Rückabwicklung eines Veräußerungsvertrags gilt als rückwirkendes Ereignis
Die Rückabwicklung eines nicht vollständig erfüllten Vertrages stellt ein rückwirkendes Ereignis im steuerlichen Sinne dar. Dies hat der BFH in Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung mit Urteil vom 6.12.2016 (BFH, Urteil v. 6.12.2016, IX R 49/15) entschieden.
Praxis-Hinweis: Bei ähnlich gelagerten Sachverhalten Rechtsrat einholen
Der zu Grunde liegende Sachverhalt ist durchaus etwas komplexer. Maßgeblich ist dabei jedoch allein die Rechtsfrage,
· ob die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über Anteile an einer Kapitalgesellschaft
Rückwirkung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Veräußerung hat oder
· ob die Rückabwicklung als neuer Anschaffungsvorgang zu werten ist,
· andere Anschaffungskosten zum Tragen kommen und
· sich dementsprechend auch ein späterer Veräußerungsgewinn anders berechnet.
Zumindest für den Fall, dass der erste Veräußerungsvertrag nicht vollständig erfüllt ist, hat der BFH nunmehr, entgegen einem älteren Urteil eines anderen Senats entschieden, dass die Rückabwicklung als ein rückwirkendes Ereignis zu werten ist. Im Fall der vollständigen Erfüllung hingegen, kommt es sehr auf die Umstände im jeweiligen Einzelfall an. Der Rat kann deshalb nur lauten, dass angesichts dieser sehr komplexen Rechtslage rechtzeitig eine Prüfung durch einen Fachmann erfolgt.
Wesentliche Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, die verkauft und rückabgewickelt wurden
Die Klägerin wurde im Streitjahr mit ihrem in der Zwischenzeit verstorbenen Ehemann M zusammenveranlagt. Der Ehemann war an mehreren Kapitalgesellschaften wesentlich beteiligt. Die Anteile an diesen veräußerte er bis auf einen im Jahr 1998 an eine andere Kapitalgesellschaft, der Kaufpreis wurde jedoch gestundet. Im Jahr 2001 vereinbarten die Vertragsparteien dann jedoch die Rückabwicklung sämtlicher Verträge. 2002 und 2004 erhielt der M Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto einer GmbH über 87 TEUR und 3.858 TEUR. M verstarb, und die Klägerin veräußerte die Anteile an den Kapitalgesellschaften 2006 zu einem Veräußerungserlös von 10.432 TEUR.
Die Veräußerung 1998 wurde nach der Rückabwicklung steuerlich nicht mehr erfasst, die Zahlungen aus dem Einlagekonto wurden 2004 nicht erklärt, aus der Veräußerung 2006 erklärte die Klägerin einen Gewinn von 1.887 TEUR. Im Rahmen einer Außenprüfung machte der Prüfer geltend, die Veräußerungsgewinne der Klägerin seien unter Berücksichtigung der historischen Anschaffungskosten zu ermitteln, da die Rückabwicklung der Verträge auf den Zeitpunkt der Veräußerung 1998 zurückwirke. Dementsprechend habe die Klägerin 2004 einen Veräußerungsgewinn von 3.536 TEUR und 2006 von 10.197 TEUR erzielt. Die Einsprüche gegen die geänderten Bescheide hatten keinen Erfolg. Auch beim Finanzgericht drang die Klägerin mit ihrer gegenteiligen Rechtsauffassung nicht durch, so dass die Revision zum BFH einlegte.
Rückzahlung aus dem steuerlichen Einlagekonto und die Veräußerung von Anteilen an den Kapitalgesellschaften steuerpflichtig
Allerdings hatte auch die Revision keinen Erfolg. Grundsätzlich sei zwischen den Parteien des Verfahrens unstreitig, dass die Klägerin 2004 und 2006 steuerbare Vorgänge verwirklicht habe, da die Rückzahlung aus dem steuerlichen Einlagekonto und die Veräußerung von Anteilen an den Kapitalgesellschaften steuerpflichtig gewesen seien.
Der Veräußerungsgewinn sei hierbei der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteige.
Anschaffungskosten seien hierbei alle die Aufwendungen, die geleistet werden um eine Vermögensgegenstand zu erwerben. Hier sei maßgeblich, dass der erste Erwerber 1998 den Vertrag niemals vollständig erfüllt habe. Die vereinbarte Rückabwicklung der Verträge 2001 sei deshalb als ein materiell rückwirkendes Ereignis zu behandeln, welches nach 1998 zurückwirke und deshalb keinen neuen Anschaffungsvorgang 2001 ausgelöst habe. Die entgegenstehende Rechtsprechung des I. Senats des BFH werde nicht mehr aufrecht gehalten.
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