1. Einbeziehung der Kapitalgesellschaft als Tochterunternehmen in den Konzernabschluss des Mutterunternehmens

 

Rn. 60

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Die Anwendung des § 264 Abs. 3 setzt voraus, dass die die Befreiungsvorschrift anwendende KapG nicht kap.-marktorientiert i. S. d. § 264d ist und als TU in den KA eines MU mit Sitz in einem Mitgliedstaat der EU oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den EWR einbezogen wird. Da der Gesetzgeber mit dem BilRUG bei der Formulierung den Einschub "Kapitalgesellschaft, die als Tochterunternehmen" in § 264 Abs. 3 Satz 1 ergänzt hat, darf die Befreiung von Gemeinschafts-UN i. S. d. § 310 Abs. 1 nicht mehr angewendet werden. Durch die mit der Umsetzung des sog. Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetzes (MicroBilG) vom 20.12.2012 (BGBl. I 2012, S. 2751ff.) kodifizierte Vorschrift war es ferner nicht mehr zwingend erforderlich, dass das MU seinen Sitz im Inland hat. Eine Ausnahme stellen gemäß § 5 Abs. 6 PublG UN i. S. d. § 3 Abs. 1 PublG dar, denn für diese gilt als Voraussetzung für die Befreiung von den besonderen Vorschriften des PublG, dass die Einbeziehung in einen inländischen KA gemäß den §§ 290 bzw. 11ff. PublG erfolgt (vgl. Fey/Deubert/Lewe, BB 2013, S. 107 (110)).

Wie vor der Umsetzung des MicroBilG ist § 264 Abs. 3 auch weiterhin auf TU i. S. d. § 290 anwendbar. Voraussetzung ist dann, dass das MU verpflichtet ist, einen KA nach § 290 aufzustellen, d. h. ein Mutter-Tochter-Verhältnis vorliegt. Diese Voraussetzung ist auch erfüllt, wenn das direkte MU tatsächlich keinen KA aufstellt, weil

  • die größenabhängige Befreiung des § 293 greift und/oder
  • ein indirektes MU einen befreienden KA nach § 291 oder § 292 aufstellt.
 

Rn. 61

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Kreditinstitute und Versicherungs-UN müssen einen KA nach den §§ 290ff. aufstellen, auch wenn sie nicht in der Rechtsform einer KapG betrieben werden. Die originäre Verpflichtung zur Aufstellung solch eines KA ergibt sich aus § 340i Abs. 1 bzw. § 341i Abs. 1 i. V. m. § 341j Abs. 1. Indes dürfen die Erleichterungen des § 264 Abs. 3 durch TU von Kreditinstituten und Versicherungs-UN in Anspruch genommen werden.

2. Zustimmung aller Gesellschafter und Offenlegung des Beschlusses

 

Rn. 62

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

§ 264 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 verlangt als eine Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Erleichterungen, dass alle Gesellschafter (bzw. Aktionäre) der Befreiung für das jeweilige GJ zustimmen. Mit dieser Regelung werden Minderheitsgesellschafter bzw. Minderheitsaktionäre davor geschützt, dass von den Mehrheitsgesellschaftern z. B. beschlossen wird, keine JA-Prüfung mehr durchzuführen. In der Gesellschafterversammlung (bzw. HV) ist also nicht nur ein einstimmiger Beschluss erforderlich, sondern es ist zwingend, dass sich auch alle Gesellschafter an der Abstimmung beteiligen. Hierzu reicht es aus, dass alle Gesellschafter, ggf. über Bevollmächtigte, vertreten sind. Nimmt ein Gesellschafter an der Abstimmung nicht teil oder enthält sich ein Gesellschafter bei der Abstimmung, ist diese Voraussetzung nicht erfüllt. In diesem Fall reicht es aber aus, wenn die Gesellschafter, die zunächst nicht zugestimmt haben, ihre Zustimmung nachträglich erklären und dies ausreichend dokumentiert wird. Die Voraussetzung, dass alle Gesellschafter der Befreiung zugestimmt haben, ist dann erfüllt. Adler/Düring/Schmaltz ((2001), § 264, Rn. 34) halten eine Zustimmung aller Gesellschafter nicht für zwingend, wenn der JA von allen Gesellschaftern einstimmig festgestellt wird. Diese Auslegung wird hier nicht als zulässig betrachtet, da zum einen dem Wortlaut des § 264 Abs. 3 nicht entsprochen wird und zum anderen nicht sichergestellt ist, dass jedem Gesellschafter bei der Feststellung des JA bewusst ist, dass bei diesem Abschluss die Erleichterungen des § 264 Abs. 3 genutzt wurden. Eine nachträgliche Zustimmung aller Gesellschafter wird aber als wirksam angesehen, wenn bei der Aufstellung und Feststellung des JA von der Zustimmung ausgegangen werden konnte (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 264 HGB, Rn. 138). Dies gilt entsprechend für die Offenlegung.

Im Regelfall sollte der Beschluss in der HV bzw. Gesellschafterversammlung gefasst werden. Aufgrund der Satzung bzw. des Gesellschaftervertrags können auch andere Beschlussverfahren zulässig sein, z. B. die schriftliche Zustimmung. Da das Gesetz keine formalen Erfordernisse verlangt, reicht es aber auch, wenn von allen Gesellschaftern Zustimmungserklärungen unabhängig von einem Gesellschafterbeschluss vorliegen und dies entsprechend dokumentiert ist (vgl. ADS (2001), § 264, Rn. 42).

Die Regelung führt im Ergebnis dazu, dass bei einer Publikums-AG/KGaA/SE die Erleichterungen des § 264 Abs. 3 nicht in Anspruch genommen werden können, da in aller Regel nicht alle Aktionäre auf der HV vertreten sind. Für eine Publikums-AG/KGaA/SE als börsennotierte Gesellschaft wird nach hier vertretener Auffassung eine Inanspruchnahme der Erleichterungen auch nicht als sinnvoll angesehen (vgl. zu möglichen hiervon abweichenden Auslegungen Dörner/Wirth, DB 1998, S. 1525 (1527)).

 

Rn. 63

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Die Zustimmung aller Gesellschafter ist für das jeweilige GJ erforde...

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