Keine Satellitenschüssel, wenn Internetfernsehen möglich ist

Ein ausländischer Mieter, der über das Internet mehrere Fernsehsender aus seiner Heimat in ausreichender Qualität empfangen kann, kann keine Satellitenschüssel auf dem Dach des Hauses verlangen.

Hintergrund
Die Vermieterin einer Wohnung verlangt von den Mietern, die aus der Ukraine stammen, dass diese eine Satellitenschüssel, die sie auf dem Dach des Hauses angebracht hatten, entfernen. Im Jahr 2003 hatte die Vermieterin die Montage der Anlage genehmigt und sich hierbei vorbehalten, die Genehmigung zu widerrufen, „wenn sich veränderte Umstände ergeben, unter denen die Einwilligung nicht mehr erteilt werden würde."

Im Jahr 2010 installierte die Vermieterin einen rückkanalfähigen Breitbandkabelanschluss, der die Nutzung eines schnellen Internetzugangs ermöglicht. Hierfür müssten die Mieter mit dem Kabelbetreiber einen Einzelvertrag zu 19,90 Euro monatlich abschließen. Über den Kabelanschluss sind keine ukrainischen Programme zu empfangen, allerdings sind per Internet 19 ukrainische TV-Programme verfügbar.

Nach Installation des Kabelanschlusses widerrief die Vermieterin die Genehmigung der Satellitenanlage. Die Mieter weigern sich jedoch die Anlage zu entfernen. Sie berufen sich auf ihr Grundrecht auf Informationsfreiheit und wenden ein, Fernsehempfang über das Internet sei extrem störanfällig.

Entscheidung

Das LG Berlin gibt der Vermieterin Recht. Die Mieter müssen die Parabolantenne entfernen.

Die Vermieterin hat die Genehmigung wirksam widerrufen. Hier lagen veränderte Umstände im Sinne der Genehmigung vor. Die Weigerung der Mieter, die von ihnen installierte Parabolantenne nach dem Widerruf der Genehmigung und Aufforderung durch die Vermieterin zu entfernen, ist als nunmehr vertragswidriger Gebrauch der Mietsache im Sinne des § 541 BGB anzusehen.
Zwar war der Zustand bei Installation der Anlage aufgrund der Vereinbarung ursprünglich vertragsgemäß; er wurde jedoch vertragswidrig nach dem Widerruf der Genehmigung.
Die Betroffenheit des Grundrechts des Mieters auf Informationsfreiheit, das seine Schranken unter anderem in den allgemeinen Gesetzen sowie dem betroffenen Grundrecht des Eigentümers findet, erfordert eine fallbezogene Interessenabwägung.

Zu berücksichtigen sind die Eigentumsinteressen des Vermieters an der auch optisch ungeschmälerten Erhaltung des Wohnhauses und die Interessen des Mieters an der Nutzung allgemein zugänglicher Informationsquellen. Da beide Interessen durch Grundrechte geschützt sind, von denen keines dem anderen generell vorgeht, hängt die Entscheidung davon ab, welche Beeinträchtigung im Rahmen des vom Gesetzgeber abstrakt vorgenommenen Interessenausgleichs im konkreten Fall schwerer wiegt.

In die Abwägung einzubeziehen sind etwaige Besonderheiten des Einzelfalls, hier das besondere Informationsinteresse der Beklagten als dauerhaft in Deutschland lebende Bürger ukrainischer Herkunft. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist deren Interesse, Programme ihres Heimatlandes zu empfangen, Rechnung zu tragen. Geschützt ist auch das Recht des Einzelnen, zu entscheiden, aus welchen Quellen er sich unterrichten will. Er kann daher nicht auf andere Informationsquellen wie Hörfunk, Zeitungen u. a verwiesen werden. Stellt der Vermieter jedoch einen Kabelanschluss bereit, der die Möglichkeiten abdeckt, besteht der Anspruch auf die Genehmigung der Errichtung oder Beibehaltung einer Satellitenanlage nicht.

Der pauschale Einwand, Internet-Fernsehen sei sehr störanfällig, ist unbeachtlich. Diese Behauptung kann aufgrund der gerichtsbekannten weiten Verbreitung des Fernsehkonsums über das Internet und dessen Qualität bei rückkanalfähigem Kabelnetzanschluss nicht als Erfahrungssatz unterstellt werden, sodass konkreter Vortrag hierzu entbehrlich würde.

(LG Berlin, Urteil v. 16.7.2012, 67 S 507/11)