Tz. 39

§ 331 Nr. 1 HGB ist zwar kein Erfolgsdelikt. Die Tat ist jedoch mit Blick auf den Schutzzweck erst vollendet, wenn von der Rechnungslegung mindestens einer der in Frage kommenden Adressaten (Mitglieder des Aufsichtsrates, Aktionäre, Gesellschafter, außenstehende Personen) die Möglichkeit der Kenntnisnahme bekommen hat. Nicht ausreichend ist bei § 331 Nr. 1 HGB allerdings die Vorlage an den Abschlussprüfer, der die Richtigkeit gerade prüfen soll (diesen Fall regelt jedoch § 331 Nr. 4 HGB, vgl. Tz. 63 ff.)[77], wohl aber die interne Weitergabe an andere Gesellschaftsorgane, Gesellschafter, (Kommandit-)Aktionäre etc.[78] Unproblematisch vollendet ist die Tat bei Einreichung des Abschlusses beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers (§ 325 HGB) und dortiger Bekanntgabe oder sonstiger Veröffentlichung.[79]

 

Tz. 40

Der Versuch ist nicht strafbar. Aufgrund des relativ frühen Vollendungszeitpunkts entstehen jedoch keine Strafbarkeitslücken. Im Gegenteil bleibt die Tat selbst dann strafbar, wenn die Darstellung frühzeitig, d. h. vor Eintritt einer echten Rechtsgutsverletzung (z. B. Maßnahmen im Vertrauen auf die Richtigkeit), berichtigt wird. Ein Rücktritt gem. § 24 StGB ist aufgrund der formalen Vollendung ausgeschlossen. Naheliegend ist in solchen Fällen aber eine Einstellung des Verfahrens nach den §§ 153 ff. StPO.

[77] Waßmer, in: MüKo-BilR, § 331 HGB Rn. 54; a. A. Ransiek, in: Achenbach/Ransiek/Rönnau, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, VIII/1 Rn. 60.
[78] Ransiek, in: Achenbach/Ransiek/Rönnau, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, VIII/1 Rn. 59; a. A. Altenhain, in: KK-RechnR, § 331 HGB Rn. 75 ff., der beim Jahresabschluss auf die Billigung durch den Aufsichtsrat abstellt.
[79] Ransiek, in: Achenbach/Ransiek/Rönnau, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, VIII/1 Rn. 56.

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