Rn. 132

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Durch das sog. Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (TUG) vom 05.01.2007 (BGBl. I 2007, S. 10ff.) wurde § 289 Abs. 1 um einen Satz 5 ergänzt, nach dem die gesetzlichen Vertreter bestimmter kap.-marktorientierter UN eine Erklärung zur Ordnungsmäßigkeit des Lageberichts abgeben müssen. Damit wurden die Vorgaben der Transparenz-R 2004/109/EG (ABl. EU, L 390/38ff. vom 31.12.2004) in deutsches Recht transformiert. Die als Versicherung der Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs (bzw. vormals: als Versicherung der gesetzlichen Vertreter) bezeichnete Erklärung bildet zusammen mit dem JA und dem Lagebericht den sog. Jahresfinanzbericht (vgl. § 114 WpHG). In Anlehnung an die analoge Versicherung nach § 264 Abs. 2 Satz 3 für den JA ("Bilanzeid") wird diesbezüglich auch vom "Lageberichtseid" gesprochen (vgl. Bonner HGB-Komm. (2018), § 289, Rn. 144; MünchKomm. BilR (2013/II), § 289 HGB, Rn. 68). Ziel jener Erklärung ist es, das Vertrauen von Investoren in die Ordnungsmäßigkeit der RL zu stärken und das Bewusstsein der Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs für ihre Sorgfaltspflichten zu schärfen (vgl. Böcking/Stein, DK 2006, S. 753 (761)).

 

Rn. 133

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Die Versicherung der Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs ist das europäische bzw. deutsche Pendant zur Erklärung nach Section 302 und 906 des US-amerikanischen Sarbanes-Oxley-Act (2002). Dieses in Reaktion auf den sog. Enron-Bilanzskandal erlassene Gesetz schreibt vor, dass der Chief Executive Officer (CEO) und der Chief Financial Officer (CFO) die Richtigkeit und Vollständigkeit der bei der SEC eingereichten Berichte gesondert bestätigen müssen. Dabei müssen sie auch versichern, dass in ihrem UN ein wirksames IKS für die Finanzberichterstattung (internal control over financial reporting) existiert. Die Erklärung nach § 264 Abs. 2 Satz 3 und § 289 Abs. 1 Satz 5 unterscheidet sich von dem US-amerikanischen Vorbild zum einen dadurch, dass die Versicherung in Deutschland von allen Mitgliedern des vertretungsberechtigen Organs unabhängig von ihrem Zuständigkeitsbereich gemeinsam abzugeben ist. Zum anderen ist die Wirksamkeit des RL-bezogenen IKS nicht zu bestätigen. Allerdings wurde i. R.d. BilMoG zusätzlich die Pflicht eingeführt, die wesentlichen Merkmale des IKS und Risikomanagementsystems im Hinblick auf den RL-Prozess im Lagebericht beschreiben zu müssen (vgl. HdR-E, HGB §§ 289, 289a–f, Rn. 167ff.).

 

Rn. 134

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Eine Versicherung nach § 289 Abs. 1 Satz 5 müssen nur die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs solcher KapG bzw. PersG i. S. d. § 264a Abs. 1 abgeben, die Inlandsemittent i. S. d. § 2 Abs. 14 WpHG sind. Dazu gehören alle Emittenten, deren Herkunftsstaat Deutschland ist, sowie solche, deren Herkunftsstaat ein anderer EU- oder EWR-Mitgliedstaat ist und die ihre Wertpapiere nur im Inland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen haben. Ausgenommen von der Erklärungspflicht sind Kap.-Anlagegesellschaften i. S. v. § 327a.

 

Rn. 135

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

In der Erklärung haben die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs zu versichern, dass "nach bestem Wissen im Lagebericht der Geschäftsverlauf einschließlich des Geschäftsergebnisses und die Lage [...] so dargestellt sind, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt wird, und dass die wesentlichen Chancen und Risiken [...] beschrieben sind" (§ 289 Abs. 1 Satz 5). Der Gesetzeswortlaut nimmt damit Bezug auf die in § 289 Abs. 1 Satz 1 und 4 formulierten inhaltlichen Anforderungen, wobei die Beurteilung und Erläuterung der voraussichtlichen Entwicklung (Prognose) und die Angabe der ihr zugrunde liegenden Annahmen ausgenommen sind. Dies korrespondiert mit dem Wortlaut von § 317 Abs. 2 Satz 1f.

 

Rn. 136

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Mit der Formulierung "nach bestem Wissen" (sog. Wissensvorbehalt) brachte der Gesetzgeber zunächst zum Ausdruck, dass bei der Abgabe der Versicherung nur vorsätzliches und nicht auch fahrlässiges Handeln im Hinblick auf die Richtigkeit der Angaben im Lagebericht rechtliche Folgen auslösen sollte (vgl. indes derweil HdR-E, HGB §§ 289, 289a–f, Rn. 339). Diese Einschränkung war im RegE zum TUG vom 11.08.2006 noch nicht enthalten, wurde aber aufgrund vielfältiger Kritik in der finalen Fassung des Gesetzes ergänzt (vgl. BT-Drs. 16/3644, S. 54, 58). Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die Mitglieder des vertretungsberechtigen Organs i. d. R. nicht alle Angaben im Lagebericht selbst erheben können. Gleichwohl entbindet der Wissensvorbehalt die Mitglieder nicht von der Pflicht, sich um ein möglichst vollständiges Wissen über die Angaben im Lagebericht zu bemühen (vgl. BT-Drs. 16/3644, S. 58; ferner Hamann, DK 2008, S. 145ff.).

 

Rn. 137

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Die Versicherung der Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs gemäß § 289 Abs. 1 Satz 5 ist kein Bestandteil des Lageberichts (vgl. Fink/Kajüter (2021), S. 421 f.; Beck Bil-Komm. (2020), § 289 HGB, R...

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