A. Überblick

 

Rn. 1

Stand: EL 14 – ET: 02/2012

Der Text des § 29 GmbHG ist durch das BiRiLiG vom 19.12.1985 neu gefasst worden. Während das alte Recht von dem Grundsatz ausging, dass der Gewinn in voller Höhe an die Gesellschafter ausgeschüttet wird, soll die Neufassung des § 29 GmbHG eine Gewinnthesaurierung erleichtern. Dabei ist von Bedeutung, dass es nach neuem Recht nicht mehr möglich ist, stille Reserven zu legen (vgl. §§ 274 f.). Im alten Recht waren nach überwiegender Auffassung stille Reserven auch in Form von Willkürreserven zulässig (vgl. Emmerich 2006, § 29 GmbHG, Rn. 68).

 

Rn. 2

Stand: EL 14 – ET: 02/2012

Die dispositive Regelung des 1985 neu gefassten § 29 GmbHG soll einen Ausgleich für das Verbot, stille Reserven zu legen, bieten, indem er die Gesellschafter ermächtigt, mit einfacher Mehrheit einen Gewinnvortrag oder eine Einstellung in die Rücklagen zu beschließen (vgl. Abs. 2). Abs. 1 stellt außerdem klar, dass ein Anspruch auf Gewinn nur im Rahmen dieses von den Gesellschaftern zu fassenden Beschlusses (vgl. HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 40 ff.) und nur in dem Umfang besteht, der durch Gesetz (vgl. HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 22 ff.) und Satzung (vgl. HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 26 ff.) der Gewinnverteilung eröffnet ist (vgl. auch BGH-Urt. v. 17.02.1997, BGHZ 134, S. 365, 367). Eine Besonderheit stellt in diesem Zusammenhang der § 29 Abs. 4 GmbHG dar, der eine Ermächtigung der Gf zur Bildung bestimmter, genau umschriebener Rücklagen (z. B. ›Wertaufholungsrücklage‹), enthält, diese Befugnis aber an die Zustimmung der Gesellschafter oder eines Aufsichtsrats bindet. Diese Vorschrift erleichtert die Bildung betriebsnotwendiger Rücklagen und lässt insoweit das in § 29 Abs. 1 GmbHG geschützte Gewinninteresse der Gesellschafter zurücktreten. Unabhängig von dem in § 29 Abs. 2 GmbHG geschaffenen Entscheidungsspielraum steht es den Gesellschaftern nach wie vor offen, durch Satzung die Bildung beliebiger offener Rücklagen anzuordnen oder zuzulassen sowie Regelungen über die Mehrheitserfordernisse für entsprechende Gesellschafterbeschlüsse zu treffen (vgl. Lutter/Hommelhoff 2009, § 29 GmbHG, Rn. 36 ff.). Zudem ist die gesetzliche Ermächtigung zum Ausschluss der Vollausschüttung ihrerseits vertragsdispositiv, d. h., die Satzung kann generell eine teilweise oder gänzliche Ausschüttung des Gewinns verbindlich anordnen (statutarisches Ausschüttungsgebot).

Für die Altgesellschaften (d. h. Gesellschaften, die vor dem 01.01.1986 im Handelsregister eingetragen wurden) gilt allerdings zunächst weiterhin der Grundsatz der Vollausschüttung (vgl. hierzu auch Joost, D. 1992, S. 311 f.). Der Gesetzgeber hat für diese Altgesellschaften in § 7 Abs. 1 GmbHÄndG eine Übergangsregelung geschaffen, deren wesentliches Element darin liegt, durch eine vorläufige Registersperre die Gesellschafter einer solchen Gesellschaft dazu anzuhalten, ihre Verwendungsverfassung zu überprüfen und ggf. durch Satzungsänderung der neuen Rechtslage anzupassen (vgl. auch BGH-Urt. v. 26.09.1988, BGHZ 105, S. 206). Vorher werden sonstige Satzungsänderungen (z. B. Kapitalerhöhung usw.) nicht in das Handelsregister eingetragen (vgl. HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 57 ff.).

 

Rn. 3

Stand: EL 14 – ET: 02/2012

vorläufig frei

B. Gewinnanspruch der Gesellschafter

 

Rn. 4

Stand: EL 14 – ET: 02/2012

§ 29 Abs. 1 GmbHG verleiht den Gesellschaftern grds. einen Anspruch auf den erwirtschafteten Jahresüberschuss der Gesellschaft (modifiziert um evtl. Gewinn- und Verlustvorträge) bzw. den BilG, soweit dieser nach Gesetz, Satzung oder Beschluss der Gesellschafter einer Ausschüttung an die Gesellschafter zugänglich ist. Der Gewinnanspruch des Gesellschafters fließt aus dem Mitgliedschaftsrecht, dem er als bedingter Anspruch (Anwartschaftsrecht) verbunden ist. Durch den Gewinnverwendungsbeschluss wandelt sich dieser mitgliedschaftsrechtliche Anspruch auf Gewinnausschüttung in ein klagbares Forderungsrecht um (zur Beschlussfassung über Bilanzfeststellung und Ergebnisverwendung vgl. Bohl/Schamburg-Dickstein, HdR-E, GmbHG § 42a, Rn. 43 ff.). Der Ausschüttungsanspruch setzt in dem gesetzlich umschriebenen Regelfall des § 29 GmbHG kumulativ voraus (vgl. auch Gutbrod, M. 1995, S. 552 f.):

(1) Aufstellung und ggf. Prüfung des JA;
(2) Ausweis eines Jahresüberschusses, der einen möglichen Verlustvortrag (vgl. HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 11) um einen verteilungsfähigen Betrag übersteigt, bzw. eines BilG (vgl. § 268 Abs. 1 Satz 2), sofern der JA nach teilweiser Gewinnverwendung aufgestellt wurde;
(3) Feststellung des JA durch die Gesellschafterversammlung oder das statutarisch hierfür zuständige Organ;
(4) Beschluss über die Ergebnisverwendung.
 

Rn. 5

Stand: EL 14 – ET: 02/2012

Mit dem Ergebnisverwendungsbeschluss entscheiden die Gesellschafter darüber, welcher Teil des Ergebnisses thesauriert und welcher Teil an die Gesellschafter ausgeschüttet wird. Die Ausschüttung hat dann nach dem Verteilungsmaßstab des § 29 Abs. 3 Satz 1 GmbHG oder nach einem abweichenden statutarischen Maßstab zu erfolgen, ohne dass es eines ­weiteren ›Gewinnverteilungsbeschlusses‹ bedürfte (vgl.

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