Rn. 34

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Durch den vor dem FISG in § 319b (a. F.) enthaltenen Verweis auf § 319a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 (a. F.) ergab sich der Ausschluss eines AP, wenn ein Netzwerkmitglied für die vom betreffenden AP zu prüfende Gesellschaft bestimmte Steuerberatungsleistungen erbringt, die sich einzeln oder zusammen auf den zu prüfenden JA unmittelbar und nicht nur unwesentlich auswirken. Hierbei handelt es sich um Steuerberatungsleistungen i. S. v. Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 2 lit. a) Ziffer i) und iv) – vii der AP-VO (vgl. hierzu ausführlich HdR-E, HGB § 319a, Rn. 21ff., m. w. N.). Mit dieser Regelung soll die Wahrung des Selbstprüfungsverbots auch innerhalb eines Netzwerks i. S. d. § 319b sichergestellt werden. Konkret handelt es sich um die

  • Erstellung von Steuererklärungen (Ziffer i)),
  • Ermittlung von staatlichen Beihilfen und steuerlichen Anreizen (Ziffer iv)),
  • Unterstützung hinsichtlich Steuerprüfungen durch die Steuerbehörden (Ziffer v)),
  • Berechnung der direkten und indirekten Steuern sowie latenter Steuern (Ziffer vi)) sowie
  • Erbringung von Steuerberatungsleistungen (Ziffer vii)).

Diese Nichtprüfungsleistungen sind gemäß AP-VO grds. nicht erlaubt – es sei denn, sie wirken sich auf den zu prüfenden JA oder KA nur mittelbar und unwesentlich aus, denn dann gelten sie als zulässige Nichtprüfungsleistungen. Fraglich ist, wann sich solche Tätigkeiten überhaupt unmittelbar auf einen Abschluss auswirken, da in Deutschland in den letzten Jahren die Trennung zwischen HB und StB immer größer geworden ist. Auch im internationalen (Netzwerk-)Umfeld existiert regelmäßig gerade keine enge Verknüpfung von Handels- und Steuerrecht. Dies vorausgeschickt gilt auch hier, dass es stets auf den jeweiligen Einzelfall ankommt. Der zentrale Gedanke ist, dass ein Prüfer – und hierzu zählt dann bei Erfüllung der Voraussetzungen auch ein Mitglied des Netzwerks des Prüfers – keine originär dem Management der zu prüfenden Gesellschaft obliegenden Entscheidungen treffen darf. Unkritisch ist es jedoch, wenn er bspw. Informationen bereit stellt, die dem Management dabei helfen, eigene Entscheidungen zu treffen (z. B. Beurteilungen von Stellungnahmen anderer Berater, Darstellung der Konsequenzen verschiedener Entscheidungsoptionen o. Ä.; vgl. ausführlich HdR-E, HGB § 319a, Rn. 34ff.).

 

Rn. 35

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Letztendlich ist davon auszugehen, dass die folgenden steuerlichen Beratungsleistungen regelmäßig keine Besorgnis der Befangenheit begründen (vgl. auch Beck Bil-Komm. (2020), § 319a HGB, Rn. 14):

  • Erstellung von Steuererklärungen,
  • Beratung(en) zu bereits verwirklichten Sachverhalten (z. B. bei Betriebsprüfungen und in Einspruchsverfahren; kommt es im Zuge einer Betriebsprüfung zu einer Optimierung des dort erzielten Ergebnisses, basiert dies auf bereits verwirklichten Sachverhalten und stellt demnach keine aggressive Steuerplanung dar),
  • Vertretung des Mandanten bei Betriebsprüfungen,
  • Beratung in steuerlichen Fragen, sofern lediglich die steuerlichen Konsequenzen von Maßnahmen, die das zu prüfende UN selbst geplant hat, aufgezeigt werden,
  • Stellungnahmen zu von anderen Beratern entwickelten Steuermodellen,
  • Beratung bezüglich der USt, sofern der Schwerpunkt auf der Erfüllung der umsatzsteuerlichen Pflichten beruht,
  • steuerliche Due Diligences bei UN-Transaktionen (vgl. zudem Erwägungsgrund (8) der AP-VO), sowie
  • Vertretung des Mandanten in (außer-)gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren (wobei hier gemäß dem Code of Ethics der IFAC die Wesentlichkeit des Streitwerts in Bezug auf den zu prüfenden JA nicht außer Acht bleiben darf; vgl. IESBA (2021), Rn. R608.6).

Dies gilt im Zusammenhang mit der Prüfung von PIE, für die in Bezug auf die AP-Unabhängigkeit strenge Maßstäbe gelten. Es besteht daher kein Grund zu der Annahme, dass diese Nichtprüfungsleistungen nicht auch durch Netzwerkmitglieder des betreffenden AP erbracht werden dürfen.

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