Wohnungseigentumsrecht: Fassadenanstrich als bauliche Veränderung

Die deutliche Änderung der Farbgestaltung einer Fassade kann eine bauliche Veränderung darstellen, die sämtliche Eigentümer beeinträchtigt und daher nur allstimmig beschlossen werden kann.

Hintergrund

Wohnungseigentümer wenden sich mit der Anfechtungsklage gegen einen Beschluss über eine Fassadensanierung.

Die Fassade des Gebäudes war einheitlich in einem hellgelben Farbton gestrichen. Die Eigentümer beschlossen mehrheitlich einen Neuanstrich, der von der bisherigen Gestaltung abweicht. Das beschlossene Farbkonzept, das anschließend auch umgesetzt wurde, sah vor, dass an den Balkonbrüstungen im unteren Bereich jeweils orangefarbene Streifen angebracht werden.

Mehrere Eigentümer, die der Gestaltung nicht zugestimmt haben, haben den Beschluss angefochten.

Entscheidung

Die Anfechtungsklage hat Erfolg.

Bei dem beschlossenen Farbkonzept hinsichtlich des Neuanstrichs der Fassade handelt es sich um eine bauliche Veränderung, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht. Zu den baulichen Veränderungen gehören insbesondere Veränderungen an der äußeren Gestaltung des Gebäudes, auch der Farbgebung, jedenfalls soweit diese den Gesamteindruck der Anlage beeinflusst.

Vorliegend haben die Wohnungseigentümer den Neuanstrich dazu genutzt, das Gesamterscheinungsbild des Gebäudes gezielt zu verändern. Damit gehen sie über die bloße Instandhaltung hinaus, für die es ausgereicht hätte, die Fassade in der alten Farbe neu zu streichen.

Bei Änderungen der Fassade durch einen Neuanstrich kann eine Beeinträchtigung im Sinne von §§ 22, 14 Nr. 1 WEG insbesondere in einer nicht nur unerheblichen nachteiligen Veränderung des optisch-architektonischen Gesamteindrucks der Anlage bestehen.

Hier wurde das Erscheinungsbild der Fassade deutlich verändert. Die Schaffung starker Kontraste über die gesamte Fassade stellt eine wesentliche Änderung dar. Diese ist bei objektiver Würdigung durchaus als störend zu bezeichnen, wenn man von der Ausgangssituation einer einheitlich, ruhig gestalteten Fassade ausgeht. Durch diese Veränderung sind nicht nur bloße geschmackliche Empfindlichkeiten betroffen. Wird der Charakter einer Fassade so stark wie durch die hier angebrachten Kontraststreifen verändert, liegt hierin ein nicht nur unerheblicher Nachteil für die nicht zustimmenden Eigentümer.

(LG München I, Urteil v. 20.9.2012, 36 S 1982/12 WEG)

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