I. Definition von Derivaten

 

Rn. 150

Stand: EL 27 – ET: 04/2018

Die Bilanzierung von Finanzinstrumenten richtet sich nach IFRS branchenübergreifend nach einheitlichen Regelungen. Bis zum 31.12.2017 waren hierbei die Vorschriften des IAS 39 anzuwenden. Seit dem 01.01.2018 kommt verpflichtend der Nachfolgestandard IFRS 9 zur Anwendung. Im Folgenden konzentrieren sich die Ausführungen auf die grds. Behandlung von Derivaten nach IFRS 9.

Ein derivatives Finanzinstrument ist definiert als ein Finanzinstrument oder anderer Vertrag im Anwendungsbereich von IFRS 9, der alle drei folgenden Merkmale aufweist:

(1) seine Wertentwicklung ist an einen bestimmten Zinssatz, den Preis eines Finanzinstruments, einen Rohstoffpreis, Wechselkurs, Preis- oder Kursindex, ein Bonitätsrating oder -index oder eine andere Variable gekoppelt, sofern bei einer nicht finanziellen Variablen diese nicht spezifisch für eine der Vertragsparteien ist (auch "Basis" genannt);
(2) es ist keine Anfangsauszahlung erforderlich oder eine, die im Vergleich zu anderen Vertragsformen, von denen zu erwarten ist, dass sie in ähnlicher Weise auf Änderungen der Marktbedingungen reagieren, geringer ist;
(3) die Erfüllung erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt (vgl. IFRS 9 Appendix A).

Von den Derivaten zu unterscheiden sind Finanzgarantien, die anhand der vereinbarten Zahlungsvoraussetzungen abzugrenzen sind. Bei bestimmten kreditbezogenen Garantien ist der Garantienehmer, um eine Zahlung zu erhalten, weder dem Risiko ausgesetzt, dass der Schuldner fällige Zahlungen aus dem durch eine Garantie unterlegten Vermögenswert nicht leistet, noch hat er aufgrund dessen einen Verlust erlitten. Bspw. qualifiziert sich eine Garantie, die Zahlungen bereits für den Fall vorsieht, dass bei einem bestimmten Bonitätsrating oder -index Änderungen eintreten, als ein Derivat i. S. d. IFRS 9 (vgl. IFRS 9.B2.5(b)). Auch bei bestimmten Kreditzusagen, die durch einen Nettoausgleich in bar oder durch Lieferung oder Emission eines anderen Finanzinstruments erfüllt werden können, handelt es sich um Derivate (vgl. IFRS 9.2.3(b)).

II. Bewertung

 

Rn. 151

Stand: EL 27 – ET: 04/2018

Unabhängig von der Derivateigenschaft erfolgt der Erstansatz aller finanziellen Vermögenswerte oder finanziellen Verbindlichkeiten grds. zum Fair Value. Freistehende derivative Finanzinstrumente, wie etwa Optionen, Forwards und Swaps, sind grds. erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert (fair value) zu bilanzieren, da diese immer eine Hebelwirkung aufweisen (vgl. IFRS 9.4.1.4 sowie IFRS 9.B4.1.9). Ausnahmen ergeben sich nur für den Fall, wenn diese i. R.v. Sicherungsbeziehungen (sog. Hedge Accounting) zum Einsatz kommen (vgl. Kuhn/Hachmeister (2015), Teil B, Rn. 290; zu weiteren Ausführungen zum Hedge Accounting HdR-E, Kap 7, Rn. 154). Nach HGB sind derivative Finanzinstrumente grds. schwebende Geschäfte und unterliegen den entsprechenden allg. Bilanzierungsregeln, wobei sich Besonderheiten bei Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen ergeben (vgl. HdR-E, Kap 7, Rn. 1). Daher sind hier wesentliche Bewertungsabweichungen für Derivate zwischen HGB und IFRS zu erwarten.

Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts (fair value): Die Ermittlung des Fair Value der Derivate folgt den Vorgaben des IFRS 13. Darin wird der beizulegende Zeitwert als der Preis definiert, der in einem geordneten Geschäftsvorfall zwischen Marktteilnehmern am Bemessungsstichtag für den Verkauf eines Vermögenswerts eingenommen bzw. für die Übertragung einer Schuld gezahlt würde (vgl. IFRS 13.9). Bei den verwendeten Bewertungstechniken ist darauf zu achten, dass diese unter den jeweiligen Umständen sachgerecht sind und ausreichend Daten zur Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts zur Verfügung stehen. Dabei ist die Verwendung maßgeblicher, beobachtbarer Inputfaktoren möglichst hoch und die nicht beobachtbarer Inputfaktoren möglichst gering zu halten (vgl. IFRS 13.67). Die Bewertung folgt einer dreistufigen Fair Value-Hierarchie (vgl. GAAP-EY (2017), S. 1018), welche auf aktiven Märkten für identische Vermögenswerte und Schulden notierten Preisen (Inputfaktor der Stufe 1) die höchste Priorität einräumt, während nicht beobachtbare Inputfaktoren die niedrigste Priorität erhalten (Inputfaktor der Stufe 3) (vgl. IFRS 13.72).

III. Ausweis

 

Rn. 152

Stand: EL 27 – ET: 04/2018

Ausweisfragen in der Bilanz folgen den allg. Vorschriften nach IAS 1. Angaben im Zusammenhang mit der Fair Value-Bewertung ergeben sich aus IFRS 13. Weitere anzugebende Informationen zu Finanzinstrumenten werden branchenübergreifend in IFRS 7 geregelt. Bestimmte Angaben haben nach sachgerechten Klassen von Finanzinstrumenten zu erfolgen und sind so offenzulegen, dass eine Überleitungsrechnung zu den in der Bilanz ausgewiesenen Posten ermöglicht wird (vgl. IFRS 7.6 sowie Kuhn/Hachmeister (2015), Teil G, Rn. 9; GAAP-EY (2017), S. 4177).

Bei der Darstellung der Finanzinstrumente haben Unternehmen die Möglichkeit, die Buchwerte entweder in der Bilanz oder im Anhang anzugeben (vgl. IFRS 7.8; IFRS-Komm. (2011), IFRS 7, Rn. 40). Die Darstellung von Derivat...

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