Rn. 34

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

§ 319a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 (a. F.) schließt bei PIE einen WP von der AP aus, sofern dieser über seine prüferische Tätigkeit hinausgehend in dem zu prüfenden GJ und für das zu prüfende UN Steuerberatungsleistungen i. S. v. Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 2 lit. a) Ziffer i) und iv) – vii) der AP-VO erbracht hat, die sich einzeln oder zusammen auf den zu prüfenden JA unmittelbar und nicht nur unwesentlich auswirken (vgl. weiterführend auch Schüppen (2017), § 319a HGB, Rn. 7ff.; Bonner HGB-Komm. (2017), § 319a, Rn. 46ff.). Damit soll einerseits der Gefahr der Selbstprüfung entgegengewirkt werden, indem bestimmte Dienstleistungen nicht erlaubt sind. Andererseits hatte der deutsche Gesetzgeber mit dieser Regelung von der in den EU-Vorgaben verankerten Möglichkeit Gebrauch gemacht, einige in der Black List enthaltene Steuerberatungsleistungen unter festgelegten Voraussetzungen auch für PIE-Prüfer zuzulassen (vgl. zur Black List HdR-E, HGB § 319a, Rn. 21). Konkret handelt es sich um die

  • Erstellung von Steuererklärungen (Ziffer i)),
  • Ermittlung von staatlichen Beihilfen und steuerlichen Anreizen (Ziffer iv)),
  • Unterstützung hinsichtlich Steuerprüfungen durch die Steuerbehörden (Ziffer v)),
  • Berechnung der direkten und indirekten Steuern sowie latenter Steuern (Ziffer vi)) sowie
  • Erbringung von Steuerberatungsleistungen (Ziffer vii)).

Zum Wegfall dieser Ausnahmeregelung durch das FISG sei (auch) auf die Ausführungen unter HdR-E, HGB § 319a, Rn. 71ff., verwiesen.

 

Rn. 35

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Im Ergebnis hatte der deutsche Gesetzgeber mit dieser Regelung ursprünglich sein Ziel nahezu erreicht, auch unter Berücksichtigung der AP-VO den vorher gegoltenen Rechtsstand beizubehalten (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 319a HGB, Rn. 11). Nicht mehr zulässig war nunmehr jedoch die Erbringung von Steuerberatungsleistungen in den Bereichen "Lohnsteuer" und "Zöllen". Für diese beinhaltet die AP-VO nämlich keine Ausnahmemöglichkeit.

 

Rn. 36

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Fraglich bleibt es allerdings dennoch, inwieweit sich die Ergebnisse aus einer Beratung in Steuerangelegenheiten überhaupt auf den vom WP zu prüfenden JA auswirken, da zahlreiche gesetzliche Neuerungen in der Vergangenheit – hierzu gehören bspw. auch die Änderungen durch das BilMoG im Jahr 2009 (vgl. hierzu ausführlich bspw. Petersen/Zwirner, KoR 2009, Beilage Nr. 1 zu Heft 5, S. 1ff.) – ohnehin zu einer immer stärkeren Trennung von handels- und steuerrechtlichem Abschluss geführt haben. Zudem haben steuerliche Gestaltungen, ggf. mit Ausnahme von daraus resultierenden latenten Steuern, regelmäßig keinen Einfluss auf den KA und auch nicht auf einen nach IFRS oder US-GAAP erstellten Abschluss (vgl. bereits Pfitzer/Orth/Hettich, DStR 2004, S. 328 (335)). Vom AP erbrachte Beratungsleistungen sind allerdings immer dann schädlich für die AP, wenn diese einen wesentlichen Gegenstand der AP darstellen oder signifikanten Einfluss auf den Prüfungsgegenstand haben, da dann die Gefahr der Selbstprüfung besteht.

 

Rn. 37

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Zur Vereinbarkeit von Prüfung und Beratung hat der BGH bereits 1997 festgestellt, dass eine unzulässige Tätigkeit dann nicht gegeben ist, wenn der WP die Grenzen seiner funktionellen Zuständigkeit beachtet (vgl. BGH, Urteil vom 21.04.1997, II ZR 317/95, WPg 1997, S. 566 (567); Gelhausen (2004), S. 184). Übertragen auf den Sachverhalt bedeutet dies, dass der WP bei seiner Beratungstätigkeit keine unternehmerischen Entscheidungen treffen darf, welche die Entwicklung des zu prüfenden UN beeinflussen. Die Gesetzesregelung nimmt dabei sowohl Bezug auf die sog. strategische Steuerberatung als auch auf das Treffen originärer Managemententscheidungen durch den WP (vgl. Gelhausen (2004), S. 184f.); erlaubt ist dagegen das Aufzeigen von alternativen Handlungsmöglichkeiten. Unschädlich sind insoweit Stellungnahmen des AP, die der Entscheidungsfindung des Managements zugrunde liegen oder im Vorfeld der Entscheidungsfindung gedient haben.

 

Rn. 38

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Die in § 319a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 (a. F.) genannten Steuerberatungsleistungen umfassen alle im Steuerberatungsgesetz (StBerG) definierten beratenden Tätigkeiten, die eine Hilfeleistung in steuerlichen und rechtlichen Angelegenheiten darstellen (vgl. § 1 StBerG; BilR-Komm. (2020), § 319a HGB, Rn. 57; Bonner HGB-Komm. (2017), § 319a, Rn. 47). In zeitlicher Hinsicht sind diese Leistungen für die Frage, ob Besorgnis der Befangenheit vorliegt, relevant, soweit sie in dem zu prüfenden GJ bzw. bis zu dem Datum, an welchem der BV erteilt wird, erbracht worden sind (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 319a HGB, Rn. 12, 70). Es ist jedoch stets eine individuelle Betrachtung des Einzelfalls erforderlich, weil sich letztendlich auch aus grds. als Ausnahme von der AP-VO zulässigen Steuerberatungsleistungen, die schon vor Beginn des zu prüfenden Zeitraums, d. h. in früheren GJ, erbracht worden sind, noch Auswirkungen auf den in Rede stehenden Prüfungszeitraum ergeben können. Deswegen ist in a...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Küting, Handbuch der Rechnungslegung - Einzelabschluss (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge