Tz. 134

Die Offenbarung oder Verwertung muss unbefugt geschehen. Dies ist der Fall, wenn sie ohne Zustimmung des Verfügungsberechtigten und ohne ein Recht zur Mitteilung erfolgt. Teilweise wird so bereits der Tatbestand begrenzt, teilweise geht es aber auch um das allgemeine Deliktsmerkmal der Rechtswidrigkeit.[189]

[189] Vgl. Cierniak/Pohlit, in: MüKo-StGB, § 203 StGB Rn. 54; Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 StGB Rn. 21.

aa) Einverständnis und Einwilligung

 

Tz. 135

Stimmt der zur Abgabe einer solchen Erklärung Befugte der Offenbarung oder Verwertung des Gesellschaftsgeheimnisses zu, liegt ein Einverständnis vor; die Strafbarkeit entfällt bereits auf Tatbestandsebene. Dies gilt unabhängig davon, ob durch eine allgemeine Offenbarung bereits der Geheimnischarakter verloren geht (vgl. Tz. 125 ff.) oder die Information gegenüber sonstigen Dritten weiterhin als Geheimnis geschützt bleiben soll.[190] Zuständig für die Entbindung sind die vertretungsberechtigten Organe. Nach einer wohl nicht mehr als h. M. zu bezeichneten Ansicht[191] kann ein Insolvenzverwalter nicht ohne zusätzliche Erklärung der früheren gesetzlichen Vertreter von der Schweigepflicht entbinden. Diese Ansicht ist mittlerweile im Rückzug befindlich; sie erscheint auch zweifelhaft, insbesondere in Bezug auf Wirtschaftsprüfer, wo ganz offensichtlich nur mit der Gesellschaft (und nicht mit den Organen persönlich) ein Mandatsverhältnis begründet wird.[192] Entsprechendes gilt für den Wechsel der vertretungsberechtigten Organe.

 

Tz. 136

Eine mutmaßliche Einwilligung kann die Offenbarung eines Geheimnisses rechtfertigen, wenn die Entscheidung des zuständigen Organs nicht eingeholt werden kann und das Handeln im Interesse des Unternehmens liegt.[193] Bei Straftaten eines Vorstandsmitglieds sind allerdings i. d. R. vorrangig die übrigen Vorstandsmitglieder zu informieren, bei Straftaten des gesamten Vorstands die Aufsichtsratsmitglieder, bei Straftaten des Aufsichtsrats die Hauptversamm­lung.[194] Diese können dann stellvertretend eine Entbindung im Interesse der Gesellschaft vornehmen. Zu § 34 StGB (Notstand) vgl. Tz. 140.

[190] Altenhain, in: KK-RechnR, § 333 HGB Rn. 40; Quedenfeld, in: MüKo-HGB, § 333 HGB Rn. 20; Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 StGB Rn. 21; differenzierend Dannecker, in: GroßKo-HGB, § 333 HGB Rn. 59; Sorgenfrei, in: MüKo-StGB. § 333 HGB Rn. 44, 51 ff.; Waßmer, in: MüKo-BilR, § 333 HGB Rn. 23.
[191] Dannecker, in: GroßKo-HGB, § 333 HGB Rn. 76; Grottel/Hoffmann, in: BeckBilKo, § 333 HGB Rn. 13; Sorgenfrei, in: MüKo-StGB, § 333 HGB Rn. 53; Waßmer, in: MüKo-BilR, § 333 HGB Rn. 50; jeweils unter Bezugnahme auf OLG Düsseldorf v. 14.12.1992, 1 Ws 1155/92, wistra 1993, 120; OLG Koblenz v. 22.02.1985, 2 VAs 21/84, NStZ 1985, 426; OLG Schleswig v. 27.05.1980, 1 Ws 160/80, 1 Ws 161/80, NJW 1981, 294.
[192] So OLG Oldenburg v. 28.05.2004, 1 Ws 242/04, NJW 2004, 2176; OLG Nürnberg v. 18.06.2009, 1 Ws 289/09, NZI 2009, 817; LG Bonn v. 13.02.2012, 27 Qs 21/11, NZI 2012, 686; Kiethe, NZI 2006, 267; nunmehr auch Meyer-Goßner/Schmitt, Straf­prozessordnung, 59. Aufl., München 2016, § 53 StPO Rn. 46b.
[193] Dannecker, in: GroßKo-HGB, § 333 HGB Rn. 82.
[194] Quedenfeld, in: MüKo-HGB, § 333 HGB Rn. 40.

bb) Gesetzliche Offenbarungspflichten

 

Tz. 137

Kommt der Abschlussprüfer seiner Pflicht gem. § 321 Abs. 1 HGB nach, gegenüber den Mitgliedern des vertretungsberechtigten Organs bzw. gegenüber dem Aufsichtsrat über Art und Umfang sowie über das Ergebnis der Prüfung zu berichten, scheidet eine Strafbarkeit aus. Gegenüber dem Konzernabschlussprüfer ergibt sich eine Vorlage- und Auskunftspflicht aus § 320 Abs. 3 Satz 2 HGB. Im Falle des Abschlussprüferwechsels muss der bisherige Abschlussprüfer nach § 320 Abs. 4 HGB dem neuen Abschlussprüfer berichten. Im Insolvenzfall ist den Gläubigern und Gesellschaftern nach § 321a HGB Einsicht in die Prüfungsberichte der letzten 3 Jahre zu gewähren. Die Beschäftigten der Prüfstelle sind nach § 342b Abs. 6 HGB gegenüber der BaFin berichtspflichtig, ferner besteht eine Mitteilungspflicht gegenüber der Staatsanwaltschaft bei Straftaten nach § 342b Abs. 8 Satz 1 HGB, bei Berufspflichtverletzungen gegenüber der WPK nach § 342b Abs. 8 Satz 2 HGB. Die Verschwiegenheitspflicht bleibt dabei gegenüber anderen bestehen.

 

Tz. 138

Aus § 333 HGB folgt kein Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrecht.[195] Soweit dem Abschlussprüfer und seinen Gehilfen ein solches aus den §§ 53 Abs. 1 Nr. 3, 53a StPO, § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO, § 98 VwGO, § 102 Abs. 1 Nr. 3b AO etc. zusteht, müssen sie davon allerdings Gebrauch machen. Wurden sie von den vertretungsberechtigten Organen entbunden oder besteht schon kein Zeugnisverweigerungsrecht, namentlich beim Mitarbeiter der Prüfstelle, ist die Offenbarung dagegen nicht unbefugt. Eine Offenbarungspflicht gegenüber Strafverfolgungsorganen besteht allerdings auch für Wirtschaftsprüfer im theoretischen Falle einer Anzeigepflicht nach § 138 StGB (Nichtanzeige geplanter Straftaten), wobei die dort genannten Delikte (Mord, Totschlag, Raub etc.) i. d. R. nicht einschlä...

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