Entscheidungsstichwort (Thema)

Bildungsurlaub. Politische Bildung – Frage nach einem konkreten Bildungsbedürfnis. Anspruch auf Vergütung von Bildungsurlaub

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob ein Bedürfnis eines Arbeitnehmers für politische Bildung im Sinne von § 1 Abs. 3 HBUG zu verneinen ist, wenn der Arbeitnehmer in der Vergangenheit bereits an Veranstaltungen ähnlicher Thematik teilgenommen hat.

 

Leitsatz (redaktionell)

Hinweis der Geschäftsstelle

Das Bundesarbeitsgericht bittet, sämtliche Schriftsätzein siebenfacher Ausfertigung bei ihm einzureichen.

 

Normenkette

HBUG § 1 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 31.03.1999; Aktenzeichen 17 Ca 381/99)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 31. März 1999 – 17 Ca 381/99 – abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 922,25 (i. W.: Neunhundertzweiundzwanzig 25/100 Deutsche Mark) brutto zuzüglich 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 1. Dezember 1998 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreites hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist seit 1987 als technischer Angestellter in der Bauaufsichtsbehörde bei der Beklagten beschäftigt, wobei auf das Arbeitsverhältnis der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge Anwendung finden. Er erhält ein monatliches Bruttogehalt von ca. DM 5.500,–. Bei der Beklagten existiert eine Dienstvereinbarung Nr. 190 vom 01. Juni 1995, wonach sich der Bildungsurlaubsanspruch nach dem HBUG richtet (vgl. für den Text der Dienstvereinbarung deren Kopie Blatt 73 d.A.).

Der Kläger nahm in der Zeit vom 02. bis zum 06. November 1998 an einer Bildungsurlaubsveranstaltung mit dem Titel „Bergwaldsterben durch Luftvergiftung” teil (vgl. die Kopie der Teilnahmebestätigung vom 06. November 1998 Blatt 9 d.A.). Für das entsprechende Programm wird auf die zu den Gerichtsakten gereichte Fotokopie (Blatt 27 und Blatt 75/76 d.A.) Bezug genommen. Veranstalter war die Georg-von-Vollmar-Akademie e.V. in Kochel am See, und die Veranstaltung war am 17. Dezember 1997 unter dem Aktenzeichen II 112-33/98 vom Senator für Bildung, Wissenschaft, Kunst und Sport der Freien Hansestadt Bremen anerkannt worden (Kopie Blatt 91 d.A.).

Vorausgegangen war ein einstweiliges Verfügungsverfahren zwischen den Parteien wegen der Teilnahme des Klägers an der genannten Veranstaltung (ArbG Frankfurt am Main, Az.: 17 Ga 212/98). Dieses hatte mit einem am 14. Oktober 1998 gerichtlich protokollierten Vergleich geendet (Kopie des entsprechenden Protokolls Blatt 80 d.A.). Danach wurde der Kläger zum Zwecke der Teilnahme an der Veranstaltung zunächst unbezahlt für die Zeit vom 02. bis zum 06. November 1998 freigestellt, und es sollte dann in einem Hauptsacheverfahren geklärt werden, ob die Voraussetzungen des HBUG erfüllt sind und der Kläger damit Anspruch auf Vergütung für die Zeit vom 02. bis zum 6. November 1998 (unstreitig DM 922,25 brutto) hat.

Der Kläger hatte unter dem 16. Juni 1998 Bildungsurlaub für die Veranstaltung beantragt (Kopie des Antrags Blatt 72 d.A.), wobei ein Nachweis über die Anerkennung der Veranstaltung (vgl. Blatt 5 d.A. für die entsprechende Kopie) beigefügt war; das Tagungsprogramm war der Beklagten nachgereicht am 24. Juni 1998 zugegangen. Gestützt auf einen Vermerk der Bauaufsichtsbehörde vom 29. Juni 1998 (Kopie Blatt 10 bis 11 d.A. – hierauf wird Bezug genommen) hatte die Beklagte mit Schreiben vom 22. Juli 1998 (Kopie Blatt 12/13 d.A., worauf gleichfalls Bezug genommen wird) den Antrag abgelehnt. Sie hatte zur Begründung darauf verwiesen, dass – dies ist unstreitig – der Kläger in der Vergangenheit bereits an folgenden ähnlichen (anerkannten) Bildungsurlaubsmaßnahmen teilgenommen habe:

  • • 02. bis 08. Oktober 1994: „Nationalpark oder Infrastrukturentwicklung? – zur Ökologie der Ostseeküste”, Veranstalter: Verein für arbeitsorientierte Erwachsenenbildung (für das Programm wird auf die Kopie Blatt 28 d.A. Bezug genommen);
  • • 26. bis 30. Juni 1995: „Treffpunkt: Alpen, 5 vor 12? Zur Ökologie der Alpen am Beispiel des Königseegebietes”, Veranstalter: Touristenverein „Die Naturfreunde” (für das Programm wird auf die Kopie Blatt 25/26 d.A. Bezug genommen).
  • • 21. bis 25. Oktober 1996: „Alles im Eimer? Müll vermeiden, verwerten, lagern”, Veranstalter: Bildungswerk der DAG (für das Programm wird auf die Kopie Blatt 29 d.A. Bezug genommen).

Sie hatte zu weiteren Begründung auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 11. Juni 1997 – 8 E 580/96 (2) – (Kopie Blatt 6 bis 8 d.A.) verwiesen und auf dieser Basis die Ansicht vertreten, auf Grund der vorausgegangenen Bildungsurlaubsveranstaltungen habe der Besuch der Veranstaltung im November 1998 höchstens den tatsächlichen Erfahrungsschatz des Klägers bereichert, nicht jedoch der politischen Bildung gedient.

Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, es habe sich um eine anerkannt...

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