Teilender Eigentümer kann sich nicht von Kosten freizeichnen

Die Gemeinschaftsordnung kann den teilenden Eigentümer nicht von der Pflicht ausnehmen, die Verwaltungs- und Instandhaltungskosten seiner eigenen Einheiten zu tragen.

Hintergrund

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft verlangt von der Eigentümerin mehrerer Wohnungen die Zahlung rückständiger Hausgelder. Die Eigentümerin hatte als Bauträgerin die Anlage errichtet.

Nach der Gemeinschaftsordnung haben die Eigentümer die Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen und eine Instandhaltungsrücklage anzusammeln. Zudem sieht die Gemeinschaftsordnung vor, dass der aufteilende Eigentümer nicht verpflichtet sein soll, Zahlungen zu leisten, solange die in seinem Eigentum stehenden Einheiten nicht bewohnt bzw. nicht genutzt werden.

Die Gemeinschaft fordert eine Nachzahlung aus der Jahresabrechnung 2009 sowie laufende Hausgelder für das Jahr 2010. Zwischen den Parteien ist strittig, ob und in welchem Umfang die teilende Eigentümerin ihre Einheiten in diesem Zeitraum genutzt hat.

Entscheidung

Die Eigentümerin muss die Nachzahlung aus der Jahresabrechnung 2009 sowie die laufenden Hausgelder aus dem Jahr 2010 leisten. Es kommt nicht darauf an, ob und ggf. wie lange die Eigentümerin ihre Einheiten tatsächlich genutzt hat. Die Regelung in der Gemeinschaftsordnung, die die teilende Eigentümerin von der Zahlungspflicht ausnimmt, soweit sie ihre Einheiten nicht nutzt, ist nichtig.

Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander bestimmt sich grundsätzlich nach dem Gesetz. Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG können die Wohnungseigentümer aber abweichende Vereinbarungen treffen. Diese Gestaltungsfreiheit gilt auch, wenn der teilende Eigentümer Regelungen der Gemeinschaftsordnung in der Teilungserklärung vorgibt. Schranken für den Inhalt der Gemeinschaftsordnung ergeben sich jedoch aus den Grenzen der Privatautonomie nach den §§ 134, 138 BGB. Darüber hinaus unterliegen die Bestimmungen einer Inhaltskontrolle nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB.
Die Regelung in der Gemeinschaftsordnung, dass die teilende Eigentümerin nichts zahlen muss, soweit ihre Einheiten ungenutzt sind, führt zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit offensichtlich unvereinbaren Ergebnissen. Die Vereinbarung ist wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben nach § 134 BGB nichtig. Im Extremfall, dass die aufteilende Eigentümerin nur eine Einheit veräußert und die übrigen behält und leer stehen lässt, hätte die Regelung zur Folge, dass der erste und einzige Erwerber nicht nur sämtliche Verwaltungs- und Betriebskosten, sondern auch sämtliche Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten tragen müsste.

Auch wenn die Eigentümerin mehrere Einheiten behielte, um sie zu vermieten, würde diese Regelung dazu führen, dass die übrigen Miteigentümer das Leerstandsrisiko tragen müssen anstelle der Eigentümerin. Eine solche Befreiung des aufteilenden Eigentümers von den Kosten der von ihm noch nicht veräußerten Einheiten ohne jegliche zeitliche und sachliche Einschränkung ist nicht möglich. Es ist auch kein sachlicher Grund ersichtlich, warum der aufteilende Eigentümer auf Dauer nicht an den Kosten der Ansammlung einer Instandhaltungsrücklage beteiligt werden sollte, nur weil er bestimmte Einheiten nicht veräußert, nicht vermietet oder selbst nutzt.

(AG München, Urteil v. 1.8.2011, 485 C 32840/10)

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