Rn. 283

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Bereits mit der Verabschiedung der CSR-R war offensichtlich, dass die nichtfinanziellen Berichtspflichten zeitnah auf den Prüfstand kommen würden. So sah Art. 3 der CSR-R vor, dass ihre Umsetzung bis zum 06.12.2018 von der EU-KOM zu evaluieren sei. Die EU-KOM bezog die CSR-R daher in den umfassenden "Fitness-Check" des EU-Rechtsrahmens zur UN-Berichterstattung ein und kündigte im sog. European Green Deal Ende 2019 deren Überarbeitung an. In einer vorläufigen Folgenabschätzung vom 30.01.2020 (vgl. EU-KOM (2020)) vertrat die EU-KOM die Auffassung, dass die bisherigen regulatorischen Maßnahmen nicht ausreichend seien, um eine vergleichbare, verlässliche und auf die Informationsbedürfnisse der Adressaten ausgerichtete nichtfinanzielle Berichterstattung sicherzustellen. Sie führte zudem im Frühjahr 2020 eine öffentliche Konsultation zur Überarbeitung der CSR-R durch, die den Reformbedarf bestätigte (vgl. zusammenfassend Baumüller/Scheid/Kotlenga, KoR 2020, S. 439ff., 494ff.). Parallel dazu trieb die EU-KOM die Entwicklung der Tax-VO voran.

 

Rn. 284

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Auf nationaler Ebene war die Bundesregierung durch das CSR-RUG aufgefordert, bis zum 31.12.2021 die nichtfinanzielle Berichtspraxis der UN in Deutschland zu evaluieren (vgl. BT-Drs. 18/11450, S. 43). Das BMJV beauftragte dazu das DRSC mit einer umfassenden Studie zur Praxis der nichtfinanziellen Berichterstattung. Die Ergebnisse der Studie zeigen verschiedene Weiterentwicklungsmöglichkeiten auf, u. a. eine Ausweitung des Anwendungsbereichs sowie eine abgestufte Einführung einer inhaltlichen Prüfungspflicht (vgl. DRSC (2021); Schmotz/Schwedler/Barckow, DB 2021, S. 797ff.). Unabhängig davon veröffentlichte der Sustainable Finance Beirat der Bundesregierung am 25.02.2021 seinen Abschlussbericht, in dem er ähnliche Empfehlungen zur Fortentwicklung der nichtfinanziellen Berichtspflichten darlegte (vgl. Sustainable Finance Beirat (2021), S. 62ff.).

 

Rn. 285

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Mit dem am 21.04.2021 veröffentlichten Vorschlag der EU-KOM für eine Corporate Social ­Responsibility Directive (CSRD) liegt nunmehr der Entwurf für eine "neue" CSR-R vor (vgl. Fink/Schmotz, KoR 2021, S. 304ff.; Lanfermann/Scheid, DB 2021, S. 1213ff.; kritisch AKBR, DB 2021, S. 2301 ff.; Hommelhoff, DB 2021, S. 2437 ff.). Er sieht Änderungen an verschiedenen Rechtsakten vor, v.a. an der Bilanz-R. Die mit der CSR-R eingeführte nichtfinanzielle Berichterstattung soll durch eine deutlich umfangreichere und stärker standardisierte Nachhaltigkeitsberichterstattung ersetzt werden. Dabei schlägt die EU-KOM einen äußerst ambitionierten Zeitplan vor: Die CSRD soll bis Mitte 2022 durch das EU-Parlament und den EU-Ministerrat verabschiedet und bis Ende 2022 von den EU-Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Die neuen Berichtspflichten wären dann ab dem GJ 2023 erstmalig anzuwenden.

 

Rn. 285a

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Zur Diskussion steht eine erhebliche Ausweitung des Anwendungsbereichs. Künftig sollen alle großen KapG und MU großer Konzerne zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet werden. Die Schwelle von 500 AN ebenso wie das Kriterium der Kap.-Marktorientierung würden damit entfallen. Kreditinstitute und Versicherungs-UN sollen unabhängig von ihrer Rechtsform ebenso berichtspflichtig sein. Darüber hinaus möchte die EU-KOM ab 2026 auch kleine und mittelgroße kap.-marktorientierte UN berichtspflichtig machen. Damit wären rund 49.000 UN in der EU von der neuen Berichtspflicht betroffen, was eine Vervierfachung im Vergleich zu den ca. 11.600 (EU-)UN wäre, die aktuell nach der CSR-R berichtspflichtig sind. Besonders stark würde sich der Anwendungsbereich in Deutschland erweitern. Nach Schätzung des DRSC würden etwa 15.000 UN von der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung erfasst – eine Steigerung um das 30-fache im Vergleich zu den aktuell rund 550 UN, die in Deutschland zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtet sind (vgl. DRSC (2021), S. 87f.).

 

Rn. 285b

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Nach dem Vorschlag der EU-KOM soll die Nachhaltigkeitsberichterstattung zwingend im Lagebericht verortet werden. Aufgrund der aktuellen Berichtspraxis, in der häufig ein gesonderter nichtfinanzieller Bericht erstellt wird (vgl. Kajüter/Wirth, DB 2018, S. 1605 (1606f.)), müssten viele UN ihr Berichtsformat umstellen. Zudem soll die Nachhaltigkeitsberichterstattung digital erfolgen, wofür eine Taxonomie zu entwickeln wäre.

 

Rn. 285c

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Inhaltlich sieht der Vorschlag der EU-KOM eine deutliche Ausweitung der Berichtspflichten vor. Für die Auswahl der Berichtsinhalte soll die doppelte Wesentlichkeitsperspektive maßgeblich sein. Zu berichten wäre mithin sowohl über die Einflüsse des Umfelds auf das UN (outside-in) als auch über die Auswirkungen des UN auf sein Umfeld (inside-out). Dabei bleibt indes unklar, wie die Auswirkungen der eigenen Geschäftstätigkeit auf ökonomische, ökologische und soziale Belange konkret ermittelt we...

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