Tz. 35

Gem. § 323 Abs.  4 HGB kann die Haftung gem. § 323 Abs.  1 Satz 3 HGB weder ausgeschlossen noch beschränkt werden. Daher können weder die Pflichten noch die Rechtsfolgen abbedungen werden.[109] Ein Vergleich bzw. Verzicht über bereits entstandene (d. h. bekannte) Ersatzansprüche ist möglich.[110] Hingegen können die Haftungsobergrenzen durch vertragliche Vereinbarung erhöht werden. Berufsrechtliche Grundsätze (§ 16 Berufssatzung)[111] sind zumindest im Außenverhältnis unbeachtlich und stehen dem nicht entgegen.[112]

 

Tz. 36

Bemerkt ein Dienstleister im Nachhinein einen Fehler, hat er diesen seinem Auftraggeber offenzulegen. Unterbleibt das, trifft ihn die Sekundärhaftung.[113] Diese zu Lasten von Architekten, Rechtsanwälten und Steuerberatern entwickelte Sekundärhaftung will der Bundesgerichtshof nicht zu Lasten von Abschlussprüfern anwenden.[114] Er verweist auf darauf, dass der Abschlussprüfer nur den JA prüft und ihn darüber hinaus keine weitere Aufklärungs- und Beratungspflichten treffen.[115]

[109] Bormann/Greulich, in: MüKo-BilR, § 323 HGB Rn. 115.
[110] Bormann/Greulich, in: MüKo-BilR, § 323 HGB Rn. 116; Ebke, in: MüKo-HGB, § 323 HGB Rn. 73; Habersack/Schürnbrand, in: GroßKo-HGB, § 323 HGB Rn. 50.
[111] Satzung der Wirtschaftsprüferkammer über die Rechte und Pflichten bei der Ausübung der Berufe des Wirtschaftsprüfers und des vereidigten Buchprüfers (Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer – BS WP/vBP) vom 11. Juni 1996 (BAnz. S. 7509), in Kraft getreten am 15. September 1996 (BAnz. S. 11077).
[112] So wie hier Bormann/Greulich, in: MüKo-BilR, § 323 HGB Rn. 117; Müller, in: KK-RechnR, § 323 HGB Rn. 95; ausführlich zum Ganzen Kersting, Zulässigkeit und Wirksamkeit von Haftungserweiterungen bei Wirtschaftsprüfern in: Dekan der Juristischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (Hrsg.), Wissenschaftsrecht und Wissenschaftspraxis – Freundesgabe der Juristischen Fakultät für Professor Ulf Pallme König zum 65. Geburtstag, Baden-Baden 2014, S. 179 ff., der die fehlende Ermächtigungsgrundlage (S. 180 ff.) und die Nichtanwendung von § 134 BGB (S. 184 ff.) herausarbeitet; s. auch Ebke, in: MüKo-HGB, § 323 HGB Rn. 73, dessen Argumentation allein auf eine berufsrechtliche Beachtlichkeit von § 16 Berufssatzung hindeutet; zum kartellrechtlichen Problem mit Art. 101 AEUV s. Habersack/Schürnbrand, in: GroßKo-HGB, § 323 HGB Rn. 51.
[113] Zweifelnd Müller, in: KK-RechnR, § 323 HGB Rn. 103, der die Sekundärhaftung durch die Reform des Verjährungsrechts bei der Schuldrechtsreform für obsolet geworden hält. Zumindest für Architekten scheint der BJM die Sekundärhaftung nach wie vor anwenden zu wollen, BGH v. 28.1.2016, VII ZR 266/14 Rn. 33 (juris).

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