Kleinunternehmer können auch nach Abgabe einer USt-Erklärung wählen
Kleinunternehmer befreit von umsatzsteuerlichen Pflichten
Umsatzsteuervoranmeldungen erstellen, die Umsatzerklärung ausfüllen – gerade für viele Kleinunternehmer handelt es sich dabei oft um das berühmte Buch mit 7 Siegeln. Das gilt vor allem dann, wenn sie die Kosten scheuen und keinen Steuerberater beschäftigen wollen. Viele von ihnen nutzen daher die Kleinunternehmerregelung. Dadurch brauchen sie keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen. Auch die monatliche oder quartalsweise Abgabe einer Umsatzsteuervoranmeldung fällt somit weg.
Rückkehr zur Kleinunternehmerregelung
Die Vorteile dieser Regelung wollte auch ein Kleinunternehmer wieder nutzen, über dessen Fall aktuell das Finanzgericht Münster (FG Münster Urteil vom 07.11.2019 - 5 K 1768/19 U) entschieden hat. Sein Unternehmen hatte er bereits 2006 gegründet und sich damals für die Regelbesteuerung entschieden. An diese Entscheidung war er 5 Jahre gebunden und damit verpflichtet, Umsatzsteuer abzuführen. Nachdem er in den Jahren 2011 und 2012 mit seinen Bruttoumsätzen die Kleinunternehmergrenze von 17.500 EUR überschritten hatte, fiel er ab dem Jahr 2013 wieder darunter. Umsatzsteuererklärungen reichte er dennoch weiter beim Finanzamt ein. Erst im Jahr 2018 beantragte er rückwirkend für 2017 den Wechsel zur Kleinunternehmerregelung. Umsatzsteuer hatte er in diesem Jahr bereits nicht mehr auf seinen Rechnungen ausgewiesen.
Das zuständige Finanzamt lehnte den Antrag des Kleinunternehmers jedoch ab. Dass er in den vorhergehenden Jahren weiter Umsatzsteuer abgeführt hatte, wertete die Behörde als Option zur Regelbesteuerung. Entsprechend sah sie ihn für 5 Jahre daran gebunden. Eine Möglichkeit, die Kleinunternehmerregelung in Anspruch zu nehmen, gäbe es demnach erst wieder für das Jahr 2021.
Auslöser der Bindungsfrist
Gegen die Entscheidung seines zuständigen Finanzamtes klagte der Unternehmer vor dem Finanzgericht Münster und bekam Recht. Tatsächlich kann der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung bereits durch das Verhalten eines Steuerpflichtigen erfolgen. Dazu zählt auch die Abgabe einer korrekt erstellten Umsatzsteuererklärung. Allerdings kommt es nach Meinung des Gerichts auf den Einzelfall an. Im Zweifel muss das Finanzamt aktiv beim Unternehmen nachfragen und darf die Option zur Regelbesteuerung nicht voraussetzen.
Hinzu kommt im aktuellen Fall, dass eine erste Bindungsfrist bereits 2010 abgelaufen war. Ab diesem Zeitpunkt hatte der Unternehmer in den Jahren, in denen er die Umsatzgrenze unterschritt, jährlich die Möglichkeit seine Entscheidung zum Verzicht auf die Befreiung von der Umsatzsteuer zu widerrufen. Anderenfalls würde ein Unternehmer immer wieder mit dem Neubeginn einer Bindungsfrist „bestraft“. Daran ändert nach Einschätzung des FG Münster auch die Tatsache nichts, dass im vorliegenden Fall die Umsätze in 2 Jahren über der Grenze für Kleinunternehmer lagen.
Rechtskräftig ist die Entscheidung bisher jedoch nicht, da das Gericht die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen hat. Geführt wird sie dort unter dem Aktenzeichen XI R 34/19.
Praxis-Tipps: Ruhen des Verfahrens beantragen und von höherer Umsatzgrenze profitieren
Unternehmer, die sich ebenfalls für die Regelbesteuerung entschieden hatten und nun zur Kleinunternehmerregelung zurückkehren möchten, sollten bei einer ablehnenden Entscheidung ihres Finanzamts das Ruhen des Verfahrens beantragen. Verweisen sollten sie dabei auf das Verfahren vor dem BFH.
Wer als Unternehmer bisher unter die Regelbesteuerung fiel, da er knapp über dem zulässigen Bruttoumsatz lag, kann künftig von einer höheren Umsatzgrenze profitieren. Durch das „Dritte Bürokratieentlastungsgesetz“ wurde sie von 17.500 EUR auf 22.000 EUR angehoben. Das Gesetz trat zum 01.01.2020 in Kraft und erfasst daher bereits die 2019 erzielten Umsätze.
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