Tz. 108

Eine Vorabausschüttung im GmbH-Recht[314] bzw. Abschlagszahlung gem. § 59 AktG führen zu einer Auszahlung eines prognostizierten Gewinns; im GmbH-Recht kann das recht großzügig noch im laufenden Geschäftsjahr geschehen[315], während § 59 AktG sehr restriktive Voraussetzungen aufstellt und eine Abschlagszahlung nur nach Schluss des Geschäftsjahres zulässt. Die pauschale Behauptung, dass der erhaltene Betrag durch Passivierung eines bedingten Rückzahlungsanspruchs zu neutralisieren ist[316], überzeugt nicht. Vielmehr ist zu differenzieren. Werden vor dem Abschluss des Geschäftsjahres bereits Vorabausschüttungen an die GmbH-Anteilseigner geleistet, sind die erhaltenen Beträge bei den Gesellschaftern zu aktivieren. Wird nach den "Tomberger"-Grundsätzen die Vorabausschüttung durch einen zeitgerechten Gewinnverwendungsbeschluss legitimiert, bedarf es keiner Neutralisierung. Das muss sogar dann gelten, wenn der empfangende Gesellschafter nicht die Mehrheitsherrschaft innehat, weil das Behalten des Gewinns gerade nicht mehr von einem Gesellschafterbeschluss abhängt, sondern allein davon, dass tatsächlich ein entsprechender Gewinn ausgewiesen werden kann. Selbst beim Fehlen eines zeitgerechten Gewinnverwendungsbeschlusses bei der vorab ausschüttenden GmbH wird man dem vereinnahmenden Gesellschafter zubilligen müssen, den erhaltenen Betrag nicht zu neutralisieren, sondern allein dann einen bedingten Rückzahlungsanspruch anzusetzen, wenn sich noch nicht absehen lässt, ob der vorab ausgeschüttete Betrag tatsächlich im Jahresabschluss der GmbH so ausgewiesen werden wird.[317] Hingegen ist die Abschlagszahlung gem. § 59 AktG bei zeitgleichen Geschäftsjahren nach den "Tomberger"-Grundsätzen nur beim beherrschenden Aktionär zu aktivieren. In anderen Konstellationen ist die Abschlagszahlung nicht zu aktivieren, weil sie einerseits von einer Vorstandsentscheidung abhängt und andererseits erst nach Abschluss des Geschäftsjahres, d. h. nach dem Stichtag zufließt.

[314] Diese ist gesetzlich nicht geregelt; siehe Verse, in: Scholz, GmbHG, § 29 GmbHG Rn. 106 ff.
[315] Verse, in: Scholz, GmbHG, § 29 GmbHG Rn. 106.
[316] So aber Oser/Orth/Wirtz, DB 2015, 197 (199).
[317] Erreicht der ermittelte Jahresgewinn nicht den Ausschüttungsbetrag, sind freie Rücklagen aufzulösen (Verse, in: Scholz, GmbHG, § 29 GmbHG Rn. 109), um die Vorabausschüttung zu legitimieren. Die Bedenken von Kirsch, DStZ 2015, 103 (106) sind nur berechtigt, wenn die GmbH kein freies Vermögen mehr hat.

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