BAG, Urteil v. 25.6.2020, 8 AZR 145/19

Die Begriffe "Arbeitnehmerin" und "Arbeitnehmer" in § 5 Abs. 2 Nr. 1 EntgTranspG sind nicht eng i. S. d. Arbeitnehmerbegriffs des innerstaatlichen Rechts, sondern unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit dem Arbeitnehmerbegriff der Richtlinie 2006/54/EG weit auszulegen, sodass auch arbeitnehmerähnliche Personen i. S. d. innerstaatlichen Rechts Arbeitnehmer i. S. v. § 5 Abs. 2 Nr. 1 EntgeltTranspG sein können.

Sachverhalt

Die Beklagte ist eine Fernsehanstalt des öffentlichen Rechts, bei welcher die Klägerin seit 2007 als Redakteurin tätig ist, zunächst als Online-Redakteurin auf der Grundlage befristeter Verträge und seit Juli 2011 aufgrund eines unbefristeten Vertragsverhältnisses, nach dem sie "bis auf Weiteres" als freie Mitarbeiterin gemäß einem bei der Beklagten geltenden Tarifvertrag beschäftigt wird und eine Tätigkeit als "Redakteurin mit besonderer Verantwortung" ausübt. Rechtskräftig ist bereits durch das LAG entschieden worden, dass die Klägerin keine Arbeitnehmerin im Sinne des innerstaatlichen Rechts ist. Sie begehrte nun vom Personalrat Auskunft nach § 10 Abs. 1 EntgTranspG, welcher jedoch abgelehnt wurde mit der Begründung, die Klägerin falle als freie Mitarbeiterin nicht unter das Entgelttransparenzgesetz und habe deshalb keinen Auskunftsanspruch. Daraufhin erhob die Klägerin Klage auf Erteilung von Auskunft über 1. die Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung und 2. über das Vergleichsentgelt.

Die Entscheidung

Das LAG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin sei keine Arbeitnehmerin i. S. d. innerstaatlichen Rechts und als arbeitnehmerähnliche Person nicht Beschäftigte i. S. d. § 5 Abs. 2 EntgTranspG.

Vor dem BAG hatte die Klage jedoch Erfolg. Das Gericht entschied, dass die Klägerin von der Beklagten nach § 10 Abs. 1 EntgTranspG Auskunft über die Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung verlangen könne, da sie als freie Mitarbeiterin der Beklagten "Arbeitnehmerin" i. S. v. § 5 Abs. 2 Nr. 1 EntgTranspG und damit Beschäftigte i. S. v. § 10 Abs. 1 Satz 1 EntgeltTranspG sei. Das BAG führte aus, dass nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) "Beschäftigte" zur Überprüfung der Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots im Sinne dieses Gesetzes einen Auskunftsanspruch nach Maßgabe der §§ 11 bis 16 haben. Nach § 5 Abs. 2 EntgeltTranspG seien u. a. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes. Allerdings seien nach Auffassung des Gerichts die Begriffe "Arbeitnehmerin" und "Arbeitnehmer" in § 5 Abs. 2 Nr. 1 EntgTranspG unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit dem Arbeitnehmerbegriff der Richtlinie 2006/54/EG nicht eng, sondern weit auszulegen. Andernfalls würde es an einer Umsetzung der Bestimmungen dieser Richtlinie zum Verbot der Diskriminierung beim Entgelt und zur entgeltbezogenen Gleichbehandlung männlicher und weiblicher Arbeitnehmer bei gleicher oder als gleichwertig anerkannter Arbeit im deutschen Recht fehlen; denn eine, so das BAG, ausreichende Umsetzung sei bislang weder im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz noch in anderen Gesetzen erfolgt, sondern erst mit Inkrafttreten des Entgelttransparenzgesetz gäbe es Bestimmungen, die auf die Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie 2006/54/EG zur Entgeltgleichheit gerichtet seien.

Allerdings konnte das BAG nicht abschließend entscheiden, ob der Klägerin gegen die Beklagte auch ein Anspruch auf Erteilung von Auskunft über das Vergleichsentgelt zusteht, sodass die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückzuverweisen war.

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