Moderates Konjunkturwachstum für 2019/2020 prognostiziert

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat im März seine Konjunkturwachstumsprognose für dieses und kommendes Jahr nach unten korrigiert. Dafür gibt es zahlreiche Gründe.

Expansionsraten steigen nur langsam

Die deutsche Volkswirtschaft hat im zweiten Halbjahr 2018 ihr Expansionstempo verlangsamt und wird auch in den Jahren 2019 und 2020 nur geringfügig wachsen. Die Hochkonjunktur ist vorerst vorüber. Insgesamt hat sich laut des Sachverständigenrates die wirtschaftliche Grunddynamik verlangsamt. Darüber hinaus wurden in vielen Branchen in Deutschland die Kapazitätsgrenzen erreicht, d.h. es kam zu Arbeitskräfteengpässen.

Wachstum in Zahlen ausgedrückt

Nach dem sehr hohen Tempo des Jahres 2017 sanken die Zuwachsraten im Jahresverlauf 2018 wieder auf ein durchschnittliches Niveau. Das schwache letzte Quartal des Jahres 2018 hat sich auch auf die niedrigen Prognosen der Konjunkturentwicklung für 2019 und 2020 ausgewirkt. Der Sachverständigenrat hat demnach seine Wachstumsprognosen nach unten korrigiert und erwartet in Deutschland jahresdurchschnittliche Zuwachsraten des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,8 % (im Jahr 2019) und 1,7 % (im Jahr 2020).

Faktoren, die den Prognosen für die Jahre 2019 und 2020 zugrunde liegen

Folgende Punkte beeinflussen die Zahlen in 2019/2020:

  • Die Geschäftserwartungen befinden sich auf dem niedrigsten Stand seit mehr als sechs Jahren.
  • Die Produktion und Auftragslage im Verarbeitenden Gewerbe blieben Anfang 2019 moderat und ließen keine dynamische Entwicklung zu. Dies betrifft insbesondere den Fahrzeugbau. Der Verband der deutschen Automobilindustrie hat seine Prognose kräftig nach unten revidiert.
  • Die schwächere Auslandsentwicklung führt zu einer Stagnation bei den Ausfuhren.
  • Sehr gute Auslastung der Bauwirtschaft und die damit einhergehende dynamische Entwicklung der Baupreise; Hintergrund ist u.a. die Diskrepanz zwischen Baugenehmigungen und Baufertigstellungen sowie der ausgeprägte Arbeitskräftemangel im Baugewerbe.
  • Die Binnenwirtschaft, die eher auf die Dienstleistungsbereiche ausgerichtet ist, ist stark und wird eine Rezession im Jahr 2019 verhindern.
  • Der Arbeitsmarkt ist unverändert robust. Der kräftige (saisonbereinigte) Beschäftigungsanstieg zu Jahresbeginn zeigt, dass Unternehmen weiterhin positive Wachstumsraten erwarten.
  • Die Verbraucherpreisinflation dürfte angesichts des niedrigeren Ölpreises geringer ausfallen als im Jahresgutachten 2018/19 erwartet und sorgt neben anderen Faktoren für ein weiterhin recht hohes privates Konsumverhalten.

Schwache Entwicklung der Weltwirtschaft

Einer der wichtigsten Faktoren für die große Abwärtskorrektur der Prognose im Jahr 2019 ist der schwache Ausblick auf die Weltwirtschaft, von der die deutsche Wirtschaft stark abhängig ist. Wegen der schwachen Weltkonjunktur wird die weltweite Nachfrage nach Investitionsgütern verhalten bleiben, weshalb der Sachverständigenrat seine Prognose für das Exportwachstum allein im Jahr 2019 um rund ein Drittel nach unten korrigiert hat.

Hohe Risiken, aber auch Chancen

Die Risiken für die weitere wirtschaftliche Entwicklung sind derzeit sehr hoch. Dazu zählen der unsichere Ausgang der Brexit-Verhandlungen ebenso wie ungelöste Handelskonflikte zwischen den Vereinigten Staaten, Europa und China. Darüber hinaus besteht in Hinblick auf China die Gefahr, dass hier die Wachstumsabschwächung größer als erwartet ausfällt, da die chinesische Volkswirtschaft unter den Zollerhöhungen und den Unsicherheiten im Handelskonflikt mit den USA leidet bzw. weitere Handelshemmnisse die Finanzstabilität in China erheblich belasten könnten. Weitere Risiken liegen in der Finanzmarktstabilität aufgrund der anhaltenden Niedrigzinspolitik, wodurch die Vermögenspreise, insbesondere die Immobilienpreise, deutlich gestiegen sind. Dies birgt ein Risiko von Preiskorrekturen, gerade in einem schwierigen konjunkturellen Umfeld. Darüber hinaus belastet das niedrige Zinsniveau Banken und Lebensversicherer. Ferner stellt die hohe Verschuldung von Staaten und Unternehmen unverändert ein hohes Risiko dar (Beispiel Italien).

Im Gegensatz dazu könnten die genannten Risiken jedoch auch Chancen generieren, wenn beispielsweise Handelskonflikte wider Erwarten schnell gelöst werden können. Dies würde Unsicherheiten abbauen und Wachstumsimpulse in Gang setzen.

Keine Rezession zu erwarten

Die bereits nachlassende weltwirtschaftliche Dynamik hätte unter ungünstigen Bedingungen das Potenzial, die deutsche Wirtschaft in eine Rezession abgleiten zu lassen, doch das wird laut des Sachverständigenrates voraussichtlich nicht passieren. Zwar geht die Überauslastung der deutschen Wirtschaft infolge der niedrigeren Zuwachsraten zurück, doch die positiven Faktoren, wie die robuste Binnenkonjunktur, werden dem entgegenwirken. Auch die Beschäftigungsrate und Lohndynamik werden wohl weiter hoch bleiben.

Dieser Beitrag fasst die ausführliche Konjukturprognose 2019 und 2020 des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zusammen.

Diese Informationen könnten Sie auch interessieren:

Kapitalanlage: Abhängigkeiten des Investitionserfolges - Rationalität vs. Emotionen


Schlagworte zum Thema:  Bruttoinlandsprodukt