Tz. 41

§ 331 Nr. 1 HGB setzt Vorsatz voraus (§ 15 StGB i. V. m. Art. 1 Abs. 1 EGStGB), bedingter (dolus eventualis) genügt. Dieser ist bereits dann zu bejahen, wenn der Täter die Unrichtigkeit der Darstellung für möglich hält und sich mit dem Risiko der Tatbestandsverwirklichung abfindet (vgl. Tz. 44).[80] Die fahrlässige Tatbestandsverwirklichung steht dagegen nicht unter Strafe (anders § 331 Nr. 1a, 3 HGB und § 283 Abs. 5 StGB).

 

Tz. 42

Der Glaube an die materielle Richtigkeit einzelner Buchungssätze oder Bilanzpositionen führt zu einem vorsatzausschließenden Tatbestandsirrtum gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB. Dies gilt unabhängig davon, ob der Irrtum vorwerfbar war und ob er auf falschen tatsächlichen oder (bilanz-)rechtlichen (z. B. Unkenntnis der Aktivierungsverbote in § 248 HGB) Vorstellungen beruht, da es sich beim Merkmal der Unrichtigkeit um kein Blankett, sondern um ein rechtsnormatives Tatbestandsmerkmal (vgl. Tz. 19) handelt.[81] Hält der Täter eine Darstellung i. Erg. für unzutreffend reicht dies aus; der Subsumtionsstoff der vorgelagerten Bezugsnormen braucht nicht (zwingend) sinnlich wahrgenommen worden sein (vgl. Tz. 44).

 

Tz. 43

Ein Verbotsirrtum i. S. d. § 17 StGB liegt dagegen vor, wenn der Täter annimmt, die unrichtige Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft sei (ausnahmsweise) erlaubt (etwa aus Geheimhaltungsinteressen gegenüber der Konkurrenz). An die Unvermeidbarkeit sind dabei strenge Maßstäbe anzulegen, da sich die Vorschriften nur an bestimmte Berufsgruppen richten. Schließlich ist es zumutbar, sich vorab mit den für die eigene Berufsausübung maßgeblichen Vorschriften zu befassen.[82] Anwaltlicher Rat kann im Einzelfall entlasten, es sei denn, die Anfrage hat nur "Feigenblattfunktion".[83]

 

Tz. 44

Geht es um vorsatzrelevante Umstände reicht der bloße Verzicht auf eine Überprüfung eines von Angestellten der Buchhaltung erstellten Abschlusses noch nicht aus, um dolus eventualis bejahen zu können.[84] Wenn der Täter aber weiß oder billigt, dass bestimmte Werte im Ergebnis falsch sind, ist es für die Bejahung des Vorsatzes nicht erforderlich, dass der Täter sich bei der Tat konkrete Vorstellungen über die tatsächlich erfolgten Geschäftsvorgänge, die im Einzelnen wirklich vorhandenen einzelnen Vermögensgegenstände, Vorräte, Forderungen, tatsächlich geleistete oder erhaltene Anzahlungen etc. macht.[85] Dies wäre gerade in größeren Betrieben, bei denen Zahlen aus verschiedenen Abteilungen zusammengetragen werden, völlig lebensfremd.

[80] Näher Sternberg-Lieben/Schuster, in: Schönke/Schröder, StGB, § 15 StGB Rn. 83.
[81] Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, München 2012, 181 f.; ebenso Ransiek, in: Achenbach/Ransiek/Rönnau, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, VIII/1 Rn. 61; i. Erg. auch Lindheim, Der Einfluss des IFRS auf das deutsche Bilanzstrafrecht, Hamburg 2013, 264 ff. mit einem eigenen Ansatz; a. A. wohl nur Schaal, in MüKo-AktG, § 400 AktG Rn. 49.
[82] Sternberg-Lieben/Schuster, in: Schönke/Schröder, StGB, § 17 StGB Rn. 17.
[83] BGH v. 11.10.2012, 1 StR 213/10, NJW 2013, 93 (97); ausführlich zur Einholung von Rechtsrat Sternberg-Lieben/Schuster, in: Schönke/Schröder, StGB, § 17 StGB Rn. 18.
[84] Altenhain, in: KK-RechnR, § 331 HGB Rn. 74; Dannecker, in: GroßKo-HGB, § 331 HGB Rn. 78.
[85] A. A. Lindheim, Der Einfluss des IFRS auf das deutsche Bilanzstrafrecht, Hamburg 2013, 269 f., der sowohl Kenntnisse des Subsumtionsstoffes als auch der Rechtsfolge der Vorfeldnorm verlangt.

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