Tz. 30

Eine Konsolidierung unmittelbar nach Abs. 1 kommt insbesondere in folgenden Fällen in Betracht:

  • Beherrschung infolge Präsenzmehrheit. Dem Mutterunternehmen steht zwar nicht die absolute Mehrheit der Stimmrechte zu. Wegen der Zusammensetzung des Gesellschafter-/Aktionärskreises wird jedoch in der Gesellschafter-/Hauptversammlung nicht mit dem Erscheinen aller Gesellschafter/Aktionäre gerechnet und die Beteiligung des Mutterunternehmens führt unter Berücksichtigung der üblichen Präsenz zu einer beherrschungsvermittelnden relativen Mehrheit. Die Präsenzmehrheit darf nicht nur zufällig zustande kommen. Es muss sich vielmehr aufgrund von Erfahrungswerten aus der Vergangenheit ableiten lassen, dass die Beteiligungsquote des wesentlich beteiligten Gesellschafters bei gleichbleibenden Verhältnissen für eine (relative) Mehrheit ausreicht.[85]
  • Potenzielle Stimmrechte (die für Zwecke des Abs. 2 Nr. 1 nicht zählen), können Indikator für beherrschenden Einfluss sein. Dies sind Rechte, die auf den Erwerb von mit Stimmrechten verknüpften Anteilen gerichtet sind (z. B. aus Optionsanleihen, Wandelschuldverschreibungen, Anteilskaufoptionen oder ähnlichen Instrumenten). Der Berechtigte kann zwar aufgrund der Erwerbsrechte noch keine Stimmrechte ausüben. Die Erwerbsrechte hingegen müssen ausübbar sein und das Mutterunternehmen muss rechtlich und wirtschaftlich in der Lage sein, sie auszuüben. Das bloße Bestehen dieser Erwerbsrechte reicht demgegenüber (noch) nicht.[86]
  • Vertragliche Rechte (außerhalb von Beherrschungsverträgen o. ä.) können in Ausnahmefällen zu einer Beherrschung führen. Voraussetzung ist, dass sie zu einer (wirtschaftlichen) Abhängigkeit des Unternehmens führen, die es auf gewisse Dauer von den Entscheidungen der anderen Vertragspartei abhängig macht und es nicht in der Lage ist, sich aus eigener Machtstellung aus dieser Abhängigkeit zu befreien. In Anlehnung an IFRS 10 sind Fälle denkbar, bei denen eine Abhängigkeit von einzelnen, aber essentiellen Leistungs-, Produktions- oder Finanzierungsfaktoren gegeben ist (z. B. Abhängigkeit vom (einzigen) Lizenzgeber, Abhängigkeit vom (einzigem) Kreditgeber in Sanierungsfällen).[87]
[85] DRS 19.70 ff.; Kraft/Link, ZGR 2013, 514 (529 f.).
[86] DRS 19.75 ff.; Kraft/Link, ZGR 2013, 514 (530).
[87] Kraft/Link, ZGR 2013, 514 (530); vgl. auch DRS 19.14.

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