Zusammenfassung

 
Begriff

Bei Wohnräumen ist es möglich, durch Urteil oder Vergleich eine Räumungsfrist zu erhalten. Bei Geschäftsräumen dagegen kann eine Räumungsfrist grundsätzlich nicht bewilligt werden. Was hier noch bleibt, ist die Einigung der Parteien auf eine Räumungsfrist in einem Vergleich.

1 Räumungsfrist durch Urteil

1.1 Anwendungsbereich

1.1.1 Wohnraum

Wohnraum ist weit zu fassen: Es ist jeder Raum betroffen, der nicht zu beruflichen, sondern zum dauernden Aufenthalt, insbesondere zum Schlafen genutzt wird.[1]

Wird der Wohnungsnutzer zur Räumung verurteilt, so kann das Gericht im Urteil auf Antrag oder von Amts wegen eine angemessene Räumungsfrist bewilligen.[2] Es ist nicht erforderlich, dass zwischen den Parteien des Rechtsstreits ein Mietverhältnis bestanden hat. Die Vorschrift des § 721 ZPO ist vielmehr auch dann anwendbar, wenn der Wohnungsnutzer die Wohnung aufgrund einer Leihe oder eines dinglichen Wohnrechts in Besitz gehabt hat.

Es ist nicht erforderlich, dass dem Erlass des Räumungstitels ein gerichtliches Verfahren vorausging, sodass die Vorschrift des § 721 ZPO auch dann eingreift, wenn die Räumung vom Insolvenzverwalter gemäß § 109 InsO oder vom Ersteher in einem Zwangsversteigerungsverfahren gemäß § 93 ZVG betrieben wird.[3]

[1] Musielak/Voit/Lackmann, ZPO, § 721 Rn. 3.
[3] LG Mannheim, ZMR 1968 S. 55; LG Münster, MDR 1965 S. 212.

1.1.2 Geschäftsraum

Für Geschäftsraummietverhältnisse gilt § 721 ZPO nicht. Eine analoge Anwendung der Vorschrift ist ausgeschlossen. Im Einzelfall kann Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO gewährt werden.

 
Hinweis

§ 765a ZPO: Absolute Ausnahme

Dann muss die Vollstreckungsmaßnahme nach Güterabwägung der Interessen für den Mieter eine besondere Härte bedeuten, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist.

Anders ist es, wenn Geschäftsraum vertragswidrig als Wohnraum genutzt wird. Hier ist die Gewährung einer Räumungsfrist möglich.[1]

[1] OLG Köln, WuM 1997 S. 336.

1.1.3 Mischraum

Mischmietverhältnisse gelten als Wohnraummietverhältnisse, wenn das Schwergewicht des Vertrags im Bereich der Wohnungsmiete liegt. In diesem Fall kann für das gesamte Mietverhältnis eine Räumungsfrist gewährt werden.

Liegt das Schwergewicht im Bereich der Geschäftsraummiete, gilt Geschäftsraummietrecht; eine Räumungsfrist kommt dann grundsätzlich nicht in Betracht.

Dies ist umstritten: Es wird auch vertreten, dass eine Räumungsfrist gewährt werden kann, aber nur für die zum Wohnen genutzten Teile.[1]

 
Hinweis

Ausnahme bei getrennter Rückgabe

Ausnahmsweise kann auch in diesen Fällen eine auf die Wohnung beschränkte Räumungsfrist gewährt werden, wenn eine getrennte Rückgabe der Wohnräume möglich, wirtschaftlich sinnvoll und dem Vermieter zumutbar ist.

1.1.4 Gewerbliche Zwischenvermietung

Bei der gewerblichen Zwischenvermietung wirkt ein gegen den Hauptmieter bestehender Titel nicht gegen die einzelnen Bewohner. Vielmehr muss der Vermieter hier die einzelnen Bewohner (Untermieter) auf Räumung in Anspruch nehmen; in diesem Verfahren kann den Bewohnern eine Räumungsfrist bewilligt werden.[1]

Der Hauptmieter (Zwischenvermieter) hat dagegen keinen Anspruch auf Gewährung einer Räumungsfrist, weil das zwischen ihm und dem Eigentümer bestehende Mietverhältnis als Geschäftsraummietverhältnis zu bewerten ist.

[1] LG Stuttgart, NJW-RR 1990 S. 654.

1.2 Antrag

Ein Antrag auf Gewährung einer Räumungsfrist ist vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung zu stellen, auf die das Urteil ergeht.[1] Es handelt sich um einen Sachantrag. Beim Landgericht besteht Anwaltszwang.

Antragsberechtigt ist nur der Mieter, nicht der Vermieter. Der Räumungspflichtige kann eine bestimmte Frist oder eine Mindestfrist beantragen, die Wirksamkeit des Antrags ist hiervon aber nicht abhängig. Der Räumungspflichtige kann die für eine Fristgewährung maßgebenden Tatsachen vortragen, zwingend erforderlich ist dies nicht. Allerdings darf das Gericht nur die Umstände berücksichtigen, die vorgetragen sind. Eine Pflicht zur Amtsermittlung besteht nicht.

Wird der Antrag auf Gewährung einer Räumungsfrist nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt, bleibt er unberücksichtigt.

 
Hinweis

Fristbewilligung auch von Amts wegen

Das Gericht ist gleichwohl nicht gehindert, über die Räumungsfrist von Amts wegen zu befinden.

1.3 Urteilsergänzung

Ist der Antrag bei der Entscheidung übergangen worden, kann der Antragsteller Urteilsergänzung nach § 321 ZPO verlangen.[1] Daneben ist (wahlweise) die sofortige Beschwerde zulässig (s. Abschn. 5.1).

Die Möglichkeit der Urteilsergänzung besteht, wenn der Räumungspflichtige den Räumungsfristantrag fristgemäß gestellt hat, hierüber aber weder im Tenor noch in den Gründen entschieden worden ist.

Gleiches gilt, wenn der Schuldner unter Angabe von Gründen eine bestimmte Mindestfrist beantragt und das Gericht lediglich eine kürzere Frist gewährt, ohne sich mit den vom Schuldner vorgetragenen Gründen zu befassen. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass das Gericht die Räumungsfrist nicht auf Antrag, sondern von Amts wegen gewährt hat.

2 Voraussetzung der Fristgewährung

Die Voraussetzungen für die Gewährung der Räumungsfrist werden vom ...

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