Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. August 1998 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die im Jahre 1982 von Polen in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelte Klägerin ist deutsche Staatsangehörige und Berechtigte nach dem Fremdrentengesetz (FRG). Sie begehrt in einem Überprüfungsverfahren nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgrund ihres ursprünglichen Antrages vom 27. Juni 1998 die Zahlung einer sog Geschiedenenwitwenrente (§ 65 Reichsknappschaftsgesetz ≪RKG≫) nach dem Tod ihres am 27. April 1989 in Polen (Schlesien) verstorbenen früheren Ehemannes L. … S., … der ebenfalls deutscher Staatsangehöriger war. Mit diesem war sie vom 14. Dezember 1954 bis zur Scheidung ohne Schuldausspruch durch Urteil des Wojewodschaftsgerichts in R. … vom 25. April 1974 verheiratet.
Die Klägerin blieb in dem Verwaltungs-, dem Klage- und dem Berufungsverfahren ohne Erfolg (Bescheide der Beklagten vom 19. Februar 1990 und 29. Januar 1992; Widerspruchsbescheide der Beklagten vom 26. Juni 1990 und 5. Mai 1992; Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf ≪SG≫ vom 8. November 1993; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen ≪LSG≫ vom 25. August 1998). Das LSG hat ua die Auffassung vertreten, der Anspruch könne nicht auf § 65 Abs 1 Satz 1, 1. Alternative RKG (Unterhaltsanspruch nach den Vorschriften des Ehegesetzes) gestützt werden, da sich die Unterhaltspflichten der geschiedenen Ehegatten gemäß Art 18 Abs 4 des Einführungsgsetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) allein nach dem Recht des sogenannten Scheidungsstatuts richteten, also nach polnischem Recht. Eine Unterhaltsverpflichtung aus „sonstigem Grund” im letzten Jahr vor dem Tod des Versicherten (§ 65 Abs 1 Satz 1, 2. Alternative RKG) habe unter Beachtung der polnischen Rechtsvorschriften nicht mehr bestanden. Denn nach Art 60 § 3 des polnischen Familien- und Vormundschaftsgesetzbuchs (FVGB) entfalle nach einer Scheidung ohne Schuldausspruch auch bei Bedürftigkeit fünf Jahre nach der Scheidung der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau. Die Sonderregelung des Art 18 Abs 5 EGBGB (Anwendung deutschen Rechts bei gewöhnlichem Aufenthalt des Verpflichteten im Inland, falls sowohl der Berechtigte als auch der Verpflichtete Deutsche sind) komme nicht in Betracht, denn der Verpflichtete habe seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland gehabt.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG stützt die Beschwerdeführerin in erster Linie auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫). Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage, ob einem nach § 1 FRG Rentenberechtigten nach einer von einem deutschen Staatsangehörigen erfolgten Scheidung durch ein jenseits von Oder und Neiße ansässiges unter polnischer Gerichtshoheit stehendes Familiengericht eine Geschiedenenrente auch dann zusteht, wenn dies zwar nach bundesdeutschem Recht der Fall wäre, aber nach dem örtlich anzuwendenden polnischen im Zeitpunkt der Scheidung nicht der Fall war. Das LSG sei im übrigen von dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 7. Juli 1975 (BVerfGE 40, 141, 157) abgewichen, wonach die deutschen Gebiete östlich von Oder und Neiße von den Siegermächten nicht annektiert worden seien und das Deutsche Reich in seinen Grenzen vom 31. Dezember 1937 fortbestehe. Der frühere Ehemann der Beschwerdeführerin habe deshalb bis zu seinem Tode „im Inland” seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt, nämlich in F., … W., … bei B. … /Oberschlesien. Im übrigen beruhe das Urteil des LSG auf dem Verfahrensmangel der unzureichenden Sachaufklärung (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde ist unbegründet.
Die aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig. Die Antwort auf die geltend gemachte Rechtsfrage ergibt sich unmittelbar und ohne weiteres aus dem Gesetz, und zwar aus einer Norm, die ordnungsgemäß von dem Gesetzgeber der Bundesrepublik Deutschland erlassen worden ist. Der Rechtssache fehlt damit die grundsätzliche Bedeutung gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG. Dieses Ergebnis wird durch die Rechtsprechung des BVerfG und des Bundesgerichtshofs (BGH) untermauert. Anzuwenden ist Art 18 Abs 5 EGBGB in der zum Zeitpunkt des Todes von L. … S. … am 27. April 1989 geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts vom 25. Juli 1986 (BGBl I 1142). Der in dieser Vorschrift enthaltene Begriff „gewöhnlicher Aufenthalt im Inland” bezieht sich auf den Geltungsbereich des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG), damals also auf das Gebiet der alten Bundesländer. Entscheidend dafür ist, daß in den Gebieten des ehemaligen Deutschen Reiches östlich von Oder und Neiße faktisch allein eine ausländische Rechtsordnung galt. Diese Lage, die insoweit bereits aufgrund der Beschlüsse der Potsdamer Konferenz der Siegermächte (Juli/August 1945) entstanden war, haben „deutsche Gerichte seit 1945 bei der Anwendung und Auslegung des deutschen Kollisionsrechts … in der dem Zweck der einzelnen Vorschrift entsprechenden Weise berücksichtigt” (BVerfG vom 7. Juli 1975, BVerfGE 40, 141, 170 in zustimmender Bestätigung). Zweck des Art 18 Abs 5 EGBGB ist es in dieser Hinsicht, im Inland unterhaltsrechtlich der nachträglich zustande gekommenen Situation Rechnung zu tragen, daß der Verpflichtete inzwischen wieder nicht nur aufgrund seiner deutschen Staatsangehörigkeit, sondern auch aufgrund seines gewöhnlichen Aufenthalts der deutschen Rechtsordnung und den sozialen Verhältnissen unterliegt, die der Bundesrepublik Deutschland eigen sind. Damit besteht nunmehr für beide früheren Ehepartner ein überwiegender Inlandsbezug. Es wäre nach Meinung des BGH überzogen, geschiedene Ehegatten, die beide möglicherweise unter schwierigen Umständen ihre Brücken zu dem früheren Aufenthaltsgebiet abgebrochen haben und sich an ein Gericht der Bundesrepublik Deutschland wenden, an einem Recht festzuhalten, das nicht mehr ihren neuen sozialen Verhältnissen entspricht (BGH vom 10. November 1993, BGHZ 124, 57, 63 mwN; vgl auch BSG vom 17. Juli 1996, SozR 3-2600 § 243 Nr 3 S 4). An allem aber hat es L. … S. … gefehlt.
Das Urteil des LSG beruht auch nicht auf einer Abweichung vom Beschluß des BVerfG vom 7. Juli 1975 über die Verfassungsbeschwerden zu den Verträgen von Moskau und Warschau (Ostverträge), wie oben bereits dargelegt.
Die Beschwerdeführerin trägt selbst vor, daß ausgehend von der Rechtsauffassung des LSG eine weitere Sachaufklärung nicht geboten war. Wegen eines nach eigenem Vortrag nicht entscheidungserheblichen Verfahrensfehlers kann die Revision nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nicht zugelassen werden, ganz abgesehen davon, daß die Rüge mangelnder Sachaufklärung nach Halbsatz 2 aaO nur unter eingeschränkten Voraussetzungen, die nicht dargelegt wurden (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG), zulässig wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen