwischen 06:00 Uhr und 17:30 Uhr und in der Spätschicht von 11:00 Uhr bis 21:30 oder 21:00 Uhr eingesetzt. Wegen der weiteren Einzelheiten der BV AZ wird auf Bl. 58 ff. d. A. Bezug genommen.

Nach der Elternzeit in der Zeit von Februar 2017 bis April 2018 entstanden Unstimmigkeiten zwischen den Parteien über die Einsatzzeiten der Klägerin unter Berücksichtigung des Betreuungsbedarfes des Kindes. Mit Schriftsatz vom 29.01.2020 hat die Klägerin Betreuungszeiten für die Tochter in einem Kindergarten ab dem 01.08.2020 von montags bis freitags jeweils ab 07:30 Uhr bis 16:45 Uhr (montags und donnerstags), bis 16:30 Uhr (dienstags und mittwochs) und bis 16:00 Uhr (freitags) angegeben.

Mit Urteil vom 25.05.2020 (Bl. 149 ff. d. A.) hat das Arbeitsgericht Köln die Klage, mit der die Klägerin vorrangig eine Vertragsänderung mit der Festlegung bestimmter Arbeitszeiten an bestimmten Tagen anstrebt sowie hilfsweise die Feststellung zu bestimmten Zeiten nicht zur Arbeit verpflichtet zu sein, abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, für eine Vertragsänderung mangele es an einer Rechtsgrundlage, die Festlegung der Arbeitszeiten unterliege im Rahmen der kollektiven Bestimmungen dem Direktionsrecht der Beklagten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens und der Antragstellung der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand, wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichtes wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das ihr am 02.06.2020 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 01.07.2020 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 18.09.2020 begründet.

Ausweilich E-Mail der Kontaktstelle Kindertagespflege K vom 04.01.2021 steht derzeit kein freier Betreuungsplatz in der öffentlich geförderten Randzeitenbetreuung zu den von der Klägerin gewünschten Zeiten und Stadtteilen zur Verfügung (Bl. 230 f. d. A.).

Die Klägerin meint, ein Anspruch auf Festlegung der Arbeitszeit ohne Verringerung der Arbeitszeit folge aus einer Auslegung oder analogen Anwendung des § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG i. V. m. §§ 242, 315 BGB. Dies werde dem Sinn und Zweck des § 8 TzBfG gerecht, der u.a. darauf abzielt, Müttern die Betreuung ihrer Kinder zu ermöglichen. Die Beklagte habe eine Interessenabwägung bei der Festlegung der Arbeitszeit unter Berücksichtigung der Interessen der Klägerin nicht vorgenommen. Das Interesse der Klägerin an der Kindesbetreuung sei verfassungsrechtlich geschützt. Die Beklagte verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil sie andere Mütter zu den von ihnen begehrten Zeiten beschäftige. Die von der Klägerin begehrten Arbeitszeiten seien unter Berücksichtigung der konkreten familiären Betreuungsmöglichkeiten erforderlich, um fü...

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