Rn. 106

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Bei einem unentgeltlichen Erwerb – z. B. Erbschaft, Schenkung, Stiftung – wird der Bilanzansatz des unentgeltlich erworbenen VG kontrovers diskutiert (vgl. z. B. HdJ, Abt. I/4 (2021), Rn. 73 f.). Die Ansichten reichen von einem Aktivierungsverbot über ein Aktivierungswahlrecht bis hin zur Aktivierungspflicht.

 

Rn. 107

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Die h. M. geht von nachfolgenden Grundsätzen aus:

(1) Eine Aktivierung der unentgeltlich erworbenen VG ist grds. zulässig.
(2) Es besteht ein Aktivierungswahlrecht und keine Aktivierungspflicht.
(3) Der Wertansatz richtet sich nach dem Zweck und der Bestimmung der Zuwendung.
(4) Der angesetzte Betrag darf den (vorsichtig zu schätzenden) sonst üblichen Anschaffungswert (Zeitwert) nicht übersteigen.

Wegen des in § 246 Abs. 1 ausdrücklich geregelten Vollständigkeitsgebots ist nach hier vertretener Auffassung von einer Aktivierungspflicht auszugehen (vgl. auch MünchKomm. HGB (2020), § 255, Rn. 44f.; Beck-HdR, B 162 (2020), Rn. 62f.). Da der bisherige § 248 Abs. 2 im Zuge des BilMoG aufgehoben bzw. modifiziert wurde, ergo selbst geschaffene immaterielle VG des AV nunmehr aktivierungsfähig sind (vgl. BT-Drs. 16/12407, S. 85), kann an der bisherigen Auffassung, nach der unentgeltlich erworbene immaterielle VG einem Aktivierungsverbot unterlagen, nicht mehr festgehalten werden. Auch für unentgeltlich erworbene immaterielle VG wird daher nach hier vertretener Auffassung ein Aktivierungswahlrecht gesehen. Soweit bei einem unentgeltlichen Erwerb Anschaffungsnebenkosten anfallen, sind diese nach Maßgabe der unter HdR-E, HGB § 255, Rn. 27ff., beschriebenen Grundsätze aktivierungspflichtig (vgl. für Zwecke der StB BFH, Urteil vom 09.07.2013, IX R 43/11, DB 2013, S. 2121ff.).

 

Rn. 108

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Ähnlich gelagert sind Fälle beim Erwerb von Gratisaktien bzw. von Geschäftsanteilen an einer GmbH, die aus einer Kap.-Erhöhung aus Gesellschaftsmitteln stammen (Gratisgeschäftsanteil). Hierbei handelt es sich jedoch nicht um einen unentgeltlichen Erwerb, denn durch die Ausgabe der Gratisaktien bzw. Gratisgeschäftsanteile verlieren die vor der Kap.-Erhöhung vorhandenen Kap.-Anteile an Wert. Dieser Überlegung ist auch der Gesetzgeber gefolgt. Er definiert als AK der Gratisaktien den Wert, der sich aus den AK der vor der Kap.-Erhöhung vorhandenen Kap.-Anteile dividiert durch die Anzahl der Kap.-Anteile nach Erhalt der Gratisaktien ergibt (vgl. §§ 220 AktG, 57o GmbHG); damit werden gleichzeitig die AK der vor der Kap.-Erhöhung erworbenen Anteile entsprechend reduziert.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Küting, Handbuch der Rechnungslegung - Einzelabschluss (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge