a) Aufwand für die Gründung des Unternehmens

 

Tz. 408

Aufwendungen nach Abs. 1 Nr. 1 sind solche, die nicht zweckgerichtet und tatsächlich der Anschaffung oder Herstellung eines VG, sondern der Schaffung des Unternehmens als rechtliches Gebilde dienen. Die Verwendung des Begriffes "Unternehmen" wirft die Frage auf, ob auch Aufwand für die Gründung des Rechtsträgers erfasst ist. § 26 Abs. 2 AktG versteht den Begriff des Gründungsaufwandes allein bezogen auf den Rechtsträger und verlangt die Aufnahme von Aufwand für die Gründung des Geschäftsbetriebs gerade nicht.[416] Das spricht dafür, dass auch bilanzrechtlich zwischen Gründungsaufwand für den Rechtsträger und Gründungsaufwand für das Unternehmen unterschieden werden sollte. Gleichwohl soll nach einhelliger Auffassung auch der Aufwand für die Gründung des Rechtsträgers erfasst sein.[417] Dafür wiederum spricht, dass Ingangsetzungsaufwand für den Geschäftsbetrieb bis zum Inkrafttreten des BilMoG gem. § 269 HGB a. F. als Bilanzierungshilfe angesetzt werden durfte, das Gesetz den Aufwand für die Unternehmensgründung i. S. d. Abs. 1 Nr. 1 also gerade nicht lediglich gleichbedeutend mit Aufwand für die Ingangsetzung des Unternehmens versteht. Zu den Gründungskosten in diesem weiten Verständnis zählen insbesondere:

  • Beurkundungsaufwand (insb. Notargebühren)
  • Gerichtskosten (z. B. für die Eintragung)
  • Genehmigungskosten
  • Kosten der Gründungsprüfung
  • Gutachterkosten für die Bewertung von Sacheinlagen
  • Beraterkosten, z. B. für die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages
  • Reisekosten der Gründer
 

Tz. 409

Alle diese Kosten stellen weder Anschaffungs- noch Herstellungskosten i. S. d. § 255 HGB dar, die einem Vermögensgut zugerechnet werden können. Ohne das Vorliegen einer ausdrücklichen Regelung, die "etwas anderes" i. S. d. § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB bestimmt, wie sie mit der Bilanzierungshilfe des § 269 HGB a. F. im Gesetz stand, können diese Aufwendungen nicht werterhöhend aktiviert werden.

[416] Limmer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 26 AktG Rn. 8.
[417] ADS, § 248 HGB Rn. 4; Ballwieser, in: MüKo-HGB, § 248 HGB Rn. 5; Hennrichs, in: MüKo-AktG, 2. Aufl., § 248 HGB Rn. 7; Baetge u. a., in: HdR, § 248 HGB Rn. 5 ff.

b) Bilanzierung von Eigenkapitalbeschaffungskosten

 

Tz. 410

Aufwand für die Beschaffung von Eigenkapital liegt vor, wenn der Aufwand nicht zweckgerichtet und tatsächlich der Anschaffung oder Herstellung von Vermögensgegenständen, sondern nur dazu dient, den Rechtsträger mit Eigenkapital auszustatten. Auch Abs. 1 Nr. 2 hat damit allein klarstellende Funktion, da dieser Aufwand keinem Vermögensgegenstandwerterhöhend zugerechnet werden kann. Seit der Streichung des § 269 HGB a. F. stellt sich auch die Frage der Abgrenzung von Ingangsetzungs- und Eigenkapitalbeschaffungsaufwand nicht mehr, weil beides nicht aktivierbar ist. Erfasst von Abs. 2 Nr. 2 sind sowohl Aufwendungen für Kapitalaufbringung als auch für Kapitalerhöhung.[418] Aufwand für Fremdkapitalkosten ist nicht angesprochen (kein generelles Verbot von Kapitalbeschaffungskosten)[419], müsste aber Anschaffungskosten/Herstellungskosten darstellen (§ 255 HGB, vgl. Kapitel 6 Tz. 665 ff.).[420] Im Falle von Mezzanine-Kapital kommt es daher theoretisch darauf an, ob die Finanzierung eigenkapitalähnlich ist; dann scheidet Ansatz des Beschaffungsaufwandes aus; möglich wäre grundsätzlich z. B. Ansatz von Aufwand für Druckkosten für Gewinn- und Wandelschuldverschreibungen.[421] Praktisch ist das jedoch ohne Belang, weil diese Kosten keinem Vermögensgegenstandwerterhöhend zugerechnet werden können und deshalb nicht aktiviert werden können.[422] Es besteht aber die Möglichkeit der aktiven Rechnungsabgrenzung gem. § 250 Abs. 3 HGB, etwa bei "vorausbezahltem" Zins für Fremdkapital, weil dieser gerade nicht das Vorliegen eines Vermögensgegenstands verlangt.[423]

[418] ADS, § 248 HGB Rn. 7.
[419] Förschle/Usinger, in: BeckBilKo, § 248 HGB Rn. 4.
[420] Baetge u. a., in: HdR, § 248 HGB Rn. 11.
[421] ADS, § 248 HGB Rn. 9.
[422] Zutreffend Baetge u. a., in: HdR, § 248 HGB Rn. 11 ff.
[423] Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 248 HGB Rn. 4.

c) Bilanzierung von Aufwendungen für den Abschluss von Versicherungsverträgen

 

Tz. 411

Aufwand für den Abschluss von Versicherungsverträgen ist insbes. die Abschlussprovision. Ferner zählen dazu alle sonstigen betrieblichen Aufwendungen, die unmittelbar oder mittelbar durch den Abschluss der Versicherungsverträge verursacht werden,[424] etwa:[425]

  • Kosten für die Bearbeitung und Aufbewahrung des einzelnen Versicherungsvertrages
  • Kosten für Werbung
  • Kosten für Drucksachen
  • Kosten für die Schulung von Außendienstmitarbeitern
 

Tz. 412

Diese Aufwendungen führen zwar zur Entstehung einer Forderung des Versicherers gegen den Versicherungsnehmer auf Zahlung des Versicherungsbeitrags. Die Aktivierung dieser Forderung, die als solche grundsätzlich ohne weiteres abstrakt aktivierbar (näher § 246 HGB, vgl. Tz. 44) ist, scheitert aber am Grundsatz der Nichtbilanzierung schwebender Geschäfte (vgl. Tz. 18). Allerdings bleibe die Möglichkeit, die Abschlusskosten aktiv abzugrenzen (§ 250 Abs. 3 HGB) und den Aufwand so auf die Laufzeit des Versicherungsvertrages zu verteilen. Diese Möglichkeit schließt Abs. 1 Nr. 3 ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Merkt, Rechnungslegung nach HGB und IFRS (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge