Rn. 249

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Welche Angaben zu den nichtfinanziellen Aspekten zu machen sind, regelt § 289c Abs. 3. Danach sind jeweils diejenigen Angaben zu tätigen, die für das Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage des UN sowie der Auswirkungen seiner Geschäftstätigkeit auf die nichtfinanziellen Aspekte erforderlich sind (Satz 1). Mit diesem speziellen Wesentlichkeitsgrundsatz wird die Berichtspflicht zu den nichtfinanziellen Aspekten deutlich begrenzt (vgl. Kajüter, DB 2017, S. 617 (620f.)). Durch die Formulierung "sowie" sind zweierlei Voraussetzungen kumulativ zu erfüllen. Erstens muss die Angabe für das Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses und der Lage des UN erforderlich sein. Dies entspricht dem Wesentlichkeitsvorbehalt nach § 289 Abs. 3 für die schon bisher verlangte Angabe nichtfinanzieller Leistungsindikatoren, obgleich die Formulierung leicht unterschiedlich ist ("erforderlich" versus "von Bedeutung"; vgl. BT-Drs. 18/9982, S. 48). Zweitens muss die Angabe zugleich auch für das Verständnis der Auswirkungen der Geschäftstätigkeit des UN auf die nichtfinanziellen Aspekte erforderlich sein. Mithin wird die Berichtspflicht nach dem Wortlaut des Gesetzes – zumindest für die nichtfinanziellen Leistungsindikatoren – auf eine Teilmenge der schon bisher nach § 289 Abs. 3 berichtspflichtigen Angaben begrenzt (vgl. so auch Beck-HdR, B 510 (2018), Rn. 282; Rimmelspacher/Schäfer/Schönberger, KoR 2017, S. 225 (227); Schmotz/Schmidt, DB 2017, S. 2877 (2878); Beck Bil-Komm. (2020), § 289c HGB, Rn. 31; kritisch dagegen Richter/Johne/König, WPg 2017, S. 566 (571)). Nachstehende Übersicht illustriert diese Eingrenzung der Berichtspflicht:

Übersicht: Berichtspflichtige Angaben zu nichtfinanziellen Aspekten

 

Rn. 250

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Weiterhin folgt aus dem speziellen Wesentlichkeitsgrundsatz, dass in der nichtfinanziellen Erklärung keine Angaben zu machen sind, die allein für das Verständnis der Auswirkungen der Geschäftstätigkeit des UN auf die nichtfinanziellen Aspekte erforderlich sind, nicht aber zugleich auch für das Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses und der Lage des UN (vgl. so auch Seibt, DB 2016, S. 2707 (2711)). Solche Angaben können gleichwohl Bestandteil von Nachhaltigkeitsberichten sein, die nach anerkannten Rahmenwerken, wie z. B. den GRI-Standards, erstellt werden und die Auswirkungen der Geschäftstätigkeit auf ökonomische, ökologische und soziale Belange darstellen. Mithin handelt es sich bei der nichtfinanziellen Erklärung um eine spezielle Form der Nachhaltigkeitsberichterstattung (vgl. Kajüter, DB 2017, S. 617 (621); Kajüter/Wirth, DB 2018, S. 1605 (1606)). Sie entspricht aufgrund der begrenzten Anforderungen an die Mindestinhalte nicht einem umfassenden Nachhaltigkeitsbericht, wie er von vielen kap.-marktorientierten UN schon bisher freiwillig erstellt wird.

 

Rn. 251

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Der spezielle Grundsatz der Wesentlichkeit nach § 289c Abs. 3 Satz 1 ergänzt den allg. Wesentlichkeitsgrundsatz für den Lagebericht (vgl. HdR-E, HGB §§ 289, 289a–f, Rn. 53ff.). Er ist genauso wie dieser UN-spezifisch und kontextabhängig. Die unverbindlichen Leitlinien der EU-KOM zur nichtfinanziellen Berichterstattung nennen beispielhaft einige Faktoren, die bei der Bewertung der Wesentlichkeit von Informationen berücksichtigt werden können: Geschäftsmodell, Strategie und signifikante Risiken, Auswirkungen der Geschäftstätigkeit sowie Interessen und Erwartungen der Stakeholder (vgl. ABl. EU, C 215/6 vom 05.07.2017; HdR-E, HGB §§ 289, 289a–f, Rn. 53ff.). Sie weisen zudem darauf hin, dass UN ihren Prozess der Wesentlichkeitsanalyse erläutern können, und dass die Wesentlichkeit der Informationen unter Einbeziehung der relevanten Stakeholder regelmäßig überprüft werden sollte. Solche Analysen sind regelmäßig Bestandteil der Nachhaltigkeitsberichterstattung (vgl. auch Günther/Muschallik, KoR 2017, S. 421ff.).

 

Rn. 252

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Die enge, am Wortlaut des § 289 Abs. 3 Satz 1 orientierte Auslegung des speziellen Wesentlichkeitsgrundsatzes wird in der Literatur teilweise kritisiert. Aufgrund der Intention der CSR-R, die Transparenz über nichtfinanzielle Aspekte sowie die Auswirkungen der Geschäftstätigkeit von UN auf Umwelt und Gesellschaft zu erhöhen, wird eine weitergehende nichtfinanzielle Berichterstattung empfohlen (vgl. z. B. Richter/Johne/König, WPg 2017, S. 566 (571)). I.d.S. wurde die CSR-R auch in den einzelnen Mitgliedstaaten der EU unterschiedlich interpretiert (vgl. so für Österreich Schneider, DK 2019, S. 214 (219)). Bereits in ihrem Nachtrag zu den unverbindlichen Leitlinien zur klimabezogenen Berichterstattung hebt die EU-KOM den Wesentlichkeitsgrundsatz besonders hervor und signalisiert ihr Verständnis einer doppelten Wesentlichkeitsperspektive ("outside-in" und "inside-out"; vgl. zudem Lanfermann, BB 2020, S. 2347f.; Schneider/Müllner, DK 2020, S. 24f.). Diese weiterreichende Anforderung liegt auch de...

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