Entscheidungsstichwort (Thema)
Reichweite der Überprüfung der erstinstanzlichen Schmerzensgeldbemessung durch das Berufungsgericht
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 12.03.2004; Aktenzeichen 17 O 449/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12.3.2004 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des LG Frankfurt (Oder) - 17 O 449/03 - teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 3.000 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 2.5.2003 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin zu 7/8 und die Beklagte zu 1/8; die Kosten des Berufungsverfahrens fallen zu 3/4 der Klägerin und zu 1/4 der Beklagten zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus dem Gesichtspunkt der Arzthaftung auf Schmerzensgeld in Anspruch.
Die Klägerin litt unter Neurodermitis mit nässend-infiltrierten Herden und heftigem Juckreiz. Diese Beschwerden verstärkten sich während ihrer Schwangerschaft Ende 2001/Anfang 2002. Am 8.2.2002 wurde die Klägerin deswegen zur stationären Behandlung in der Klinik der Beklagten (Bereich: Hautklinik) aufgenommen. Die Behandlung der Neurodermitis erfolgte mittels Salben, Bädern und UVA-Lichtbestrahlung. Am 19.2.2002 war infolge eines Versehens des Klinikpersonals der H1-Filter in dem Bestrahlungsgerät nicht geschlossen, sodass die Klägerin anteilig mit UVB-Strahlen bestrahlt wurde. Die Klägerin befand sich zu dieser Zeit in der 27. Schwangerschaftswoche. Infolge der UVB-Bestrahlung erlitt die Klägerin Verbrennungen - ähnlich einem starken Sonnenbrand (Dermatitis solaris) - an 90 % der Hautoberfläche, davon auf 60 % der Hautoberfläche Verbrennungen I. Grades und auf 30 % der Hautoberfläche Verbrennungen II. Grades mit anschließender Blasenbildung bis zu einem Durchmesser von 4 cm. Noch am 19.2.2002 wurde die Klägerin - zwecks besserer Betreuungsmöglichkeit - auf die intensivmedizinische Station der Klinik der Beklagten verlegt. Es bestand keine akute Gefahr für die Klägerin oder die Leibesfrucht. In den folgenden Tagen litt die Klägerin unter Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Gegen die Schmerzen erhielt sie u.A. im Abstand von 4 Stunden Dipidolor injiziert. Am 26.2.2002 wurde die Klägerin wegen vorzeitiger Wehentätigkeit von der Intensivstation in die Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Krankenhauses der Beklagten verlegt; an diesem Tage wurden ihr noch einmal Schmerzmittel verabreicht. Am 1.3.2002 wurde die Klägerin aus der stationären Behandlung entlassen. Danach traten keine auf die UVB-Bestrahlung vom 19.2.2002 zurückführbare Folgebeschwerden mehr auf. Am 9.5.2002 kam es zur - komplikationsfreien - Geburt einer gesunden Tochter.
Mit Schreiben vom 1.4.2003 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung eines Schmerzensgeldes i.H.v. 25.000 Euro auf. Am 22.8.2003 zahlte die Versicherung der Beklagten ein Schmerzensgeld von 3.000 Euro.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes und die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für alle künftigen immateriellen Schäden begehrt.
Sie hat ein Schmerzensgeld von insgesamt 25.000 Euro für angemessen erachtet und hierzu ausgeführt: Die vorzeitige Wehentätigkeit am 26.2.2002 sei wohl auf die UVB-Bestrahlung zurückzuführen. Sie habe während der Zeit vom 19.2. bis 1.3.2002 unter Schmerzen gelitten und unter starken Ängsten wegen der Auswirkungen der UVB-Bestrahlung und der Schmerzmittelgabe auf das ungeborene Kind. Es sei nicht auszuschließen, dass aus der UVB-Bestrahlung Spätfolgen bei ihr und ihrem Kind resultieren.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie ein (weiteres) angemessenes Schmerzensgeld, mindestens weitere 22.000 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 20.2.2002 zu zahlen;
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche zukünftige immaterielle Schäden aus dem Vorfall vom 19.2.2002 im Klinikum U. GmbH in Sch. zu zahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die weitere Schmerzensgeldforderung der Klägerin für deutlich übersetzt und den gezahlten Betrag von 3.000 Euro für angemessen gehalten.
Mit seinem am 12.3.2004 verkündeten Urteil, auf das ergänzend Bezug genommen wird, hat das LG die Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere 12.000 Euro (somit insgesamt: 15.000 Euro) Schmerzensgeld nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 2.4.2003 zu zahlen, und die weiter gehende Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das LG im Wesentlichen ausgeführt: Der Feststellungsantrag sei unzulässig, da die Klägerin die Gefahr künftiger Schadensfolgen nicht hinreichend dargetan habe. Wegen der schweren Folgen der UVB-Bestrahlung und des groben Verschuldens der Klinik sei ein Schmerzensgeld von ins...