Dr. Thilo Schülke, Prof. Dr. Heribert Anzinger
a) Überblick
Tz. 661
§ 255 HGB konkretisiert die in § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB angesprochenen Anschaffungs- und Herstellungskosten. Abs. 1 regelt, welche Kosten Anschaffungskosten sind, Abs. 2 welche Kosten in die Herstellungskosten einzubeziehen sind. In Abs. 2a wird konkretisierend festgelegt, wie Herstellungskosten im Falle selbsterstellter immaterieller Vermögensgegenstände zu ermitteln sind. Abs. 3 betrifft die Behandlung von Fremdkapitalzinsen. Abs. 4 schließlich konkretisiert den in § 253 Abs. 1 Satz 3–4 HGB erwähnten Begriff des beizulegenden Zeitwerts (§ 253 HGB).
b) Entstehungsgeschichte
Tz. 662
Die Vorschrift ist zusammen mit § 253 HGB durch das BiRiLiG eingefügt worden (vgl. Tz. 75). Änderungen hat sie vor allem durch das BilMoG 2009 erfahren. Verpflichtend wurde die Einbeziehung bestimmter Gemeinkosten in die Herstellungskosten nach § 253 Abs. 2 HGB vorgeschrieben, die vorher zwar freiwillig (Wahlrecht) einbezogen werden durften, aber nicht mussten. Damit wurde neben der Steigerung der Informationsfunktion des Jahresabschlusses die Anpassung an den steuerrechtlichen Herstellungskostenbegriff bezweckt. Abs. 2a entstand, weil das Verbot zur Aktivierung selbstgeschaffener Immaterialgüter in ein Wahlrecht geändert und mithin die Definition dafür ansetzbarer Herstellungskosten erforderlich wurde. Abs. 4 kam ebenfalls 2009 neu ins HGB, das bis dahin den Begriff des beizulegenden Zeitwerts (nunmehr § 253 Abs. 1 Satz 3–4 HGB) nicht kannte. Mit dem BilRuG von 2015 wurde in Abs. 1 Satz 3 präzisiert, dass nur einzelnen Vermögensgegenständen zurechenbare Anschaffungspreisminderungen abgesetzt werden dürfen bzw. müssen.
c) Geltungsbereich
Tz. 663
Die Vorschrift gilt für alle bilanzierungspflichtigen Kaufleute. Die Präzisierung in Abs. 1 Satz 3 gilt für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2015 beginnen (Art. 75 Abs. 1 EGHGB). Im Übrigen die Vorschrift ist in der Fassung des BilMoG gem. Art. 66 Abs. 3 EGHGB zwingend anzuwenden auf alle Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2009 beginnen. Eine frühere Anwendung ist gem. Art. 66 Abs. 3 Satz 6 zulässig. Der Vollkostenansatz des § 255 Abs. 2 HGB findet aber nur auf Herstellungsvorgänge Anwendung, die nach dem 31.12.2009 begonnen haben (Art. 66 Abs. 3 Satz 3 EGHGB), dasselbe gilt für die Anwendung des Abs. 2a im Hinblick auf selbstgeschaffene immaterielle Vermögenwerte.
d) Rechtspolitische Diskussion und Entwicklungsperspektiven
Tz. 664
Auf die Ausführungen zu § 253 HGB wird verwiesen (vgl. Tz. 80).