Leitsatz (amtlich)
1. Der Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung nach § 780 ZPO kann erstmals in der Berufungsinstanz nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO erhoben werden.
2. Auf den Vorbehalt beschränkter Erbenhaftung muss das Gericht nach § 139 Abs. 2 ZPO nicht hinweisen.
Normenkette
ZPO §§ 139, 531, 780
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Urteil vom 27.03.2003; Aktenzeichen 17 O 244/02) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 27.3.2003 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des LG Wuppertal wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsrechtszuges trägt die Beklagte.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Zur Begründung verweist der Senat auf seinen Hinweisbeschluss vom 18.8.2003. (wird ausgeführt)
1. und 2. (Wird ausgeführt.)
3. Die ferner erstmals in der Berufungsbegründung erhobene Einrede der beschränkten Erbenhaftung ist ebenfalls gem. § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.
a) Der als Erbe des Schuldners Verurteilte kann sich auf die Haftungsbeschränkung nur berufen, wenn sie im Urteil vorbehalten ist, § 780 ZPO. Dieser Vorbehalt kann in das Urteil aber nur aufgenommen werden, wenn der Schuldner ihn auch geltend gemacht hat (vgl. Palandt/Edenhofer, BGB, 62. Aufl., vor § 1967 Rz. 7). Auch die hierauf bezogene Einrede stellt ein Verteidigungsmittel i.S.d. § 531 Abs. 2 ZPO dar. Angriffs- und Verteidigungsmittel i.S.d. genannten Vorschrift wie u.a. der §§ 282, 296 ZPO sind jegliche zur Begründung des Klageantrags oder zur Verteidigung gegen diesen vorgebrachten tatsächlichen und rechtlichen Behauptungen, Einwendungen, Einreden und Beweisanträge, ferner das Bestreiten sowie die Geltendmachung der vor- oder innerprozessualen Aufrechnung, nicht dagegen Angriff und Verteidigung selbst, also Sachanträge wie Klage- und Widerklageantrag sowie deren Änderung, Erweiterung oder Konkretisierung (vgl. Musielak, ZPO, 3. Aufl., § 530 Rz. 11; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 531 Rz. 22 i.V.m. § 282 Rz. 2, 2a m.w.N.).
Die Einrede der beschränkten Erbenhaftung stellt danach ein Verteidigungsmittel in dem oben genannten Sinne dar, weil sie für den Erben den Anspruch des Gläubigers in der Weise beschränken soll, dass er nur insoweit durchgesetzt werden kann, als der Umfang des Nachlasses dies gestattet. Die Einrede ist demgemäss ihrem Charakter nach kein Sachantrag, sondern ein Mittel, mit dem die Durchsetzbarkeit des Klageanspruchs beschränkt oder – im Falle eines nicht werthaltigen Nachlasses – gar vollends blockiert werden soll.
b) Diese Einordnung stellt auch die Beklagte letztlich nicht in Frage, meint aber, die Einrede könne ohne Weiteres in der Berufungsinstanz nachgeholt werden. Die von der Beklagten mitgeteilten Zitate in Kommentaren zur ZPO (Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 780 Rz. 10; Stein/Jonas/Münzberg, § 180 Rz. 5; Schmidt in MünchKomm/ZPO, § 780 Rz. 19) scheinen diese Auffassung zu bestätigen; denn hiernach kann der Erbe die in erster Instanz nicht geltend gemachte Haftungsbeschränkung in der Berufungsinstanz nachholen. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass dies nach der Novellierung der ZPO zum 1.1.2002 nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO möglich ist (so ausdrücklich Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 780 Rz. 5: In der Berufungsinstanz kann die Einrede vorbehaltlich § 531 nachgeholt werden). Die Kommentierung im Münchener Kommentar hat die Neufassung der ZPO noch nicht berücksichtigen können, weil sie aus dem Jahre 2000 stammt (2. Aufl.; eine 3. Aufl. gibt es noch nicht). Die Kommentierung von Zöller in der 23. Aufl. datiert zwar von 2002, das genannte Zitat findet sich aber zu § 780, und zwar wortgleich an derselben Zitatstelle wie in der (22.) Vorauflage, nicht jedoch zu § 531. Daher spricht viel dafür, dass die Kommentierung zu § 780 der neuen Gesetzeslage noch nicht angepasst worden ist. In den Neukommentierungen von Baumbach/Lauterbach (Baumbach/Lauterbach, ZPO, 61. Aufl.), Musielak (Musielak, ZPO, 3. Aufl.) und Thomas/Putzo (Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl.) ist die Problematik nicht angesprochen.
In jedem Falle folgt der Senat der differenzierenden Auffassung (vgl. Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl.); denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Einrede der beschränkten Erbenhaftung anders als andere Einreden behandelt werden sollte. Zwar mögen die zugrundeliegenden Tatsachen häufig keiner Beweisaufnahme bedürfen, so dass auch keine Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits eintritt, aber anders als etwa in § 528 Abs. 1 u. 2 ZPO a.F. kommt es für die Frage der Anwendung des § 531 Abs. 2 ZPO n.F. nicht mehr auf eine Verzögerung an (vgl. Musielak, ZPO, 3. Aufl., § 531 Rz. 3).
c) Die Erhebung der Einrede beschränkter Erbenhaftung ist auch im ersten Rechtszug nicht infolge eines Verfahrensmangels unterblieben (§ 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Denn das LG hat die Beklagte nicht unter Verstoß gegen § 139 Abs. 2 ZPO uneingeschränkt verurteilt, weil diese erkennbar die Einrede übersehen hatte. Zwar hat die Beklagte erklärtermaßen den Rechtsstreit von Anfang an mit dem ...