Rn. 31

Stand: EL 28 – ET: 05/2019

Der BGH hat sich in der Vergangenheit verschiedentlich mit der Abgrenzung zwischen den Sicherungsinteressen des Factors und den Sicherungsinteressen der Lieferanten der Factoring-Kunden auseinandergesetzt (vgl. z. B. BGH-Urteil vom 19.09.1977, VIII ZR 169/76, DB 1977, S. 2177ff.; BGH-Urteil vom 07.06.1978, VIII ZR 80/77, BB 1978, S. 1028ff.; BGH-Urteil vom 19.12.1979, VIII ZR 71/79, BB 1980, S. 281f.; BGH-Urteil vom 15.04.1987, VIII ZR 97/86, DB 1987, S. 1479ff.). Hat der Lieferant des Factoring-Kunden für seine Warenlieferungen einen sog. verlängerten Eigentumsvorbehalt vereinbart, so bedeutet dies, dass er bis zur endgültigen Bezahlung seiner Forderungen aus dem laufenden Geschäftsverkehr nicht nur das (zivilrechtliche) Eigentum an der gelieferten Ware behält, sondern sich auch für den Fall des Weiterverkaufs dieser (seiner) Ware die daraus resultierende Forderung abtreten lässt. Wenn nun der Factoring-Kunde seinerseits i. R.e. Factoring-Vertrags diese (gleiche) Forderung an den Factor verkauft und abtritt, kommt es zu einer Kollision der Abtretungsansprüche.

 

Rn. 32

Stand: EL 28 – ET: 05/2019

Die Rspr. hat diese Kollision gelöst, indem das (echte) Factoring-Geschäft als Kauf- und nicht als Kreditgeschäft eingestuft wird. Die vom Factor für die Forderung gezahlte Gegenleistung verbleibt endgültig und risikofrei im Vermögen des Factoring-Kunden. Dies rechtfertigt es aus der Sicht des BGH, das echte Factoring im rechtlichen und wirtschaftlichen Ergebnis wie ein Bargeschäft zu behandeln, bei dem die Vorbehaltslieferanten nicht anders gestellt sind als bei der Einziehung der Forderung aus dem Weiterverkauf der Vorbehaltsware durch den Factoring-Kunden selbst, "wenn der Vorbehaltsverkäufer die Weiterveräußerung im Wege des Bargeschäfts durch Erteilung einer Einzugsermächtigung erlaubt hat" (BGH-Urteil vom 19.09.1977, VIII ZR 169/76, BB 1977, S. 1519 (1521)). Wenn dem Käufer aus der Weiterveräußerung der Vorbehaltsware i. R.e. Bargeschäfts kein Vertragsbruch gegenüber dem Vorbehaltslieferanten vorgeworfen werden kann, dann kann auch dem Factor beim echten Factoring keine Beteiligung an einem Vertragsbruch des Factoring-Kunden gegenüber dem Vorbehaltslieferanten angelastet werden. Anders als der vorstehende Regelfall ist der Fall anzusehen, in dem die gezahlte Gegenleistung nicht im Vermögen des Factoring-Kunden verbleibt, wenn sie z. B. mit der erforderlichen Zustimmung des Factors an einen Dritten abgetreten wurde. Hier muss sich der Factor gemäß § 242 BGB so behandeln lassen, als hätte er die angekauften Forderungen gegenüber den Abnehmern des Factoring-Kunden nicht wirksam erworben (vgl. BGH-Urteil vom 15.04.1987, VIII ZR 97/86, DB 1987, S. 1479 (1479f.)).

 

Rn. 33

Stand: EL 28 – ET: 05/2019

Analog zum Regelfall sind dagegen diejenigen Fälle zu beurteilen, in denen die Forderungsabtretung zugunsten des Vorbehaltslieferanten der Abtretung i. R.e. Factoring-Vertrags zeitlich vorhergeht oder der Vorbehaltslieferant die Abtretung der Forderung aus dem Weiterverkauf der Vorbehaltsware ausdrücklich ausgeschlossen hat. In beiden Fällen ist die Einzugsermächtigung so auszulegen, dass dem Käufer die Abtretung der Forderung aus dem Weiterverkauf der Vorbehaltsware i. R.e. echten Factoring-Vertrags gestattet ist. Ein verlängerter Eigentumsvorbehalt steht also der rechtswirksamen Veräußerung und Abtretung einer Forderung aus dem Verkauf von Vorbehaltsware i. R.e. echten Factoring-Vertrags nicht entgegen.

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