Rn. 211

Stand: EL 11 – ET: 04/2011

Gerät eine Gesellschaft in wirtschaftliche Schwierigkeiten, werden Gesellschafterdarlehen häufig mit besonderen Vereinbarungen versehen, um die Gefahr einer Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinne zu vermeiden. I. E. kann es sich dabei um Rangrücktritts- oder (bedingte) Forderungsverzichtsvereinbarungen handeln. Während im ersten Fall die Verbindl. als solche weiterhin bestehen bleibt und lediglich hinsichtlich Tilgung und Verzinsung hinter die Forderungen der übrigen Gläubiger zurücktritt, führt ein Forderungsverzicht zu einem Wegfall der entspr. Verbindl., wobei diese allerdings aufgrund einer Besserungsabrede zu einem späteren Zeitpunkt wiederaufleben kann. Ob im Einzelfall ein Rangrücktritt oder ein Forderungsverzicht vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Entscheidend ist weniger die von den Parteien gewählte Bezeichnung, als das von diesen tatsächlich Gewollte (vgl. auch ADS 1995, § 246, Rn. 147).

 

Rn. 212

Stand: EL 11 – ET: 04/2011

Die rechtsdogmatische Einordnung des vertraglichen Rangrücktritts ist umstritten. Einigkeit besteht darin, dass ein Rangrücktritt grds. keinen (auflösend bedingten) Erlass der Forderung gegenüber der Gesellschaft bewirkt (vgl. Schmidt, K. 1987, S. 500, m. w. N.). Eine derart weitgehende Einschränkung der eigenen Rechtsposition – durch einen Forderungsverzicht erlöschen nicht nur sämtliche Sicherheiten, sondern auch das Recht auf eine etwaige Verzinsung – dürfte dem Willen der Gläubiger i. A. nicht entsprechen, zumal sich die mit einer Rangrücktrittsvereinbarung angestrebte Vermeidung einer Überschuldung der Gesellschaft auch durch eine für die Gläubiger weniger einschneidende Vereinbarung erreichen lässt (vgl. Fleck, H.-J. 1988, S. 118 f.).

 

Rn. 213

Stand: EL 11 – ET: 04/2011

Andererseits genügt eine befristete Stundung der Forderung nicht, um eine drohende Überschuldung der Gesellschaft abzuwenden. Da gestundete Verbindl. im Insolvenzfall als fällig gelten (vgl. § 41 Abs. 1 InsO), sind sie in jedem Fall in den Überschuldungsstatus aufzunehmen (vgl. WP-Handbuch 2006, Bd. I, Rn. V 36). Um die mit einem Rangrücktritt angestrebte Wirkung zu erreichen, muss dieser vielmehr im Verhältnis zu den vorrangigen Gläubigern wie ein vorläufiger Forderungsverzicht wirken (vgl. BFH-Urt. v. 30.03.1993, BStBl. II 1993, S. 503). Dem entsprechen Vereinbarungen, nach denen die betr. Verbindl. nur zu Lasten zukünftiger Gewinne, aus einem Liquidationsüberschuss oder – nach Überwindung der Krise – aus einem die sonst., nicht mit einem Rangrücktritt versehenen Schulden der Gesellschaft übersteigenden Vermögen zu bedienen sind. Ob diese rechtlich als verfügender Schuldänderungsvertrag (vgl. Peters, K. 1988, S. 689), als schuldrechtliche Nichtgeltendmachungsverpflichtung, die der Gesellschaft eine Einrede gegen die Forderung gibt (pactum de non petendo) (vgl. ADS 1995, § 246, Rn. 52 f., m. w. N.), oder als schuldrechtlicher Vertrag sui generis (vgl. Herget, R. 1974, S. 140 f.) zu qualifizieren ist, kann aus bilanzrechtlicher Sicht dahinstehen. Jedenfalls werden durch die Änderung der Rangfolge die hingegebenen Darlehensmittel im Ergebnis den Regeln über EK-ersetzende (Gesellschafter-)Darlehen unterworfen und im Zuge der vereinbarten Nachrangigkeit dem EK gleichgestellt (vgl. auch Priester, H.-J. 1991, S. 1920; Häuselmann, H. 1993, S. 1553). Die damit klargestellte Kapitalersatzfunktion dieser Mittel rechtfertigt es, diese bei der Aufstellung eines Überschuldungsstatus außer Acht zu lassen (vgl. Lutter/Hommelhoff 2009, Anh zu § 64 GmbHG, Rn. 32; WP-Handbuch 2006, Bd. I, Rn. V 34 f.). Demgegenüber hat der BGH im Urteil vom 08.01.2001 (vgl. BGHZ 146, S. 264 ff.) die Nichtberücksichtigung von (EK-ersetzenden) Gesellschafterdarlehen im Überschuldungsstatus von einem qualifizierten Rangrücktritt abhängig gemacht. Er erlaubt dem Gesellschafter, seine Forderung erst nach Befriedigung oder Sicherstellung aller anderen Gesellschaftsgläubiger (also auch solcher, die ebenfalls einen Rangrücktritt erklärt haben) geltend zu machen. Zudem darf er seine Forderung bis zur Abwendung der Krise nicht vor den Einlagerückgewährsansprüchen seiner MitgeselIschafter geltend machen (zu Recht kritisch Kozikowski/Schubert, in: Beck Bil-Komm. 2010, § 247, Rn. 232).

 

Rn. 214

Stand: EL 11 – ET: 04/2011

Rangrücktritte werden häufig für Verbindl. der Gesellschaft gegenüber Gesellschaftern vereinbart. Sie können sich auch auf Verbindl. gegenüber sonst. Gläubigern beziehen. Für die Bilanzierung ist diese Unterscheidung nach der Art des Gläubigers ohne Bedeutung.

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