I. Zielsetzung

 

Rn. 40

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Steuern vom Einkommen und Ertrag stellen eine nicht zu verachtende Belastung für UN und damit indirekt auch für ihre Gesellschafter dar. Informationen hierüber sind somit durchaus entscheidungserheblich. Erschwert wird dies aus Sicht des JA dadurch, dass die konkrete Steuerermittlung oftmals getrennt von der handelsrechtlichen Sphäre durchgeführt wird, und zudem verschiedentlich abweichende Ergebnisermittlungsvorschriften im Steuerrecht verwendet werden (müssen). Das Ergebnis der Steuerermittlung (laufende Steuern) ist ebenfalls erfolgs- und vermögenswirksam im JA zu erfassen. Dies führt dazu, dass der laufende Steueraufwand/-ertrag nicht zur sonstigen handelsrechtlichen Vermögens- und Ertragsdarstellung passt. Hier greifen latente Steuern ein, indem sie aus zum BilSt realisierten Sachverhalten gegenwärtige und zukünftige Abweichungen zwischen Handels- und Steuerrecht identifizieren und durch Vorwegnahme zukünftiger Steuereffekte in der HB versuchen, Verzerrungen zu vermindern. Aktive latente Steuern stellen in diesem Zusammenhang erwartete zukünftige Steuerminderbelastungen und passive latente Steuern erwartete zukünftige Steuermehrbelastungen dar. Wesentliches Ziel hierbei ist eine Verbesserung der Informationsfunktion des JA (vgl. zur Informationsfunktion latenter Steuern Bonner-HdR (2019), § 274 HGB, Rn. 2; BilR-Komm. (2020), § 274 HGB, Rn. 3). Die sonstigen handelsrechtlichen Angaben in Bilanz und/oder GuV sollen hierdurch korrigiert bzw. ergänzt werden.

 

Rn. 41–44

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

vorläufig frei

II. Konzepte

 

Rn. 45

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Für die Ermittlung latenter Steuern ist zunächst relevant, welche Sachverhalte in die Betrachtung einbezogen werden sollen. Hier haben sich zwei Konzepte herausgebildet:

(1) Das Timing-Konzept, welchem § 274 (a. F.) seit dem BiRiLiG bis zum Inkrafttreten des BilMoG folgte, und
(2) das Temporary-Konzept, welches dem gegenwärtigen § 274 (und IAS 12) zugrunde liegt.
 

Rn. 46

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Das Timing-Konzept stellt i. R.e. GuV-orientierten Betrachtung die Jahresergebnisse von Handels- und Steuerrecht gegenüber und versucht, einen zutreffenden Steueraufwand zum handelsrechtlichen Ergebnis herzustellen (vgl. Haufe HGB-Komm. (2021), § 274, Rn. 14). Auslöser für die Bilanzierung von Steuerlatenzen sind unterschiedliche Ergebniserfassungen zwischen den beiden Rechtskreisen, welche sowohl bei ihrer Entstehung als auch bei der späteren Auflösung GuV-wirksam sind (vgl. Heurung, AG 2000, S. 538 (539); Rabeneck/Reichert, DStR 2002, S. 1366; HdJ, Abt. I/18 (2019), Rn. 6). Hieraus ergeben sich folgende Differenzen (vgl. Heurung, AG 2000, S. 538 (539); Bonner-HdR (2019), § 274 HGB, Rn. 27):

(1) Permanente Differenzen entstehen aus einer einmalig unterschiedlichen Wirkung eines Geschäftsvorfalls auf die handels- und steuerrechtliche Ergebnisermittlung. Die Differenzen gleichen sich hiernach nicht aus.
(2) Zeitlich begrenzte Differenzen (timing differences) haben über die Totalperiode einen identischen Effekt auf das handels- und steuerrechtliche Ergebnis. Die zugrunde liegenden Sachverhalte werden nur phasenverschoben erfasst. Zudem ist die Auflösung der Differenz eindeutig absehbar.
(3) Quasi-permanente Differenzen entstehen durch einen Ergebnisunterschied zwischen Handels- und Steuerrecht und gleichen sich über die Totalperiode betrachtet wieder aus. Allerdings ist die Auflösung der Differenz von Dispositionen des UN (z. B. Verkaufshandlungen) abhängig, so dass sie sich nicht automatisch vollzieht (teilweise wird von quasi-permanenten Differenzen auch dann gesprochen, wenn der Auflösungszeitpunkt weit in der Zukunft liegt; vgl. HdJ, Abt. I/18 (2019), Rn. 8).

Nur zeitlich begrenzte Differenzen lösen nach dem Timing-Konzept latente Steuern aus (vgl. Rabeneck/Reichert, DStR 2002, S. 1366 (1367); Haufe HGB-Komm. (2021), § 274, Rn. 16).

 

Rn. 47

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Das nach § 274 (und IAS 12) allein zulässige Temporary-Konzept ist bilanzorientiert (vgl. Heurung, AG 2000, S. 538 (540); Haufe HGB-Komm. (2021), § 274, Rn. 17), stellt somit grds. auf Ansatz- und Bewertungsunterschiede zwischen Handels- und Steuerrecht ab, aus denen bei zukünftiger Differenzauflösung eine Steuermehr- oder -minderbelastung resultiert (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 274 HGB, Rn. 6). Hierbei spielt es keine Rolle, ob die Differenzen erfolgswirksam oder erfolgsneutral entstanden sind. Weiterhin werden auch quasi-permanente Differenzen mit in die Betrachtung einbezogen. Das Temporary-Konzept unterscheidet somit nur zwischen temporären Differenzen, welche für die Bilanzierung latenter Steuern zu betrachten sind, und irrelevanten anderen (permanenten) Differenzen (vgl. Rabeneck/­Reichert, DStR 2002, S. 1366 (1367)).

 

Rn. 48

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Temporäre Differenzen werden – je nachdem, ob aus ihrer Auflösung ein Steuermehr- oder Steuerminderaufwand erwartet wird – als zu versteuernde oder abzugsfähige temporäre Differenzen bezeichnet (vgl. ähnlich Beck Bil-Komm. (2022), § 27...

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